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Elizabeth Finch

Roman

250 Lesepunkte
Hörbuch CD
25,00 €inkl. Mwst.
Zustellung: Mo, 07.10. - Mi, 09.10.
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Eine Hommage an die Philosophie

Neil, gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann, besucht im Abendstudium eine Vorlesung zu Kultur und Zivilisation und ist fasziniert von der stoischen und anspruchsvollen Professorin Elizabeth Finch. Er hat zwar immer wieder Affären, doch prägt das Ringen um ihre Anerkennung sein Leben. Auch nach Beendigung des Studiums bleiben die beiden in Kontakt. Als sie stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und stürzt sich in ein Studium von Julian Apostata, der für Elizabeth Finch ein Schlüssel für die Bedeutung von Geschichte an sich war: Der römische Kaiser wollte im 4. Jahrhundert das Christentum rückgängig machen. Wer war Julian Apostata? Und was wäre passiert, wenn er nicht so jung gestorben wäre?

Frank Arnold wurde 2014 mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet. Er schätzt das Werk von Julian Barnes sehr und hat von ihm bereits die Romane Der Lärm der Zeit, Die einzige Geschichte und Der Mann im roten Rock eindrucksvoll als Hörbücher umgesetzt.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
30. November 2022
Sprache
deutsch
Auflage
1. Auflage, Ungekürzte Ausgabe
Ausgabe
Ungekürzt
Laufzeit
410 Minuten
Autor/Autorin
Julian Barnes
Übersetzung
Gertraude Krueger
Sprecher/Sprecherin
Frank Arnold
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
englisch
Produktart
MP3
Audioinhalt
Hörbuch
Gewicht
90 g
Größe (L/B/H)
139/135/8 mm
GTIN
9783839819838

Portrait

Julian Barnes


Julian Barnes, 1946 in Leicester geboren, arbeitete nach dem Studium moderner Sprachen als Lexikograph, dann als Journalist. Von Barnes, der zahlreiche internationale Literaturpreise erhielt, liegt ein umfangreiches erzählerisches und essayistisches Werk vor, darunter

Flauberts Papagei

,

Lebensstufen

und

Der Lärm der Zeit

. Für seinen Roman

Vom Ende einer Geschichte

wurde er mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Julian Barnes lebt in London.


Frank Arnold, Regisseur, Schauspieler und Dramaturg, arbeitete u. a. mit Luc Bondy, George Tabori und Peter Stein zusammen. Seine Stimme hat er bereits vielen erfolgreichen Hörbüchern geliehen. 2014 wurde er als »Bester Interpret« mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet.


Pressestimmen

»Frank Arnold als Sprecher tastet sich mit dem Erzähler hörbar irritiert durch das Verwirrspiel. Auch er ist ein Suchender, und seine Stimme erlaubt es vielen philosophischen Ideen, in den Köpfen der Hörer weiterzutanzen.« Beatrix Lampe, Kölner Stadt-Anzeiger

»Frank Arnold, Schauspieler und Hörbuchsprecher höchster Qualität, hat den Text eingelesen, ihm gelingt es mit seiner ruhigen Tonart, zunächst die Neugier auf diese auf den ersten Blick verschlossene Frau zu wecken und gleichzeitig die Lebenslügen des männlichen Erzählers zu entlarven.« Kathrin Jütte, Zeitzeichen

»Der Interpret Frank Arnold zeigt sich als Meister seines Fachs in diesem schwierigen Wechsel zwischen Bildungsroman, Vorlesung und Zwiegespräch.« Jury hr2-Hörbuchbestenliste, HR

»Sprecher Frank Arnold verleiht der Erzählung mit seiner schnörkellos wie sensiblen Stimme die nötige Grundierung, um Barnes' unterschwellige Ironie zum Leben zu erwecken.« Björn Eenboom, Galore

»Frank Arnold hat sich die Stimmen der Figuren und Betonungen fein ausgearbeitet. Geht ins Ohr, bleibt im Kopf.« Katja Kraft, Münchner Merkur

Besprechung vom 15.12.2022

Geschichtslektüren aus der Asche des Lebens
Fast eine Liebesgeschichte und beinahe ein Epochenbild: Julian Barnes' Roman "Elizabeth Finch"

Ist dieses Buch wirklich ein Roman? Vielleicht kommt man ihm am ehesten nahe, wenn man es als eine Hommage betrachtet. Neil, ein Mann vorgerückten Alters - er hat graue Haare und zwei gescheiterte Ehen hinter sich -, erinnert sich an die Frau, bei der er vor Jahrzehnten - nach der ersten Ehe und einer missglückten Karriere als Schauspieler - ein Erwachsenenseminar über "Kultur und Zivilisation" belegt hat. Gleich auf der ersten Seite des Buchs hat sie ihren Auftritt. Sie tritt ans Pult, kündigt den Zuhörern an, sie werde sie "nicht mit Fakten vollstopfen wie eine Gans mit Mais", erwarte aber "Rigorosität" und nennt ihren Namen: Elizabeth Finch.

Dann folgt, was in einem Theaterstück als längere Regieanweisung gelten könnte. Mrs. Finch trägt feste Halbschuhe zu gestreiften Seidenblusen und knielangen Röcken, "im Sommer mit Kellerfalte, gewöhnlich marineblau, im Winter Tweed". Sie raucht. Sie hat Migräne. Ihre Sprache ist förmlich, ihr Satzbau grammatisch perfekt. Und - hier geht die Beschreibung in Handlung über - sie liebt es, Mythen zu dekonstruieren. Religiöse Mythen, Nationalmythen, Mythen des Alltags. Die elftausend Jungfrauen der heiligen Ursula? Es waren wohl nur elf. Die historische Menschheitsmission der Briten? In Amerika hielten sie länger Sklaven als die Amerikaner selbst. Am heftigsten hadert Elizabeth Finch mit der Sexualmoral des Christentums. "Monotheismus, Monogamie, Monotonie" bilden für sie die unheilige Trias der Lebensfeindlichkeit.

Die meisten Seminarteilnehmer sind von Elizabeth Finchs Unterricht eher moderat begeistert. Anders Neil: Er bleibt seiner Dozentin auch nach dem Ende des Zweitstudiums treu. Jedes Jahr trifft er sich zwei-, dreimal mit ihr in einem Restaurant, und sie reden über die Dinge des Lebens. Irgendwann muss Mrs. Finch die Treffen aus Krankheitsgründen absagen. Kurz darauf ist sie tot. Nach ihrer Beerdigung erfährt Neil, dass er ihre Papiere und ihre Bibliothek geerbt hat, und lernt ihren Bruder Christopher kennen, einen rundlichen weißhaarigen Mann, der ebenso durchschnittlich ist wie er selbst. Dann liest er die Notizen der Verstorbenen.

Inzwischen sind fast hundert Seiten vergangen, und man rätselt noch immer, worauf Julian Barnes mit dieser Geschichte hinauswill. In "Der Mann im roten Rock", dem Buch, das vor "Elizabeth Finch" erschienen ist, hat Barnes eine historische Figur, den französischen Frauenarzt Samuel Pozzi, dazu benutzt, mit eleganter Leichtigkeit das Porträt eines Zeitalters zu skizzieren. Davor hat er in "Die einzige Geschichte" ebenso virtuos die Liebesbeziehung zwischen einem jüngeren Mann und einer älteren Frau geschildert. "Elizabeth Finch" enthält Elemente aus beiden Büchern, ohne sie erzählerisch zwingend zu verbinden. Der frisch geschiedene Neil schwärmt, wie seine Freundin Anna rasch errät, nicht nur rein intellektuell für seine Geschichtslehrerin, aber eine Beziehung entsteht dennoch nicht daraus. Dafür ergibt sich aus den Aufzeichnungen, die Elizabeth Finch hinterlassen hat, ein Schreibprojekt, aus dem durchaus ein Epochenbild aus weit entfernten Zeiten hätte werden können. Doch bei ihrem Schüler Neil reicht es nur zu einem Essay.

Der füllt den Mittelteil des Buches. Es geht um Julian Apostata, den letzten heidnischen Kaiser des Römischen Reiches, und wenn man weiß, dass die frühen Christen in dem Toleranzpolitiker Julian den gefährlichsten Feind ihres Glaubens sahen, ist man schon mitten in der Gedankenwelt von Elizabeth Finch. Der Kaiser, der im Jahr 363 auf einem Feldzug gegen die Perser starb, wollte die alten lokalen Kulte in ein universales synkretistisches Glaubenssystem einbinden und so den Wahrheitsanspruch des Christentums aus dem Feld schlagen. Montaigne, Voltaire, Gibbon und Ibsen haben Julian gepriesen, Swinburne hat ihm ein berühmtes Klagegedicht gewidmet, und selbst Hitler bramarbasierte in seinem Hauptquartier über den Apostaten, dessen antike Weisheit man "in Millionen verbreiten" müsse.

Dies alles und viele weitere Lese- und Gedankenfrüchte hält Barnes' Erzähler auf knapp sechzig Seiten fest. Das Problem ist, dass in dieser Zeit die Geschichte von Neil und Elizabeth Finch gleichsam stillsteht. Als sie im dritten Teil des Buches wieder einsetzt, wirkt sie wie ein Nachtrag zu dem vollendeten Liebeswerk des Julian-Aufsatzes. Noch einmal erhebt sich ein Hauch erzählerischer Spannung, als Neil zu Anna reist, die inzwischen in einer holländischen Kleinstadt lebt, um Erinnerungen an das Seminar auszutauschen und womöglich alte Leidenschaften aufzuwärmen. Aber aus der Asche des Lebens steigt keine Glut mehr auf, und auch die Spur eines Liebhabers, mit dem Christopher Finch seine Schwester einmal am Bahnhof gesehen haben will, endet im Nichts. Zuletzt erfahren wir noch, dass Elizabeth einmal Opfer einer Pressekampagne wurde, nachdem sie in einem öffentlichen Vortrag heidnische und christliche Körpervorstellungen miteinander verglichen hatte.

Das ist so unglaubwürdig, dass es schon fast wieder Stoff für eine eigene Erzählung böte. Vor allem aber zeigt es, wie verzweifelt sich der Autor Barnes darum bemüht, seine Heldin für den Leser interessant zu machen. Doch es gelingt nicht. Elizabeth Finch ist eben kein Flaubert, und der brave Neil ist mindestens zwei Nummern kleiner als der Landarzt Geoffrey Braithwaite aus Julian Barnes' berühmtestem Roman.

Am Ende seines Julian-Essays gesteht der Erzähler ein, er sei in den Romanen von Michel Butor und Gore Vidal über den spätrömischen Kaiser leider nicht weit gekommen. Im Fall von Vidals "Julian" muss man diese Lesefaulheit bedauern. Denn bei dem Amerikaner, der sein 1962 erschienenes Geschichtspanorama als Briefwechsel zwischen dem syrischen Rhetor Libanios und dem athenischen Philosophen Priskos angelegt hat, hätten Neil und sein Autor erfahren können, wie ein moderner historischer Roman aussehen kann. Es ist das Buch, das "Elizabeth Finch" nicht geworden ist. ANDREAS KILB

Julian Barnes: "Elizabeth Finch". Roman.

Aus dem Englischen von Gertraude Krueger. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2022. 240 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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