MEINUNG:Ich bin auf das Strong Female Character aufmerksam geworden, weil es in dem von mir geschätzten Pola Verlag erschienen ist und ich mich auch für Personen mit Neurodivergenz, wie z.B. Autismus interessiere.Ich habe Fern sofort ins Herz geschlossen. Ihre Geschichte ist sehr steinig und meinen Augen auch an vielen Stellen traumatisch. Strong Female Character ist meinen Augen ein Erfahrungsbericht. Als roten Faden habe ich so ein bisschen Ferns Leben in zeitlicher Abfolge gesehen. Es beginnt im Hier und Jetzt mit ihrer Diagnose und geht dann weiter über die verschiedenen Stationen im Leben, die (fast) jeder von uns durchläuft, aber die für Fern doppelt so schwierig sind. Es hat mich beim Lesen oft geschmerzt, was sie alles durch machen musste, nur weil man in jungen Jahren keine Diagnose für sie hatte. Mir gefielen auch die kulturellen Einblicke, in die katholische-schottische Erziehung und Prägung, mit der ich mich, obwohl die Autorin und ich fast gleich alt sind, nicht ganz identifizieren konnte. Es war aber die Erklärung für einiges im Verhalten der Eltern von Fern. Allerdings konnte ich ihnen nur schwer verzeihen, dass sie Fern auf Grund ihres vermeintlichen Fehlverhaltens auf die Straße gesetzt haben. Es hat mich vieles geschmerzt, von was Fern beschrieben hat, aber das tat mir besonders weh. Sie beschreibt die Beziehung zu ihren Eltern allerdings immer sehr ehrlich und beschönigt nichts. Trotz ihrer Unwissenheit um Ferns Autismus, hat vor allem die Mutter dennoch versucht hinter ihr zu stehen.Spannend fand ich auch, wie Fern mit vor Augen führte, wie absurd manchmal unser soziales Gefüge ist, wie z.B. dass man aus Höflichkeit lügt, um niemanden zu verletzten oder Dinge in irgendwelchen Redewendungen und Sprüchen zu verpacken. Ich persönlich findet Ferns offene und schonungslose Direktheit würde manchmal auch nicht schaden, denn durch dieses ganze Höflichkeitskonstrukt, fällt es mir auch als neurotypische Person manchmal wirklich schwer, zu unterscheiden, ob es jemand wirklich mit einem gut meint oder ob das nur oberflächliche Höflichkeit ist. FAZIT:Ferns Geschichte in Strong Female Character zeigt, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose und wie wichtig dafür Forschung an diesem Thema ist, um ein einigermaßen normales Leben führen zu können. Denn sie schreibt auch ganz ehrlich, dass einige Menschen mit Autismus auch ihr Leben lang in der Psychiatrie bleiben müssen, dass sie dauerhaft von Suchtmitteln abhängig sein können und so ihrer Gesundheit und ihrem Leben schaden. Leider wird auch deutlich, dass unsere Gesellschaft für solche Personen wie Fern nicht vorbereitet ist und dass sie es immer schwer haben werden. Umso wichtiger, dass es mehr Lebensgeschichten wie die von Fern gibt.