Trinkerbelle

Tiefer Einblick in die schlimmste Zeit ihres Lebens.

Als ich 'Trinkerbelle' zum ersten Mal in der Buchhandlung sah, sprang mir das Buch sofort ins Auge. In ein sanftes Rosa gehalten, wirkt es so harmlos. In der Mitte eine Frau, Mimi Fiedler, die perfekt gestylt, aber auch extrem verletzlich und verängstigt aussieht. Der Titel gefiel mir auf Anhieb, weil es so viel aussagt. Man weiß sofort um welches Thema es gehen wird, nämlich Alkoholsucht und das Element, dass es um eine Frau geht, die versucht alle glauben zu lassen, dass sie so leichtfüßig, wie eine Fee durchs Leben geht, was aber überhaupt nicht stimmt. Im Buch wird klar, wieso es tatsächlich zu diesem Titel gekommen ist. Weil das Thema mich aus persönlichen Gründen interessiert, wollte ich Trinkerbelle sofort lesen. Klar war mir aber auch, dass es keine einfache Lektüre werden würde. Es hat mich dann während des Lesens sehr mitgenommen und berührt. Manchmal fühlte ich, wie die Tränen kamen, weil Mimi so schonungslos über ihren Kampf, ihre Ängste und ihre Machtlosigkeit schreibt. Vor allem die Textstellen, in den es um ihre Tochter ging, haben mir sehr mitgenommen. Sie will ja aufhören mit dem Lügen, dem Betrügen und dem Trinken, aber jedes Mal wieder schafft sie es nicht, was dazu führt, dass es ihr dann noch schlechter geht. Interessant fand ich, dass sie erst die Geschichte ihre Familie erzählt, damit man die ganzen Hintergründe kennenlernt und merkt, wie tief manche Wunden sind und auch Generationen weiter noch auftauchen. Es hilft vieles zu verstehen und war für mich als Leser auch ganz spannend, vor allem, wenn man merkt, dass bestimmte Sachen sich auf fast ähnliche Weise wiederholen und das dazu beide Male zu tiefen Schmerz führt, die man sein ganzes Leben mit sich trägt. Mit dem was man sich wünscht, soll man vorsichtig sein, aber noch wichtiger ist es Kinder zu erklären, wenn dann etwas Schlimmes passiert, dass sie nicht Schuld daran sind. Das wird in diesem Buch einige Male sehr deutlich. Ein anderes unschönes Thema, was angesprochen wurde, ist Sexualmissbrauch. Mimi Fiedler wurde als Kind missbraucht und beschreibt das auch in diesem Buch. Sie ist sehr offen darüber und erzählt auch, dass sie das lange nicht wusste. Irgendwie hat sie es verdrängt. Als dann aber ein Flashback kommt, ist sie total verwirrt. Nach und nach kommt versteht sie dann, dass irgendetwas passiert sein muss, aber die Details bleiben ihr fern. Mir hat das sehr gut gefallen, wie sie das hier aufgearbeitet hat. Sie zeigt, dass man nicht sein ganzes Leben durch das was passiert ist, bestimmen lassen muss, auch wenn man gar nichts dagegen unternehmen kann, ohne Beweise oder klare Erinnerungen. Sie kämpft und findet einen Weg damit umgehen zu können. Zum Glück geht alles gut aus. Am Ende schafft sie es und hört nach einem langen, ermüdenden Kampf mit dem Trinken von Alkohol auf. Sie ist sich aber auch davon bewusst, dass sie immer auf der Hut wird bleiben müssen, weil die Sucht, eine sehr tückische Krankheit, nie komplett verschwinden wird, was auch an einem sehr tragischen Beispiel im Buch deutlich wird. Ich habe große Bewunderung für Mimi Fiedler, dass sie ihre Geschichte so offen mit allen Lesern teilt. Dafür braucht man viel Mut. Es ist auf jeden Fall ein Buch, was ich unbedingt weiterempfehlen möchte, weil unglaublich viele Menschen mit einem Alkoholproblem zu kämpfen haben und Alkohol und seine zerstörende Wirkung leider noch immer viel zu oft unterschätzt werden. Wenn man sich also mit dem Thema auseinandersetzen möchte: liest dieses unglaublich gut geschriebene und ehrliche Buch. Es lohnt sich.