Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Sie hatte eine Altstimme und hieß Lydia.
Karlchen und Jakopp aber nannten jede Frau, mit der einer von uns dreien zu tun hatte, »die Prinzessin«, um den betreffenden Prinzgemahl zu ehren -- und dies war nun also die Prinzessin; aber keine andre durfte je mehr so genannt werden.
Sie war keine Prinzessin.
Sie war etwas, was alle Schattierungen umfaßt, die nur möglich sind: sie war Sekretärin. Sie war Sekretärin bei einem unförmig dicken Patron; ich hatte ihn einmal gesehn und fand ihn scheußlich, und zwischen ihm und Lydia... nein! Das kommt beinah nur in Romanen vor. Zwischen ihm und Lydia bestand jenes merkwürdige Verhältnis von Zuneigung, nervöser Duldung und Vertrauen auf der einen Seite und Zuneigung, Abneigung und duldender Nervosität auf der andern: sie war seine Sekretärin. Der Mann führte den Titel eines Generalkonsuls und handelte ansonsten mit Seifen. Immer lagen da Pakete im Büro herum, und so hatte der Dicke wenigstens eine Ausrede, wenn seine Hände fettig waren.
Der Generalkonsul hatte ihr in einer Anwandlung fürstlicher Freigebigkeit fünf Wochen Urlaub gewährt; er fuhr nach Abbazia. Gestern abend war er abgefahren -- werde ihm der Schlafwagen leicht! Im Büro saßen sein Schwager und für Lydia eine Stellvertreterin. Was gingen mich denn seine Seifen an -- Lydia ging mich an.
Da stand sie schon mit den Koffern vor ihrem Haus -- »Hallo!«
»Du bischa all do?« sagte die Prinzessin -- zur grenzenlosen Verwunderung des Taxichauffeurs, der dieses für Ostchinesisch hielt. Es war aber Missingsch.