Sehr lehrreich und gut recherchiert, aber zu ausschweifend und kompliziert.Der in 1951 in Rochlitz (Sachsen) geborene Autor arbeitete nach dem Studium der Philosophie, Literaturwissenschaft und Mathematik zunächst als Wissenschaftslektor und Herausgeber von Sachbüchern, bevor 1987 seine Monografie ¿Kafkas erotischer Mythos¿ erschien. Obwohl der vorliegende Band die Kafka-Trilogie abschließt (die ersten Bände erschienen 2002 und 2008), habe ich ihn aus chronologischen Gründen vorweggenommen.Zum Inhalt:Die Biografie umfasst die ersten 28 Jahre in Kafkas Leben (1883-1911; Kafka starb 1924, nur 13 Jahre später) und beleuchtet seine Kindheit und Jugend, gefangen in einer schwierigen Beziehung zu seinem dominanten Vater Hermann, seine Schul-/Lehrjahre (u.a. sein Jura-Studium und seine Tätigkeit als Versicherungsangestellter), seine enge Freundschaft zu Autorkollege Max Brod und deren gemeinsame Reisen nach München, Paris oder Österreich/Italien und natürlich seine ersten Versuche als angehender Schriftsteller.Meine Meinung:In knapp 600 Seiten vermittelt der Autor dem aufmerksamen Leser nicht nur eine gute Vorstellung über den Menschen Franz Kafka, sondern breitet vor allem ein ausschweifendes Kaleidoskop der damaligen Zeit und natürlich der Kultur und des Settings (deutsche Juden in Prag) aus, um vor allem darauf hinzuweisen, dass eine menschliche Biografie nicht losgelöst von ihrem kulturellen Hintergrund und Umwelt betrachtet werden kann. Politisch und historisch interessierte Leser werden daher ihren Spaß an diesem äußerst lehrreichen und sehr gut recherchierten Werk haben ¿ doch für mich, dessen Interesse dieser beiden Bereiche sich in Grenzen hält, war das Lesen leider sehr zäh/anstrengend und tw. sogar eine Qual, weil ich es grundsätzlich eigentlich nicht so mag, wenn sich ein Werk (egal ob Biografie oder fiktiver Roman) zu weit vom Kern fortbewegt. Natürlich kann ich es einem Autor nicht anlasten, wenn er diesbzgl. nicht ganz meinen Geschmack getroffen hat, es ändert dennoch nichts an der Tatsache, dass es sich um eine gut geschriebene Biografie handelt ¿ daher ist diesbzgl. meine Bewertung etwas objektiver.Sprachlich ist die Biografie äußerst anspruchsvoll (leider in anstrengendem Sinne), also keine leichte Kost und erfordert somit höchste Konzentration. Oft musste ich Sätze öfter lesen und habe mich tw. über die doch sehr hochgestochene Sprache geärgert, weil viele Sachverhalte einfacher, v.a. mit weniger Fremdwörtern, hätten ausgedrückt werden können. Diese komplizierte Ausdrucksweise in Kombination mit der oben erwähnten ausschweifenden Art haben den Lesegenuss für mich leider sehr getrübt.Fazit:Eine äußerst lehrreiche und sehr gut recherchierte Biografie, die neben dem Menschen Franz Kafka v.a. sein kulturelles Umfeld beleuchtet, mir jedoch den Lesegenuss durch v.a. eine zu ausschweifende Art und eine zu komplizierte Ausdrucksweise leider verdorben hat.Dennoch ein sehr lesenswertes Werk, das vor allem politisch und historisch interessierte Leser begeistern wird ¿ daher möchte ich das etwas objektiver bewerten und vergebe 3,5 Sterne.Lichtblicke gab es für mich immer dann, wenn es um die Analyse des Kafka-Werks ging, daher freue ich mich dennoch auf die folgenden beiden Bände.Hier geht es zu Band 2:"Die Jahre der Entscheidungen"