Wild wuchern

Auf knapp 200 Seiten hat die Autorin Katharina Köller im Roman "Wild wuchern" eine kraftvolle und zugleich poetische Geschichte geschrieben. Sie handelt von den Cousinen Marie und Johanna, die in ihren Lebensentwürfen und ihren Einstellungen kaum verschiedener sein könnten.Marie, die Großstädterin, mit der Vorliebe für Italienurlaube und goldene Sneaker, die stets bemüht ist, den Zuschreibungen anderer zu entsprechen, und Johanna, die Eigenbrötlerin, die keiner großen Worte bedarf und sich nur auf der einsamen Alm bei ihren Tieren wohlfühlt. Und doch gibt es viel Verbindendes zwischen ihnen. Beide Frauen leiden bereits seit ihrer Kindheit unter den Erwartungen anderer und deren Fremdbestimmung. Nach Jahren der Trennung treffen die Cousinen in der Abgeschiedenheit Johannas Berghütte wieder aufeinander. Damit beginnt eine Auseinandersetzung mit erlebten Verletzungen und Zurückweisungen, der Sehnsucht nach Anerkennung und Selbstbestimmung. Gleich einem Kammerspiel, zuweilen märchenhaft surreal unter Zuhilfenahme intensiver Beschreibungen von Naturereignissen, entwickelt sich einerseits zwischen den Frauen ein zunehmend vertrauter und dynamischer werdendes Aushandeln der Erinnerungen und Wahrheiten, und andererseits ein Sog zwischen mir als Leserin und dem Roman. Gern bin ich den Spuren in die vielschichtige Vergangenheit der Beiden und ihrer Suche nach weiblicher Selbstentfaltung gefolgt und habe ich mich auf diesen packenden, tiefgründigen Roman eingelassen.

Schon das Cover von Wild wuchern hat mich sofort angesprochen - es verspricht eine wilde, kraftvolle Geschichte, und genau das habe ich bekommen. Der Roman erzählt die Geschichte von Marie, die nach einem traumatischen Erlebnis auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit zu ihrer Cousine Johanna auf eine abgeschiedene Alm in Tirol zieht. Während Marie aus einer luxuriösen Welt stammt, lebt Johanna zurückgezogen und im Einklang mit der Natur. Die Begegnung der beiden Frauen wird zu einer intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Geschichte.Besonders berührend ist, wie sensibel und doch kraftvoll die Autorin das Thema physische und psychische Gewalt an Frauen aufgreift. Die Narben, die diese Gewalt hinterlässt - sichtbar und unsichtbar -, werden durch die intensive Naturbeschreibung und die raue Umgebung der Alm verstärkt spürbar. Katharina Köllers flüssiger Schreibstil und die detailreichen Naturbilder lassen die Leserin tief in die Atmosphäre eintauchen.Die Charaktere von Marie und Johanna sind großartig herausgearbeitet. Beide Frauen wirken lebendig und greifbar, mit all ihren Stärken und Verletzlichkeiten. Ihre Entwicklung und ihr Ringen um Heilung sind authentisch und gehen unter die Haut.Wild wuchern ist ein intensiver, emotionaler Roman, der die Kraft der Natur als Spiegel für innere Prozesse nutzt. Eine berührende Geschichte über weibliche Stärke, das Überwinden von Schmerz und die Suche nach Freiheit - absolut lesenswert!