Von diesem Roman über Elisabeth vom Thüringen war ich sehr angetan. Der Schreibstil ist herrlich farbig und lebhaft, ich war sofort in der Handlung drin und dies setzt sich durch das Buch auch fort. Der Autorin gelingt es ausgezeichnet, die Welt des frühen 13. Jahrhunderts auferstehen zu lassen, man sieht Burgen, armselige Unterkünfte, Landschaften und auch die Menschen direkt vor sich.Die Geschichte Elisabeths wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, insbesondere durch die - fiktive - Gisa, Zofe und Kindheitsfreundin Elisabeths. Das ist eine gelungene Perspektive, wir erleben die zeitgenössische Sicht, ganz nah an Elisabeth dran, aber eben doch von einer anderen Person, die Elisabeth mit Liebe und trotzdem auch manchmal mit rationaler Distanz betrachtet. So erhalten wir ein umfassendes und lebhaftes Bild dieser faszinierenden und verstörenden Person.Einige Passagen sind aus Sicht des auktorialen Erzählers berichtet, auch diese sind schön lesbar. Dann gibt es zwischendurch noch einige Dokumente (Briefe, Tagebücher, etc), die teilweise tatsächliche historische Schriften sind, teilweise fiktiv. Diese haben mir weniger zugesagt, denn sie sind in dem damals üblichen Deutsch verfasst, was natürlich zum Thema passt und Authentizität hineinbringt, aber leider nicht leicht zu lesen war. Gerade die recht ausführlichen fiktiven Kreuzfahrtstagebucheinträge eines Ritters werden aufgrund des Schreibstils doch recht zäh und tragen zudem nicht wirklich etwas zur eigentlichen Geschichte bei. Das war mein anderer Kritikpunkt, mir wurden hier zu viele Themen hineingepackt. Die Autorin erklärt im Nachwort, sie habe ein umfassendes Bild der Zeit Elisabeths schildern wollen, was an sich eine gute Idee ist. Mir war es aber einfach zu viel für ein Buch, dessen Fokus nun eben die Geschichte Elisabeths ist. Die Kreuzzüge werden in großer Ausführlichkeit geschildert. Außerdem gibt es eine weitere Erzählperspektive: jene von Primus, einem armen Bauernjungen. Dies soll den Kontrast zum Leben des Adels schildern, die Armut jener, die Elisabeths Hilfe suchten. Auch dies ist an sich eine gute Idee, nahm aber zu viel Raum ein. Insbesondere auch deshalb, weil Primus' anfängliche Kapitel sich inhaltlich sehr ähneln und es viele thematische Wiederholungen gibt. Auch Primus' Aufstieg war für mich nicht ganz glaubhaft. Überhaupt nimmt die Autorin sich einige historische Freiheiten (auf die sie im Nachwort hinweist). Die Lebensgeschichte Elisabeths ist interessant und ungewöhnlich genug, nun wird aber noch eine Art Räuberpistole draufgepackt - ihr Mann wird hier ermordet, es gibt Komplotte, ketzerische Treffen, dunkle Affären, die obligatorische Liebesgeschichte und einiges mehr, was an sich nicht schlecht ist, aber für diese Geschichte nicht notwendig ist und sie eher überfrachtet. Ich hätte auf all diese Passagen recht gerne verzichtet. Schön erzählt sind sie aber allemal.Die Autorin hat sich intensiv mit Elisabeth beschäftigt und liefert uns so ein fundiertes, tiefgehendes Psychogramm dieser Frau. Es liest sich teilweise geradezu verstörend, wie Elisabeth handelt und denkt, und wie sie immer tiefer in ihren "Wahn" (so wirkt es manchmal) hineingleitet. Wir sind bei dieser Reise hautnah dabei. Es gibt in diesen über 500 Seiten keine Längen, ich war stets gebannt und die Charaktere berührten mich. Sie sind herrlich lebendig geschildert. Auch die historischen Informationen und Details zeugen von fundierter Recherche und sind zudem ausgezeichnet in die Handlung eingebunden.Ich habe dieses Buch sehr genossen und viel daraus gelernt. Ein wenig mehr Fokussierung auf Elisabeths Geschichte hätte mir mehr zugesagt, aber das ist letztlich Geschmackssache. Wer eine gekonnt geschilderte Reise in das 13. Jahrhundert machen und durch unterhaltsame Lektüre auch noch einiges lernen möchte, dem kann ich dieses Buch wärmstens ans Herz legen.