Nach den Krimis wollte ich gern die Romane von Emma Bieling kennenlernen. Dabei ist meine Wahl auf den Roman "Rapunzel auf Rügen" gefallen, der eine turbulente Liebesgeschichte erzählt, die auf und vor Rügen spielt. Ein Sommermärchen. Jessica, wegen ihren langen Haare auch Rapunzel genannt, muss wegen akuten Geldmangels ihre Ausbildung zur Schauspielerin abbrechen. Sie findet einen Job auf Rügen ausgerechnet als Servicekraft für Seebestattungen. Bei ihrem ersten Einsatz passiert ihr ein folgenschweres Missgeschick. Sie öffnet aus Versehen eine Urne und lässt die Asche über das Meer wehen. Doch dabei lernt sie Hendrik kennen und ist sehr erstaunt, als er wenig später wieder auf ihrem Schiff steht.Das in warmen Farben gehaltene Cover fügt sich in das bewährte Muster der "Insel-Romane", verbreitet eine harmonische Urlaubsatmosphäre und lockt mit einem wolkenlosen Himmel und sandigen Traumstrand. Dafür fällt der originelle Titel aus dem Rahmen des Üblichen und macht auf diese Geschichte neugierig.Das Geschehen spielt auf Rügen, der beliebten Ostsee-Insel in Mecklenburg-Vorpommern und wird aus der Ich-Perspektive von Jessica vermittelt. Sie ist eine mittelose junge Schauspielschülerin aus Berlin, die sich aufgrund widriger Umstände einen lukrativen Job auf Rügen organisieren muss, um ihre hohen Schulden begleichen zu können. Sie ist keine pflegeleichte Protagonistin, mit der man sich leicht identifizieren kann. Dafür hat sie um so mehr Charakter, was mir gut gefällt. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und stößt ihre Mitmenschen häufig mit ihrer direkten, hin und wieder bissig bis zynischen Art vor den Kopf. Dieses kratzbürstige Wesen liegt in ihrer traurigen Vergangenheit begründet, sie ist in einem strengen Waisenhaus aufgewachsen, wo sie sich durchbeißen musste. Dennoch hat sie ein gutes Herz und steht für ihre besten Freunde ein, die ihre "Ersatz-Familie" geworden sind. "Rapunzel auf Rügen" ist eine moderne, unterhaltsame Geschichte, die in einem rasenden Tempo und mit vielen überraschenden Wendungen erzählt wird. An schrägen Szenen fehlt es nicht, und Emma Bieling lässt rabenschwarzen Humor aufblitzen, was mir sehr gefällt. Leider bleibt die Romantik etwas auf der Strecke, und es fällt mir schwer, die sprühenden Funken zwischen Jessica und dem Tierarzt nachzuvollziehen, den sie zufällig auf dem Bestattungsschiff kennen- und liebengelernt hat. Aus diesem Grunde hat es nur zu einer durchschnittlichen Bewertung gereicht.