Wenn die Wut sich Bahn bricht - aufrüttelndes Buch über eine oft versteckte Emotion
Die 43-jährige Britt ist im Urlaub mit ihrem Mann, ihrer Tochter und Freunden ihres Mannes als nichts mehr geht: jahrelange, unterdrückte Wut bahnt sich ihren Weg und Britt rastet komplett aus. Wut aufs Leben, auf ihre Mutter, die die Familie verlassen hat als Britt zwölf Jahre alt war und Wut auf ihren Mann und die Freunde. Nachdem die überkochenden Emotionen abgeklungen sind, fragt sich Britt: kann die entladene Wut auch eine Chance auf Veränderung sein?Der Titel und Klappentext haben mich direkt angesprochen, denn wer von uns ist nicht öfters mal "verdammt wütend" auf die verschiedensten Dinge und Menschen. Britt wollte immer jedem alles recht machen, sie hat Ärger stets herunter geschluckt und sich den Erwartungen von Umfeld und Gesellschaft gebeugt. Seit sie klein ist, versucht sie den Spagat zu meistern, der gerade als Frau schier unmöglich scheint: lieb sein, gut aussehen, aber nicht zu gut, einen Haushalt führen, einen Mann suchen, eine gute Mutter sein. Gerade ihr Mann Espen hat dies stets gut auszunutzen gewusst - Britt kümmert sich um die gemeinsame Tochter, Britt schmeißt den Haushalt, Britt kümmert sich um alles Wichtige. Er wirkt von allen Beteiligten am wenigsten sympathisch, oft habe ich mich beim Lesen gefragt, wie Britt überhaupt so lange mit ihm zusammen sein konnte. Ich konnte Britts Wut fast immer nachvollziehen, der Autorin gelingt es, die Probleme dieser Beziehung in den relativ wenig Seiten auf den Punkt zu bringen. Die Beziehung von Britt und Espen steht stellvertretend für Millionen von Beziehungen, die genau so ablaufen - und aus der man aber ebenso gut ausbrechen kann, Emotionen zeigen darf und kommunizieren kann.Der Erzählstil ist oft poetisch, in Momentaufnahmen und Erinnerungsstücken setzt sich die Handlung wie ein Mosaik zusammen. Interessant ist auch, dass man als Leser den eigentlichen Ausbruch Britts gar nicht liest sondern nur das Danach. Es zeigt, was Wut losreißen, aber auch schaffen kann, denn Britt kümmert sich danach wahrscheinlich das erste Mal nur um sich selbst.Die Kapitel sind kurz, oft nur eine halbe Seite lang, sie hätten für mich noch mehr auserzählt werden können, um einen besseren Lesefluss zu erreichen. Generell hätte ich mir noch mehr Seiten und Handlung gewünscht um noch tiefer in die Emotionen eintauchen zu können, wie es dazu kam und was in dem "Danach" passiert, aber auch um mehr von den einzelnen Beteiligten zu erfahren.Es ist ein aufrüttelndes Buch, das zeigt, was passiert, wenn Wut, die in unserer Gesellschaft am besten unterdrückt werden soll, ausbricht. Wut hat ihre Daseinsberechtigung und sollte wie alle anderen Gefühle ebenso beachtet werden. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die sich mit diesem Thema näher beschäftigen möchten.