"Die Hochzeitsgabe" von Geraldine Brooks ist kürzlich als Neuauflage im btb Verlag erschienen. Ursprünglich wurde der Roman bereits 2008 - ebenfalls im btb Verlag - veröffentlicht. Da ich Anfang des Jahres mit großer Begeisterung den aktuellen Roman der Autorin las ("Das Gemälde¿), war ich nun sehr gespannt darauf zu erfahren, ob mich dieses frühere Werk genauso in seinen Bann zu ziehen vermag.Im Zentrum des Geschehens steht die berühmte Haggadah von Sarajevo, eine mittelalterliche bebilderte hebräische Handschrift, die im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Abenteuer und Widrigkeiten überstanden hat. Die Konservatorin Hanna wird im Auftrag der UN nach Sarajevo geschickt, um dieses kostbare Stück Zeitgeschichte zu bewahren. Ihre Geschichte bildet die Rahmenhandlung des Romans. Denn dieser macht immer dann, wenn Hanna etwas Auffälliges wie zum Beispiel einen Schmetterlingsflügel oder einen Blutfleck entdeckt, einen Zeitsprung in die Vergangenheit und deckt so ein kleines Stück des bewegenden Lebenslaufs der Haggadah auf. So wechselt die Erzählung also kontinuierlich zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Geraldine Brooks hat wieder einmal unglaublich intensive Recherchearbeit geleistet. Das Wissen, das sie uns über den Beruf des Konservators, über Geschichte im Allgemeinen und die des jüdischen Volkes im Besonderen vermittelt, ist sehr beeindruckend. Mir persönlich - das gebe ich ehrlich zu - war es mitunter etwas zu theoretisch und detailreich für einen Unterhaltungsroman. Man sollte sich vor dem Lesen also durchaus bewusst sein, auf wie viel Theorie man sich einlässt. Aber die Autorin hat diese Fakten so schön in all ihre kleinen Kurzgeschichten einfließen lassen, dass ich dennoch interessiert blieb, mehr über die abenteuerliche Vergangenheit dieses besonderen Schriftstücks zu erfahren. Hanna ist ein interessanter Hauptcharakter. Unabhängig, intelligent, aber mit einer eigenen problembehafteten Kindheit belastet. Sie macht während ihrer Recherchearbeit eine ganz eigene Entwicklung durch, die ich sehr gerne verfolgt habe. Die Figuren aus den Rückblenden konnten zwar verständlicherweise nicht so detailliert herausgearbeitet werden wie Hanna, aber auch sie wurden überaus menschlich beschrieben, so dass die Darstellung der historischen Begebenheiten durch sie lebendiger wurde.Fazit: In "Die Hochzeitsgabe" webt Geraldine Brooks gekonnt historische Fakten in eine interessante Geschichte. Sie weiß zu unterhalten und gleichzeitig Wissen zu vermitteln, so dass die Lektüre eine echte Bereicherung darstellt.