"Die Tote in den Nachtbergen" ist der zweite Band einer ungewöhnlichen Krimi-Reihe. Protagonistin ist die junge Ravna, eine Angehörige der Sami, die inzwischen in der Ausbildung zur Polizistin steckt. Ihre Familie züchtet traditionell Rentiere und zur Mittsommerzeit werden die Kälber der Herden markiert. Zu diesem Zweck reist Ravna ins nördliche Norwegen, um ihre Mutter bei der anstrengenden Arbeit zu unterstützen. Dabei stolpert Ravna über den Leichnam einer seit zehn Jahren vermissten jungen Frau, die offenbar getötet wurde und der Ravna als Kind begegnet war. Zur Ermittlung wird der hoch intelligente, aber undurchschaubare Kriminalpolizist Rune Thor in die abgeschiedene Gegend geschickt. Gemeinsam mit Ravna soll dieser "cold case" gelöst werden.Stilistisch ansprechend erzählt Elisabeth Herrmann parallel in zwei Zeitebenen. Sehr viele Informationen über die samische Kultur und Mythologie fließen dabei mit ein und eindrucksvolle Landschaftsbeschreibungen nehmen die Leser mit in die Finnmark.Ein Mörder wird in der eingeschworenen Gemeinschaft der Rentierzüchter vermutet. Dass ausgerechnet eine Sami nun zur ermittelnden Polizei gehört, schlägt hohe Wellen. Ravna muss sich einem schweren Identitätskonflikt stellen. Dieser wird glaubwürdig geschildert und kann stellvertretend für Grenzgänger zwischen Kulturen gelten.Der Showdown mit der Lösung des Kriminalfalls ist unerwartet, aber ausgesprochen dramatisch.Der Roman hat mich gefesselt und einen langen Nachhall erzeugt.Ein Buch, das sich sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene eignet und durch das außergewöhnliche Setting besticht.Von mir gibt es fünf Sterne und - natürlich - eine uneingeschränkte Leseempfehlung.