Schönwald geschrieben und gelesen von Philipp Oehmke, erschienen im tacheles!/ROOF Music Verlag als ungekürzte Auflage am 26. Juli 2023.
Die Familie Schönwald trifft sich zur Eröffnung eines Berliner queerfeministischen Buchhandels mit Namen They/Them. Statt Party gibt es fliegende Farbbeutel von Demonstranten, die behaupten, dass der Laden mit Geld, welches der Großvater im Nationalsozialismus angespart hat, eröffnet wurde.
Im realen Leben gab es tatsächlich einen Angriff auf eine Neuköllner Buchhandlung, wo die Aktivisten der Besitzerin vorgehalten haben, das Geschäft mit Geld eines Menschen mit Nazihintergrund eröffnet zu haben. Immer wieder blitzt der Angriff auf den Buchladen im Roman auf, aber eigentlich ist die Familie Schönwald, nach Außen eine Bilderbuchfamilie, in Wirklichkeit völlig dysfunktional das Thema des Buches.
Jeder kommt an die Reihe und im Laufe des Romans erleben wir, wie eine Familie sich entwickeln kann, die den Zeitgeist umsetzt und deren Ziel es ist, dem zu entsprechen, was die Gesellschaft von ihnen erwartet.
Immer wenn man denkt, zu wissen wie es weiter geht, reißt der Autor das Steuer herum, und wir sitzen auf einer Achterbahn, die plötzlich nicht mehr langsam ausrollt, sondern uns mit einem Ruck in eine völlig andere Richtung zerrt, als wir das erwartet haben.
Die Liste der Protagonisten ist kurz, und alle sind so ichbezogen, dass man gar nicht erst den Versuch startet jemanden davon zu mögen. Hauptpersonen sind der Ex-Prof. Christopher Schönwald und seine Mutter Ruth, die irgendwann aus ihrer vorgegebenen Rolle als Hausfrau ausbricht und doch noch beruflich durchstarten will, aber wie das ausging, kann man sich am Beginn des Buches schon denken.
Der Autor stochert mit viel Humor in deutscher Vergangenheit und ihrer Nichtbewältigung, der Rolle, die die Familienmitglieder zu spielen haben und dem amerikanischen Fake-News Phänomen mit spitzer Feder rum.
Am Anfang hat mir der Vortrag von Philipp Oehmke gut gefallen, aber irgendwann scheint er die rechte Lust am Vorlesen verloren zu haben, was ich sehr schade fand. Als Buch sehr zu empfehlen, als Hörbuch nur eingeschränkt.