Walter F. Otto (1874-1958) war ein klassischer Philologe, der mit seinen in viele Sprachen übersetzten Göttern Griechenlands (1929) international bekannt wurde. Seine ungewöhnlich weit ausgreifenden Forschungen hatten zum Ziel, über eine bloß ästhetisch-künstlerische Wertung der Homerischen Götterwelt hinaus zu den religiösen Kräften vorzudringen, aus denen die unvergleichliche Kulturblüte des klassischen Griechenland hervorgegangen ist. Anstatt ein naives und von rational-utilitaristischen Vorurteilen geprägtes Bild des späteren 19. Jahrhunderts auf die Antike zu übertragen und damit unserem heutigen Verständnis anzupassen, zeigt Walter F. Otto überzeugend, welche Bedeutung die griechischen Götter für die Menschen jener Zeit besaßen: Sie verstanden sie als Offenbarungen des Seins und zugleich, ganz konkret, als Übersetzungen des Olympischen ins menschliche Dasein.