Karl V. (1500-1558) ist der mächtigste Herrscher seiner Zeit - und der ohnmächtigste zugleich. In seinem Reich geht die Sonne nicht unter, doch nach seinem Willen formen kann er es nicht. Ebenso wenig gelingt es ihm, die große Kirchenspaltung aufzuhalten, mit der die Einheit der Christenwelt zerbricht. Heinz Schilling schildert in dieser Biographie, wie der Kaiser zwischen den Epochen alles in seiner Macht stehende tut, um dem Lauf der Zeit Einhalt zu gebieten - und sich am Ende gescheitert und gedemütigt aus der Welt zurückzieht in die Einsamkeit der spanischen Extremadura.
Heinz Schilling befreit in dieser Biographie Karl V. aus dem Habsburgermythos des 19. Jahrhunderts und führt ihn wieder zurück in seine historische Welt - das kulturell reiche Burgund seiner Jugend und Spanien mit dem atlantisch-überseeischen Raum. Auch dem verschlossenen Menschen Karl spürt dieses Buch nach, seiner Erotik, seinen kurzen Liebesbeziehungen, seiner unterschätzten musischen Seite. Es räumt Karl einen fairen Platz in den Religionskämpfen der Zeit ein und porträtiert ihn als zutiefst religiösen Menschen - hierin Luther ebenbürtig. Vor allem aber zeigt Schilling die Tragik der Macht: Im Herzen ein Friedenspolitiker, kommt der Kaiser während seiner Herrschaft nur selten aus dem Militärlager, weil er sich dynastischen und religiösen Zielen verpflichtet fühlt, die er in einer Welt, die immer komplexer wird, nicht mehr verwirklichen kann.
Inhaltsverzeichnis
Prolog
1. Gent 24. Februar 1500 Kind der Freude und der Stolz Burgunds?
Glückliches Heiraten und rechtzeitiges Sterben in der Welt der Fürstenstaaten Burgund Realität und Mythos Karl der Kühne und sein Vermächtnis Gent, 24. Februar 1500 Erziehung und Bildung der Burgunderkinder Eheprojekte, neues «Gouvernement» und die Charakterprägung des Prinzen Der Herzog von Burgund Niederburgund im Herrschaftssystem des Kaisers
2. Valladolid 23. November 1517 Ein Europa und die Welt umspannendes Erbe
Der spanische Erbfall Karls Charakter und Erscheinungsbild Ein Liebesbrief und die erste Entscheidung als Familienoberhaupt Juana und Ferdinand die innerdynastische Abstimmung mit Mutter und Bruder Valladolid 23. November Übernahme der Herrschaft über Kastilien Das Murren der Untertanen und die ersten Berichte über das neue Goldland Eine weitere Königskrone Aufstand in Spanien
3. Frankfurt 23. Juni 1519; Aachen 23.Oktober 1520 Deutscher König und Erwählter Römischer Kaiser
Die Wahl zum Deutschen König Krönung in Aachen Das deutsche Königtum in Karls Herrschaftssystem Logistische Probleme eines überspannten Herrschaftsraumes Regieren als Familienunternehmen Räte und Vertraute Minderheiten und Minderheitenpolitik
4. Worms 1521 Verteidiger der von den Vorfahren ererbten Religion
Schützer des reinen Glaubens mit dem Papst oder mit Luther Das in Gott gefangene Gewissen des Reformators Das in Tradition und Glauben der Vorfahren gefangene Gewissen des Kaisers Der Weg in die religiös-kulturelle Differenzierung Europas Universelles Kaisertum als Ordnungsprinzip für den auseinanderstrebenden Kontinent
5. Pavia 24. Februar 1525 Triumph über Franz I. und ein nicht endendes Ringen um die Vormacht in Italien und Europa
Ringen um die mächtepolitische Ordnung Entscheidung über Italien? Nötigung zu Frieden und Freundschaft Ein Frieden innerer Widersprüche Erneut Krieg um Italien und der «Sacco di Roma» von 1537 Das kaiserliche Klientelsystem in der Po-Ebene, Mantua und die Gonzaga-Dynastie Krieg Freundschaft Krieg Der Friede von Crépy 1544 als Vorbereitung zum Schlag gegen die Protestanten
6. Sevilla 10.März 1526 Liebesdinge und politisches Kalkül der Casa de Austria
Erotik der frühen Jahre Eheprojekte Hochzeit in Sevilla und «luna de miel» in Granada Maurischer Zauber, höfische Feste, Musik und Jagd Familienleben im Schatten der Politik Margarete von Parma und Don Juan de Austria Sakrale Überhöhung der Ehe
7. Bologna und Augsburg 1530 Kaiserkrönung und Konfessionsreichstag
Ein Friedensfest für die zerrissene Christenheit Verhandlungen über die Neuordnung Italiens und die Einberufung eines Konzils Kaiser und Päpste Der Augsburger «Konfessionsreichstag» Versuch einer außerkonziliaren Lösung Reichsrechtliche Weichenstellungen jenseits der Glaubensfrage Flandern, wieder Deutschland und die Rückkehr nach Spanien
8.Tunis 1535 Auftakt zum Kreuzzug gegen die Türken?
Der Sieg vor Tunis Realität und Propaganda Karl V. und Suleiman der Prächtige Chaireddin der Rote Triumph als neuer Scipio Africanus Rückkehr in den mächtepolitischen Alltag Das Ende des Kreuzzugsplans und die Katastrophe 1541 vor Algier Eine gemischte Bilanz im Ringen der Weltmächte
9. Leyes Nuevas 1542 oder der Streit um die Seelen und das Gold der Indios
Reichtum und Prestige aus dem amerikanischen «Goldkastilien» Das Reich der Inkas und die Inseln der Gewürze Um Recht und Ordnung in den neuen Besitzungen Besinnung auf Gottes Gebot der Menschlichkeit Las Casas gegen Sepúlveda der erste freie Disput über Kolonialpolitik Der realpolitische Vorrang Europas
10 Mühlberg 24. April 1547 und der geharnischte Reichstag von Augsburg 1547/48
Veni, vidi, Deus vicit - Triumph des Miles christianus Schonung des Luthergrabes in Wittenberg und Demütigung des Landgrafen in Halle Der Höhepunkt der Macht von Tizian inszeniert Ein geharnischter Reichstag Das Interim, das Interim, der Teufel, der steckt hinter ihm Karls Scheitern am lutherischen Stadtbürgertum
11 Villach, Mai 1552 Herabgeschleudert vom Rad der Fortuna
Die Rächer der deutschen Freiheit und der widerrechtlich gefangenen Fürsten In der Falle Flucht aus Innsbruck Villach und Passau Wieder ein Franzosenkrieg Kaiser der Endzeit
12 Brüssel 1555/56 Zeremoniell des Rückzugs Das ermüdende Ringen um die Nachfolge oder das Gespenst der «spanischen Sukzession» Die englische Ehe Philipps II. die Vision eines katholischen Großreiches in Westeuropa Abdankung und Neuaufstellung der Casa de Austria Machtverzicht zur Sicherung des Seelenheils?
13 Yuste 21. September 1558 Sterben in Christo
Die letzte Reise des Kaisers Frömmigkeit und Muße «Lebensfülle, (die) niederklingt in meine Ruh» Jetzt, Herr, komme ich Der Tod Kaiser Karls V. und die Wende in den Konfessionalismus
Epilog
Europa vereint in Trauerfeiern Vision einer hegemonialen Weltherrschaft Ein Europapolitiker der frühen Neuzeit?
Anhang
Forschungslage und Positionsbestimmung
Anmerkungen
Karte: Europäer in der Neuen Welt zur Zeit Kaiser Karls V.
Bibliographie
Bildnachweis
Genealogie
Personenregister
Ortsregister