Autorin und Studentin Marlene Engelhorn (Jahrgang 1992) hat im Jahr 2021 mit der Ankündigung, 90% ihres zu erwartenden Vermögens in einem zweistelligen Millionenbetrag zu spenden, aufhorchen lassen.
Wer ist sie nun, die zukünftige Erbin, die eine Erbschaftssteuer für Reiche fordert?
Marlene Engelhorn ist die Enkelin der 94-jährigen Traudl Engelhorn-Vechiatto, deren verstorbener Mann ein Urenkel des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn und Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe war. Der Erlös nach dem Verkauf des Konzerns brachte einen zweistelligen Milliardenbetrag ein.
In diesem Buch, das in der Reihe Übermorgen im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen ist, legt sie ihre Gedanken zum Thema Geld und Vermögen dar.
Das Buch hat mich zwiegespalten zurück gelassen. Vor allem auch deswegen, weil sie das Fell des Bären verteilt, bevor er erlegt ist. Sprich, Großmutter Engelhor-Vechiatto lebt noch. Auf der anderen Seite kann ich mir schon vorstellen, dass die Vorstellung, ein solches Vermögen zu bekommen, Angst macht.
Manche der Gedanken von Marlene Engelhorn sind nachvollziehbar, manche lassen mich den Kopf schütteln.
Nachvollziehbar ist für mich:
Geld bedeutet Macht, viel Geld bedeutet viel Macht
Geld per se ist nicht schlecht, der falsche Umgang damit schon
Über Geld spricht man nicht, über fehlendes Geld vielleicht schon
(Wieder)Einführung der Erbschaftssteuer ab einer bestimmten Höhe des Erbes (da geht es jetzt nicht um die Eigentumswohnung und/oder die 100.000 Euro auf diversen Sparbüchern sondern um richtig große Summen).
Nicht nachvollziehen kann ich jedoch, dass sie sich nicht mit der Herkunftsgeschichte ihres zukünftigen Vermögens beschäftigen will. Man erinnere sich, ein Großteil der Gewinne der BASF (vormals IG-Farben) wurde im Zweiten Weltkrieg mit Hilfe von Zwangsarbeitern erwirtschaftet.
So heißt es z. B. auf S. 122:
Ich kenne keine Details und die Schuldfrage interessiert mich nicht, dafür sind Gerichte zuständig. Die Herkunft meines Geldes ist aber ebenso wichtig wie dessen zukünftige Verwendung.
Da empfinde ich die Idee, das Vermögen (oder den überwiegenden Teil davon) zu spenden, fast ein wenig scheinheilig. Hier ließe sich wohl Wiedergutmachung betreiben.
Falsches Geschichtswissen orte ich auf Seite 111, wenn sie allen Ernstes behauptet
Dass Geld als solches erst an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit aufkam, scheint mir passend. Die Versorgung wurde neu geregelt. Geld als neues Gut war der Schlüssel dazu. Da muss man sich schon fragen, ob die Autorin noch nie von griechischen Drachmen oder römischen Denaren gehört hat.
Auf mich macht die Autorin einen zutiefst verunsicherten Eindruck. Der eine oder andere Gedanke wirkt naiv, andere hingegen revolutionär. Unmittelbar auf die eingangs erwähnte Ankündigung, 90% des zu erwartenden Vermögens zu spenden, gab es in den sozialen Netzwerken eine Reihe von Anregungen und Ideen, was mit dem Geld geschehen könnte. Von der Aufforderung es auf die Konten diverser Poster zu verteilen bis hin zur Frage, warum nur 90% und nicht das gesamte Vermögen. Denn bis jetzt hat die Studentin Marlene Engelhorn ja auch nicht Notstandshilfe gelebt sondern von ihrer Herkunft profitiert.
Fazit:
Ein Buch, das mich zwiegespalten zurückgelassen hat, weshalb es nur 3 Sterne erhält.