In Charles Dickens' Roman Oliver Twist dreht es sich um den gleichnamigen Waisenjungen, der ohnehin schon einen schweren Start ins Leben hat. Die ersten Jahre seines Lebens verbringt er im Elend des Armenhauses, gerät anschließend in die Gesellschaft allerhand schlechter Menschen und landet schließlich sogar in den Fängen einer hinterhältigen Bande Kinderdieben. Doch Oliver findet auch Freunde in dieser Welt. Die Bösewichte Fagin und Sikes sind ihm aber weiterhin auf den Fersen, genauso wie der geheimnisvolle Mr Monks, denn Oliver umgibt scheinbar ein größeres Geheimnis...Hm. Ich weiß irgendwie nicht ganz, wie ich das Buch einordnen soll. Einerseits hab ich mich an sehr vielen Stellen durch das Buch regelrecht durchkämpfen müssen, andererseits halte ich weniger als vier Sterne für unfair gegenüber der Qualität des Buches. Vielleicht lag mein Problem auch daran, dass ich die dtv-Übersetzung hatte, die ich jetzt mal nicht in die Bewertung einfließen lasse, weil das hier freilich nicht die richtige Ausgabe ist. Ich will sie dennoch ansprechen, weil mich die Übersetzung der Dialoge etwas irritiert hat. Dass Fagin in seiner Rolle als Juden-Karrikatur (dazu kommen wir noch) jiddisch spricht, halte ich zwar für einen guten Einfall, dass Nancy berlinert und Noah Claypole schwäbelt, wirkt dann doch aber eher deplatziert und stört sehr den Lesefluss. Die Handlung selbst hat ein paar Knackpunkte, fesselt aber dennoch und Dickens würzt das Ganze noch mit dem nötigen Humor, damit es nicht zu sehr ins Deprimierende abschweift. Denn dafür dass sein Protagonist noch ein Kind ist, spart der Roman nicht mit finsteren Seiten, schließlich schockierte er die Leser damals regelrecht mit seinem Realismus. Gerade das Kapitel über Oliver beim Leichenbestatter verdeutlicht das. Manchmal empfand ich das aber auch als etwas störend, zum Beispiel turnte es mich irgendwann ab, dass alle paar Seiten gebechert wurde. Aber gut. Wenn das damals so gewesen ist. Allgemein weiß ich nicht ganz, wie ich das Buch einordnen soll. Qualitativ ist es natürlich gut, hat einem sehr lieben Protagonisten, denn man nach nur ein paar Seiten sofort adoptieren möchte und wartet neben sehr vielen sympathischen Charakteren (Der Brownlow-Haushalt und das Haus der Maylies) auch mit sehr grässlichen Bösewichten auf. Ob einem das Buch gefällt, ist wohl Geschmackssache, ob man mit sehr düsterem Realismus klarkommt und natürlich auch ob man offenen Antisemitismus in historischem Kontext zumindest "tolerieren" kann. Ich kann es ja im Kontext lesen, aber das Buch ist wirklich extrem antisemitisch, also seid ich hier vorsichtig.