Besprechung vom 14.01.2021
Wandern entlang des Stacheldrahts
Dieser alpine Weitwanderweg führt auf viele Gipfel. Aber nur indirekt hat das mit der guten Aussicht zu tun, vielmehr waren die hohen Berge strategisch wichtige Punkte im Stellungskrieg 1915-1918. Der "Sentiero della Pace" folgt dem Verlauf der Front, an der sich Österreicher und Italiener im Ersten Weltkrieg bekämpften. Etwa hundertfünfzigtausend Soldaten kamen dort ums Leben, bis zu zwei Drittel von ihnen sind erfroren, wurden unter Lawinen verschüttet, starben durch Steinschlag oder stürzten ab. Der Rother Wanderführer beschreibt ausführlich die fünfundvierzig Etappen des siebenhundert Kilometer langen Wegs vom Stilfser Joch bis nach Sexten. Die Informationen sind gut aufbereitet, übersichtlich, kurz gefasst, mit Kartenausschnitten, einem Höhenprofil, Wegbeschreibungen. Bleibt nur die Frage, warum man diesen Weg gehen sollte. Fünfundvierzig Tage lang an den Horror dieses Krieges erinnert zu werden, immer wieder Stacheldraht und Schützengräben zu sehen, immer wieder das Leid, das Leiden und das Sterben in den Bergen vor Augen geführt zu bekommen - möchte man so unterwegs sein? Sicherlich darf dieser Irrsinn nie vergessen werden, aber eine einzelne Etappe führt den Kriegshorror ausreichend vor Augen. Danach möchte man eher unbeschwert auf Nachbarberge steigen.
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"Sentiero della Pace. Auf dem Friedensweg vom Vinschgau in die Dolomiten" von Romy Robst. Bergverlag Rother, Oberhaching 2020. 240 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Karten. Broschiert
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