Henny tritt in die Fußstapfen von Lotte und Auguste, Frauen haben es weiterhin schwer, privat und beruflich. Toll gelesen. 4,5-5*
Inhalt siehe Klappentext.Nachdem mich der erste Teil der Lichterfeld-Reihe, Die Frauen vom Karlsplatz: Auguste, in seinen Bann gezogen hatte, konnte mich Anne Stern auch mit Band 2, Henny, mitreißen. Henny, die Tochter von Lotte, aufgewachsen bei deren Freundin Auguste, ist inzwischen (1913 und folgende Jahre) Studentin der Medizin, Ziehmutter Auguste ist verstorben und Henny auf der Suche nach ihrem Vater. Henny hat es als Frau an der Universität nicht leicht, um nicht zu sagen, einfach schwer, die Kommillitonen machen es den Frauen nicht gerade einfach, und auch die Professoren sähen wohl lieber nur Männer im Hörsaal. Nur eine Ärztin glaub an Henny ...Was ich faszinierend finde, ist, dass jeder, der Henny sieht, sofort Lotte vor Augen hat und glaub, sie sei ihnen "erschienen". Deutschland befindet sich im Ersten Weltkrieg, Hennys Verlobter Paul hat ganz andere Ansichten als die junge Frau, die ihn zwar liebt, aber noch keine Kinder möchte und eher auf eine Heirat als auf Kampf aus ist. Es kommt, wie es kommen muss, Henny und Dienstmädchen Olga stehen mal wieder alleine, verarmt, mitten in Berlin, Onkel Ludwig, seinerzeit Verlobter von Auguste, kann aufgrund seiner Gesinnung auch nicht immer helfen. Es fehlt an allen Ecken und Enden, alles ist zu viel, zu teuer, zu schwer, man merkt den Druck, die Not, beim Hören, wenn Sprecherin Brigitte Trübenbach das Hörbuch in 9:01 Stunden vorliest. Traurige, dunkle Zeiten stehen bevor, Henny ist in anderen Umständen, ledig, ohne Arbeit, ohne Mann, einfach aussichtslos. Und plötzlich tun sich Türen auf, Käthe, Augustes Mutter (hier empfehle ich, unbedingt Teil 1 vorweg zu lesen oder zu hören) tritt in Erscheinung, interessiert sich zwar nicht für Henny, aber für deren Söhnchen Wilhelm. Man hätte es nicht für möglich gehalten, dass Käthe nochmal Gefühle zeigen wird, aber es geschehen wohl noch Wunder. Hoffen wir mal, dass Wilhelm sich mit seiner politischen Meinung nicht zu weit aus dem Fenster lehnt, immerhin ist die Lichterfeld-Reihe inzwischen in 1927 angelangt und es sieht gar nicht gut aus - nicht nur für die jüdischen Mitbürger Berlins.Ein weiterer Band aus der Feder von Anne Stern, wunderbar eingelesen, der die Vergangenheit lebendig werden lässt und zeigt, wie schwer es Frauen damals hatten. Meine Empfehlung: Bei Teil 1 beginnen und einfach komplett durchhören oder lesen. "Henny" bekommt von mir 4,5-5 Sterne und Teil 3 liegt schon bereit.