Feministische Lektüre muss nicht trocken sein. Es gibt sehr viele gute Romane, die die Rolle der Frauen in der Gesellschaft thematisieren. Sie bereichern den Diskurs, indem sie den Blick für Dinge schärfen, die wir vielleicht für selbstverständlich erachtet haben oder die außerhalb unserer eigenen Lebensrealität geschehen. Neben unseren Tipps zu feministischen Sachbüchern und inspirierenden und vergessenen Frauen, in denen wir vor allem Sachbücher und Essays empfehlen, widmen wir uns hier feministischen Romanen. Wir empfehlen Ihnen unsere 10 Favoriten, die unseren Horizont erweitern und neue Perspektiven eröffnen.
1. Mareike Fallwickl: Und alle so still
(211Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint.

Darum lieben wir dieses Buch: Manche kennen vielleicht den Vorgänger von Mareike Fallwickl "Die Wut, die bleibt". In ihrem neuen Buch "Und alle so still" wagt sie ein Gedankenexperiment und stellt unser System auf den Kopf. Was passiert, wenn Frauen nicht mehr das tun, was sie immer getan haben? Wir lieben diesen fulminanten feministischen Roman, der einen Nerv trifft und scheinbar Selbstverständliches in Frage stellt.
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2. Cho Nam-Joo: Kim Jiyoung, geboren 1982
(461Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Kim Jiyoung lebt am Rande der Metropole Seoul. Die Mittdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn sie schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Ihr unglücklicher Ehemann schickt sie zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung, denn ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht.

Darum lieben wir dieses Buch: "Kim Jiyoung, geboren 1982" gibt uns Einblicke in die patriarchalen Strukturen Südkoreas. Der feministische Roman ist in Form eines Berichts geschrieben und wird durch wissenschaftliche Belege in den Fußnoten untermauert. Die Alltagsmisogynie, mit der die Protagonistin Kim Jiyoung konfrontiert ist, macht zum Teil wütend und zeigt, wie es um den Feminismus in anderen Ländern bestellt ist. In Südkorea war das Buch ein Bestseller und wurde über eine Millionen Mal verkauft.
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3. Susanne Matthiessen: Lass uns noch mal los
(6Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Kreuzberg war schon immer anders: wilder, anarchischer, frauenbewegter. Und in vielem früher dran. In den Achtzigern kämpften Susanne und ihre Freundinnen zwischen brennenden Barrikaden. Sie wollten anders leben als das spießige Westdeutschland mit seinen Kleinfamilien und Kiesauffahrten. Mehr als dreißig Jahre später ist Kreuzberg immer noch ein Ort für Träume aller Art, doch die große Freiheit trägt jetzt ein Preisschild in Euro. Für die alten Vorreiterinnen wird es langsam eng. Nun kämpfen sie gegen den Abstieg. Bis Susanne und ihre Freundinnen eine Revolution von unten starten. Ganz wörtlich.

Darum lieben wir dieses Buch: Susanne Matthiessen widmet sich in ihrem Roman ihrer eigenen Generation, den Boomern, und reflektiert darüber, wie es ist, als Feministin alt zu werden. Vor allem der Blickwinkel aus der Sicht von Frauen im Alter von 60+ ist bereichernd und trägt zu mehr Diversität in der aktuellen feministischen Literatur bei. Ein rebellisches Buch, das empowert und Lust auf Krawall und Remmidemmi macht.
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4. Mirrianne Mahn: Issa
(171Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Eigentlich will Issa diese Reise gar nicht antreten. Schwanger sitzt sie im Flugzeug nach Douala, angetrieben von ihrer Mutter, die bei der bevorstehenden Geburt um das Leben ihrer Tochter fürchtet. In Kamerun, dem Land ihrer Kindheit, soll sie den heilsamen Weg der Rituale gehen, unter den Adleraugen ihrer Omas. Doch so einfach ist das alles gar nicht, wenn man in Frankfurt zu Schwarz und in Buea zu Deutsch ist. Der Besuch wird für Issa eine Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte und der Gewissheit, dass sowohl Traumata als auch der unbedingte Liebes- und Lebenswille vererbbar sind.

Darum lieben wir dieses Buch: "Issa" gibt tiefe Einblicke in die deutsch-kamerunische Geschichte und Kultur. Wir lernen fünf verschiedene Frauen kennen, die über mehrere Generationen miteinander verbunden sind. Angefangen von ihrer Ur-ur-Großmutter, Enanga, die zur Kolonialzeit lebte, und von den deutschen Besatzern berichtet, bis hin zu Issa selbst. Eine berührende und lehrreiche feministische Lektüre über Identität und das Streben nach Selbstbestimmung.
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5. Suzie Miller: Prima facie
(37Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Das Gesetz ist dazu da, ALLE Menschen zu beschützen. Oder? Tessa Ensler ist die auffälligste unter den jungen Strafverteidiger:innen Londons. Sie entstammt nicht einer jener angesehenen Familien mit old money. Sie hat sich aus einem Klima häuslicher Gewalt befreit und aus der Arbeiter:innenklasse hochgearbeitet. Heute verteidigt sie unter anderem Männer, die wegen sexueller Übergriffe angeklagt sind. Ihre Art, Zeuginnen - die mutmaßlichen Opfer - ins Kreuzverhör zu nehmen, ist legendär und wird zu ihrer Eintrittskarte in den inner circle der Anwaltskammern. Es scheint, als hätte sie es geschafft. Doch dann passiert etwas, das ihren Glauben an das Gesetz tief erschüttert, und sie entscheidet sich, selbst in den Zeug:innenstand zu treten.

Darum lieben wir dieses Buch: "Prima facie" - auf Deutsch: "Dem ersten Anschein nach" ist ein sehr bewegende Geschichte über einen ungewollten Perspektivwechsel. Die Anwältin Tessa Ensler - sonst Verteidigerin für meist männliche Angeklagte in Sexualstrafverfahren - wird plötzlich selbst Opfer einer Vergewaltigung. Ein kluger Roman, der ein Rechtssystem anklagt, das von Männern gemacht wurde und die Perspektive von Frauen außen vor lässt. Übrigens: Der Erfolg des Theaterstücks von Suzie Miller (das als Vorlage für den Roman diente) hat in England bereits für Reformvorschläge gesorgt.
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6. Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie
(652Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show "Essen um sechs" wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände.

Darum lieben wir dieses Buch: Wir wären alle gerne ein bisschen mehr wie Elizabeth Zott. Sie ist schlagfertig, humorvoll und lässt sich von niemandem die Butter vom Brot nehmen. Für ihren Debütroman "Eine Frage der Chemie" erhielt Bonnie Garmus zahlreiche Preise und er wurde zum Nr. 1 Bestseller. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war die Autorin bereits 65 Jahre alt. Allein diese Tatsache macht so viel Mut und zeigt, dass man - ganz unabhängig vom Alter und der Erfahrung - alles schaffen kann.
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7. Caroline Schmitt: Liebewesen
(198Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Lios Körper ist ihr Albtraum, daran ändert auch ihr Freund Max nichts. Als sie ungeplant schwanger wird, starrt sie nicht nur fassungslos auf den positiven Test, weil jemand wie sie doch gar nicht schwanger werden kann, sondern auch auf das Ende einer mühsam erarbeiteten Normalität. Sie ist unfähig, Max von der Schwangerschaft zu erzählen, und genauso unfähig, diese zu beenden. Während das Kind in Lios Bauch wächst, prasseln Erinnerungen auf sie ein: an ihre kalte Mutter, ihren hilflosen Vater und an all das andere, das sie für immer vergessen wollte. Zum ersten Mal stellt sie sich ihrer Vergangenheit - und riskiert damit, dass alles zusammenbricht.

Darum lieben wir dieses Buch: Neben dem unglaublichen coolen Cover lieben wir auch die Geschichte, die mit jedem Klischee bricht und von kaputten Körpern und Seelen erzählt. "Liebewesen" ist das Debüt von Caroline Schmitt und sprüht neben all der Komplexität und Tiefe auch vor Witz und scharfen Dialogen. Ein absolut unromantischer, feministischer Liebesroman, der vor Realismus nur so strotzt.
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8. Beatrice Salvioni: Malnata
(103Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Unter der sengenden Sonne der Lombardei im Jahr 1935 begegnet Francesca zum ersten Mal Maddalena, die von allen im Ort nur "Malnata" genannt wird: "Die Unheilbringende". Francesca - zu Konformität und Gehorsam erzogen - ist sofort fasziniert von dem barfüßigen Mädchen, dessen Hände immer schmutzig sind, die Augen voller Trotz. Entgegen allen Warnungen freundet sich Francesca mit Maddalena an und lernt mit der Zeit, den Lügen der Erwachsenen zu misstrauen. Doch in einer Gesellschaft, die keinen Platz hat für weibliches Freiheitsdenken, ist jedes falsche Wort und jede unfolgsame Tat eine Gefahr.

Darum lieben wir dieses Buch: "Malnata" ist ein wortgewaltiger feministischer Roman, der den Vibe des faschistischen Italien der 30er Jahre gut einfängt. Die unerschrockene Malnata hat uns sehr inspiriert und daran erinnert, wie wichtig es ist, für die Freiheit und gegen die Unterdrückung zu kämpfen. An dieser Stelle möchten wir außerdem darauf hinweisen, dass das Buch einige Gewaltszenen, u. a. sexualisierte Gewalt, sehr detailliert darstellt.
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9. Heidi Furre: Macht
(136Bewertungen)15
Taschenbuch
Darum geht es: Liv ist Pflegerin, Mitte dreißig und führt ein scheinbar perfektes Leben in einem Osloer Einfamilienhaus. Sie liebt ihren Mann Terje und ihre beiden Kinder Rosa und Johannes. Aber was kaum jemand weiß, nicht einmal ihr Mann: Liv ist vor Jahren vergewaltigt worden. Der Gang zum Zahnarzt ist für sie eine Herausforderung; wenn sie nachts von der Bushaltestelle nach Hause läuft, muss sie Terje anrufen. Überall lauert die Angst. Liv bemüht sich, die Oberfläche frei von Kratzern zu halten. Auch wenn sie hinter der Fassade damit beschäftigt ist, ihr Trauma zu bewältigen: Sie will die Opferrolle nicht annehmen. Der Vorfall liegt ein halbes Leben zurück, warum soll er immer noch bestimmen, was sie im Hier und Jetzt tut

Darum lieben wir dieses Buch: Diese feministische Lektüre sensibilisiert für Menschen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind und zeigt auf, welche Folgen eine Vergewaltigung für Betroffene hat. Während oft die Täterperspektive im Zentrum steht, konzentriert sich Heidi Furre auf das Innenleben einer Überlebenden. Harte Kost, aber ein wichtiger Beitrag zu einem langfristigen Perspektivwechsel. Durch den nüchternen Schreibstil von Heidi Furre bleibt das Buch weit weg von Effekthascherei und hat damit eine umso größere Schlagkraft.
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10. Jessamine Chan: Institut für gute Mütter
(219Bewertungen)15
Buch (gebunden)
Darum geht es: Frida ist überfordert: Ihr Baby Harriet schreit und schreit und alles, wonach sich die alleinerziehende Mutter sehnt, ist eine halbe Stunde Ruhe und etwas Zeit für sich. Als sie das kleine Mädchen für eine Stunde unbeaufsichtigt zu Hause lässt, ruft ein Nachbar die Polizei. Was dann folgt, ist der Albtraum einer jeden Mutter: Frida verliert das Sorgerecht und wird in eine Besserungsanstalt gesteckt. Im Institut für gute Mütter soll sie mithilfe einer KI-Puppe lernen, was es heißt, eine gute Mutter zu sein. Ein Jahr totaler Überwachung, Strafen und unmenschlicher Lektionen nimmt seinen Lauf.

Darum lieben wir dieses Buch: Diese Dystopie geht an die Substanz und legt den Finger in die Wunde. In einer Gesellschaft, in der von Müttern alles abverlangt wird, während Väter für jede Kleinigkeit gelobt werden, ist dieser bitterböse Roman Balsam für die Seele. Ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit und hochaktuelle feministische Literatur. Unbedingt lesen!
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