Dass auch Hauptfiguren mit einer dunklen Seite zu Publikumslieblingen werden können, wissen Thriller-Fans nicht erst seit einem gewissen Dexter Morgan. Zwar ist die Romanheldin der schwedischen Bestsellerautorin Emelie Schepp von den Gräueltaten eines Serienkillers noch ein gutes Stück entfernt, dennoch hat Jana Berzelius die Grenzen der Legalität bereits in ihrem ersten Auftritt in "Nebelkind" deutlich überschritten - und das ausgerechnet als Staatsanwältin.Auch im Nachfolgeband "Weißer Schlaf" wandelt die selbstbewusste Karrierefrau wieder überwiegend auf der falschen Seite des Gesetzes. Nun ist die junge Frau per se kein schlechter Mensch, hat ihre Kindheit aber unfreiwillig in den Fängen der Kriminalität verbracht - ein dunkles Kapitel ihrer Vergangenheit, welches immer stärker ans Tageslicht drängt, das sie aber um jeden Preis vor ihrem heutigen Umfeld verbergen muss. Dumm nur, wenn ausgerechnet aktuelle Ermittlungen drohen, ihre Verstrickungen ins Verbrechermilieu aufzudecken.Dieser moralische und auch rechtliche Konflikt zwischen ihrer Tätigkeit als Staatsanwältin und dem Vertuschen ihrer eigenen kriminellen Kontakte macht Jana Berzelius natürlich zu einer interessanten Hauptfigur, allerdings gelingt es der Autorin auch weiterhin nicht, die Protagonistin wenigstens im Ansatz zu einer Sympathieträgerin werden zu lassen. Jana Berzelius wirkt zumeist verbissen, kalt und skrupellos und auch wenn die Gründe für ihren schroffen und unnahbaren Charakter nachvollziehbar sind, so baut dies doch eine große Distanz zwischen Figur und Publikum auf. Zudem wirkt das Doppelleben der Staatsanwältin im zweiten Band auch zunehmend unglaubwürdig, denn Berzelius ist so sehr in die Verdunkelung ihrer eigenen Fehltritte vertieft, dass sie praktisch überhaupt nicht an den Ermittlungen im Kriminalfall dieses Romans - dem rätselhaften Tod einer thailändischen Drogenkurierin - teilnimmt. Absurderweise scheint es der ihr eigentlich zuarbeitenden Polizeieinheit aber überhaupt nicht aufzufallen, dass die Staatsanwältin nie anwesend oder erreichbar ist und ständig ihr eigenes Süppchen kocht. "Weißer Schlaf" ist zwar insgesamt immer noch ein solider und phasenweise auch spannender Thriller, der aber selten schlüssig wirkt und dem es vor allem an Bezugspersonen unter den eigenwilligen Charakteren fehlt.