Sehr dichte Atmosphäre. Ausgearbeitete, tiefgründige und typische King-Figuren. Interessante Thematiken, Mittelteil etwas langatmig.
Mary und Peter befinden sich auf dem Heimweg nach New York über den Highway 50. Da hält sie ein Cop an, welcher sie in den Ort Desperation bringt. Langsam wird den Beiden klar, dass mit dem Cop und der Stadt so einiges nicht stimmt. Besonders als sie feststellen, dass sie nicht die einzigen Festgenommenen des Cops sind. Unter ihnen befindet sich ein Junge namens David, welcher besondere Fähigkeiten in sich trägt und scheinbar ihre letzte Hoffnung ist, um aus dem Schlamassel lebend herauszukommen. Desperation heißt "Verzweiflung" und so fühlte es sich auch das ganze Buch hinweg an - wie ein Verzweiflungsakt der Protagonisten am Leben zu bleiben. Denn, die Lage in der sie sich befanden, hat sich von Seite zu Seite immer weiter zugespitzt und wurde scheinbar immer unmöglicher dies zu überstehen. Doch David stand in der direkten Verbindung zu Gott, welcher ihm schon bei seinem besten Freund Brian geholfen hatte. Dennoch hieß es nicht, nur, wenn er etwas betet, dass sie dann das Ganze unbeschadet hinterlassen. Was ich über das Buch im Besonderen sagen kann, dass es eine unglaublich dichte Atmosphäre hat, die mich von Anfang an eingesogen hat. Das fing schon damit an, wie der erste Teil aufgebaut war, wie der Cop die einzelnen Protagonisten des Bandes aufgesammelt hat. Da ist nicht einmal viel passiert, außer dass der Cop Mary und Peter oder die Familie Carver nach Desperation gebracht hat, in der kleine Bergarbeiterstädtchen, die mir ihrer Geschichte dieses ganze Unglück schon vor über 100 Jahren in Schwung gebracht haben. Aber wie der Autor diese einzelnen Szenen eingefangen hat und zum gleichen Teil die Figuren nähergebracht hat, war unglaublich gut. Stephen King bringt es, einen mit wenigen Worten zu vermitteln, mit welcher Figur man es im Buch zu tun hat. Als Leser nähert man sich der Figur automatisch, ganz gleich, ob man sie sympathisch findet oder nicht. Ich finde auch, dass das im Endeffekt gar nicht wichtig ist, denn wenn sie interessant gestaltet ist und man trotz dem unsympathischen Aspekt mit ihr mitfiebert, dann hat man es als Autor geschafft. Ich kann verstehen, warum einige sagen, dass dieses Buch den Charme von früheren Büchern von Stephen King verströmt. Das tut es meiner Meinung auf jeden Fall, denn es schwingt dieser unterschwellige Gruselfaktor mit. Auch wenn es noch nicht direkt angesprochen wird, was mit Desperation nicht stimmt, weiß man doch die ganze Zeit, dass da etwas ganz und gar nicht stimmt. Und mit jeder Seite mehr, werden neue Details eingewoben, die sich am Ende zu einem Ganzen formen. Als einzigen Kritikpunkt und warum das Buch nicht zu meinen Top-King-Büchern gehören wird, aber es nichtsdestotrotz sehr gut war, ist der, dass ich den Mittelteil doch etwas langatmig fand. Den Anfang fand ich sehr atmosphärische und hat mich dadurch gleich von Anfang an in der Geschichte ankommen lassen und als am Ende aufgeklärt wurde, was in der Stadt wirklich los ist und woher das kommt und was die Figuren dagegen unternehmen, war es extrem spannend. Doch im Mittelteil war es doch sehr lang. Ich meine, in dem Buch ist auf 800 Seiten nicht viel Zeit vergangen. Ich glaube, die Geschichte hat an einem Nachmittag begonnen und endete folgenden Tag in den Morgenstunden. Natürlich befand man sich auch mal außerhalb von Desperation, als auf die Vergangenheit der einzelnen Figuren eingegangen wurde, z.B. die Geschichte mit Davids Freund Brian. Aber dennoch wurde die Zeit sehr lang gezogen. Was ich wieder einmal witzig fand: King hat es sich nicht nehmen lassen, auch einen Schriftsteller als Protagonisten mit einzubinden, welcher auch eine entscheidende Rolle gespielt hat und natürlich war dieser ehemalige Säufer und hat auch schon von Drogen gekostet. Das war wieder so typisch für King und macht irgendwie auch seine Handschrift in Büchern aus. Wenn kein Autor auftaucht, bin ich fast schon enttäuscht in seinen Büchern oder wenn nicht das Thema Alkoholismus angesprochen wird.Auch fand ich es typisch, dass ein Junge wieder besondere Kräfte in sich barg und dass er das Zünglein an der Waage war. "Betbruder" wie er vom Antagonisten genannt wurde. Kinder nehmen oft in Kings Büchern eine entscheidende und tragische Rolle ein.Auch interessant wie er hier das Thema "Glauben" aufgegriffen hat. Ich bin zwar Atheistin, aber ich fand es interessant, wie er das aufgearbeitet hat. Fazit:Das Buch hat mir sehr gefallen. Tolle, tiefgründige Figuren und atmosphärisch sehr weit oben. Ich fand es lediglich im Mittelteil etwas sehr ausschweifend, selbst für king'sche Verhältnisse. Daher gibt es 4 Sterne.