Barbara Vinken spürt dem Rückgriff auf die alttestamentarischen Schreck-Motive der »Großen Hure Babylon« und der Götzenverehrung im naturalistischen Roman des 19ten Jahrhunderts nach. Anhand von Guy de Maupassants Roman »Bel-Ami« demonstriert sie, wie der Götzendienst - von dem sich das christliche Bürgertum als abgegrenzt und emanzipiert verstanden wissen will - eben diesem als verdecktes, verdrehtes, verdrängtes Fundament zugrunde liegt.Mythologisch/theologisch aufgeladenen Metaphern (Jagd und Fischerei) auf der Fährte, verfolgt das Buch die Wiederkehr von Mythos, Kult und Idolatrie in der aufgeklärten, naturalistischen Literatur. Dabei tritt - mitten in Paris - der »Orient« als symbolisch übercodiertes Leitmotiv auf, das der Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse dient. Die Demaskierung kolonialer und sexueller Ausbeutung treibt Vinken durch ein metaphorisches Dickicht, in dem Sakrales und Profanes, Ornamentales und Vulgäres, Tugend und Sünde als Mutter/Hure, Décor/Schmutz, Schmuck/Fleck, Gott/Götze ineinander verflochten, verzerrt gespiegelt und verkehrt sind.
Inhaltsverzeichnis
PARIS DER INNERE ORIENT
GEORGES DUROY, SOHN BABELS
MADELEINE: SONNEN- UND PHALLUSKULTE
NIMROD, JÄGER WIDER DEN HERRN
BEUTE MACHEN: DIE KOLONISIERUNG VON PARIS
ORIENTALISMUS: DIE VERSCHLEIERUNG DER HURE BABYLON
HOMME/FILLE DILDOS/GODEMICHÉS
AUSGEFALLEN: LE NOM/NON DU PÈRE
SAINT DENIS UND MADELEINE
GOTTMENSCH
DER ANTICHRIST, EIN MENSCHENFISCHER