Eine herzerwärmende Fortsetzung, die aber auch sehr von ihrem Vorgänger lebt.
Das Motto für die Lesechallenge im März lautet: "Lies ein Buch, von dem du denkst, dass es ein 5-Sterne-Buch werden wird". Vielleicht geht es euch ähnlich, aber ich habe irgendwie die Tendenz mir Bücher für gut aufzuheben und gerade Bücher, an die ich eine hohe Erwartungshaltung habe, spare ich mir für schlechte Zeiten auf. Deswegen war das Motto für mich ein Weckruf, endlich mal "Mein Freund Pax - Die Heimkehr" von Sara Pennypacker zu lesen. Der erste Band war für mich ein Jahreshighlight, und ich kann mich nur wiederholen: Lest die Geschichte von dem Jungen und seinem Fuchs, die im Krieg auseinander gerissen werden. Als die Fortsetzung von "Mein Freund Pax" 2022 veröffentlicht wurde, war ich überglücklich, denn das bedeutete, all die Figuren noch einmal wiedersehen zu können, die ich so sehr ins Herz geschlossen hatte. An dieser Stelle möchte ich mich auch herzlich bei Fischer Sauerländer für das wunderschöne Rezensionsexemplar bedanken! Der Fuchs Pax hat in der Wildnis ein neues Zuhause gefunden. Zusammen mit seiner Freundin Bristle hat er einen Bau gegraben und schon bald erwarten die beiden Nachwuchs. Als Bristle zwei Fuchsrüden und eine Füchsin zur Welt bringen, ist Pax überglücklich. Doch dann werden Pax und seine Tochter durch ein Feuer vom Rest seiner Familie abgeschnitten, und der Heimweg ist lang und voller Gefahren, vor allem für ein kleines Füchschen.Der 13-jährige Peter hat hingegen seine Familie verloren. Sein Vater ist im Krieg gefallen und Pax lebt nun im Wald, wo er hingehört. Zwar wohnt Peter bei Vola, der Frau, die ihn aufgenommen hat, jedoch fühlt er sich dort trotz aller Bemühungen nicht zuhause. Und so entschließt sich Peter, bei den sogenannten Wasserkriegern mitzumachen, einer Gruppe, die sich um die Renaturierung und Aufreinigung des Gewässers in der Umgebung kümmert, in der Hoffnung so seine Bestimmung zu finden. "Pax rannte.", ist der erste, knappe Satz des ersten Kapitels, welches aus der personalen Perspektive von Pax geschildert wird. Auch das letzte Kapitel aus Pax' Perspektive beginnt mit dem Satz "Pax rannte.", wodurch ein Kreis geschlossen wird. Erneut wird die Geschichte abwechselnd im Präteritum durch Pax und Peter erzählt. Mit über 250 Seiten und 44 Kapiteln ist "Mein Freund Pax 2" zwar kürzer als sein Vorgänger, hat jedoch 10 Kapitel mehr.Peter ist inzwischen ein Jahr älter als im ersten Band und Vollwaise. Sein Vater, zu dem er ein eher schlechtes Verhältnis hatte, ist im Krieg gefallen. Somit sind sein Großvater und Vola die einzigen Bezugspersonen, die er noch hat. Trotzdem verhält sich Peter ihnen gegenüber ungerecht. Ich war anfangs sehr erschrocken darüber, wie sich Peters Persönlichkeit zwischen dem Ende des ersten Bandes und dem Beginn des zweiten gewandelt hat. Während es auf mich wirkte, als hätte er am Ende von "Mein Freund Pax" seinen Frieden damit geschlossen, dass Pax nun eine neue Familie hat und es ihm gut geht sowie dass sein Vater, zu dem er ohnehin ein schwieriges Verhältnis hatte, nicht mehr lebt, keimt nun plötzlich ein neuer innerer Konflikt in ihm auf. Er trauert um seinen Vater und macht sich Vorwürfe, dass er Pax damals im Wald ausgesetzt hat, obwohl er dazu gezwungen wurde. Hat er Ende des ersten Bandes noch seinem Vater erzählt, dass er bei Vola ein neues Zuhause gefunden hat, fühlt er sich im zweiten Band dort plötzlich nicht mehr wohl und ist zu Vola grundlos abweisend. An einer Stelle wünscht er sich sogar, er hätte dem kleinen Pax das Genick gebrochen anstatt ihn aufzuziehen. Auf mich hat sein Persönlichkeitswandel wahnsinnig erzwungen gewirkt, der überhaupt nicht logisch, aber an sich notwendig ist, um Peter erneut einen positiven Charakterwandel durchleben zu lassen. Dabei ist Peters Erzählstrang an sich wirklich nicht schlecht, jedoch waren seine Gefühle und sein Verhalten im ersten Band für mich viel nachvollziehbarer.Pennypackers Schreibstil ist wieder einfühlsam und poetisch, obwohl sie eine einfache Sprache verwendet, die besonders großen Wert auf die klare Benennung des Tier- und Pflanzenreiches legt, egal ob es eine "Hemlocktanne" (S. 187), "Rotflügelstärlinge" (S. 151) oder "Eintagsfliegen" (S. 151) sind. Insbesondere die Beschreibung der Natur gelingt Pennypacker außerordentlich gut, weshalb sich die Lektüre manchmal wie ein erholsamer Waldspaziergang anfühlt. Dennoch herrscht in der Geschichte Krieg, weswegen die Idylle von Umweltzerstörungen wie Bränden, verseuchtem Grundwasser und Strahlenbelastung durchbrochen wird. Es geht hier um die Beziehung zwischen Mensch und Natur, aber auch um Verlust und Trauer. Deshalb ist die Atmosphäre gleichermaßen melancholisch wie nachdenklich, manchmal aber auch ruhig und friedlich. Das Tempo ist optimal gewählt und gerade die kurzen Kapitel laden dazu ein, auch nebenbei mal ein oder zwei Kapitel zu lesen. Obwohl Pax und Peter auf unterschiedlichen Missionen sind, haben sie jedoch eine große Parallele: beide sind auf der Suche nach ihrem Zuhause. Bei Peter ist dies eher im metaphorischen Sinne, bei Pax wortwörtlich, denn ihm wurde der Weg nach Hause abgeschnitten.Allerdings lebt "Mein Freund Pax 2" sehr von seinem Vorgänger. Immer wieder werden Rückblenden aufgemacht, die Ereignisse aus dem ersten Band schildern. Sei es das Aussetzen von Pax am Straßenrand, Peters erste Begegnung mit Vola oder der Tod des Fuchses Gray, der auf eine Landmine getreten ist. Da es bei mir über drei Jahre her ist, dass ich "Mein Freund Pax" gelesen habe, war diese Auffrischung hier und da ganz nützlich, teilweise nahmen die Beschreibungen vergangener Handlungen für mich aber Überhand. Immer mehr hatte ich das Gefühl, dass die Fortsetzung nicht ganz mit dem genialen Erstling mithalten kann. Mich persönlich hat dieses Buch auch weniger emotional erreicht. Während ich nach der Lektüre von "Mein Freund Pax" wirklich heulend auf meinem Bett gesessen habe, habe ich hier "nur" mal eine kleine Träne vergossen. Das ist an sich zwar auch schon eine Leistung, da ich nicht nah am Wasser gebaut bin, aber im direkten Vergleich konnte mich Band 1 emotional doch deutlich stärker erreichen. Außerdem sind mir in "Mein Freund Pax 2" relativ viele Rechtschreibfehler aufgefallen. Sei es der Fuchs Runt, der an einer Stelle plötzlich "Rand" (S. 218) genannt wird, oder "Deie Tochter" (S. 228) anstatt "Die Tochter". Oder auch, als Peter Pax' Tochter betrachtet und erkennt, "wie ängstlich er war" (S. 248), obwohl sie ein Weibchen ist. Aber auch ein fachlicher Fehler ist mir aufgefallen, denn die biologischen Termini "Gattung" (S. 54) und "Spezies" (S. 54) werden synonym verwendet, obwohl sie zwei verschiedene Stufen in der Taxonomie beschreiben. Das mögen zwar Kleinigkeiten sein, sie haben aber den Eindruck untermauert, dass der zweite Band dem ersten nicht ganz das Wasser reichen kann.Das Ende hat mir wirklich sehr gut gefallen. Es ist wieder bittersüß, aber beantwortet doch die meisten offenen Fragen. Auch Jade und Samuel, zwei Wasserkrieger, die Peter auf seiner Reise kennenlernt, sind sehr liebenswürdige Figuren. Insgesamt ist dieses Buch also eine würdige Fortsetzung, auch wenn sie leider nicht mehr so tiefgreifend philosophisch ist. Da Sara Pennypacker eine Kinderbuchautorin ist und die Geschichte um Pax zu denen mit der ältesten Zielgruppe gehört, werde ich in Zukunft wohl keine weiteren Bücher mehr von ihr lesen."Mein Freund Pax - Die Heimkehr" ist eine herzerwärmende Fortsetzung, die aber leider nicht ganz mit dem ersten Band mithalten kann. Die Ausgangsposition von Peters Persönlichkeit ist wenig nachvollziehbar und wirkt erzwungen. Für meinen Geschmack gibt es zu viele Rückblenden, wodurch suggeriert wird, dass der zweite Band sehr von der Qualität seines Vorgängers lebt. Auch emotional konnte mich dieses Buch weniger erreichen, vielleicht auch, weil es weniger philosophische Ansätze hat. Dennoch gibt es auch sehr viel Positives: Ich liebe den Schreibstil von Sara Pennypacker und auch wenn mich die Fortsetzung aus dem Jahr 2022 emotional nicht gebrochen hat, hat sie mich doch berührt. Es ist ein würdiger Abschluss der Reihe und ich bin dankbar dafür, dass ich Peter und Pax noch einmal begleiten durfte, da ich wirklich traurig war, als ich "Mein Freund Pax" beendet hatte Es ist vielleicht nicht das Meisterwerk, das ich mir erhofft hatte, doch wer den ersten Band geliebt hat, wird den zweiten auch sehr gerne haben. Deshalb erhält "Mein Freund Pax 2" von mir vier von fünf Federn.