Das Hauffsche Märchen vom Kalif Storch, gelesen und untermalt mit Salonorchester-Musik, ist eine Kostbarkeit. Christian Brückner bleibt als Vorleser ganz zurückhaltend. Er lässt die Sprache und den Duktus des wundersamen Textes ganz selbst wirken. Dadurch gewinnt das Kunstmärchen nicht nur für hör- und lesegeübte Erwachsene seine Faszination, sondern führt mit aller Unmittelbarkeit gerade auch Kinder in die poetische Welt der Sprache hinein. Sie tauchen in das träumerische Spiel vom verführerischen wie gefährlichen Tausch von Gestalt und Person, auf das sich der Kalif mit seinem Großwesir da einlassen, und mit ihnen, in der Regel ohne es recht zu merken, seine Leser und Hörer auch. Bei einem Tonträger geht es vor allem ums Hören, und deshalb ist die Musik, die die 13 Leseabschnitte mit jeweils ähnlich langen Impressionen unterbricht, keineswegs bloß untermalend, sondern sensibel und wohl gewählt ausgestaltet. Es sind Präziosen erst kürzlich wieder entdeckter, ansonsten kaum bekannter Salon-Komponisten. Da wiegen uns Stücke von Messager in den leicht melancholischen Abenteuerzustand, wenn noch niemand weiß, wie die Geschichte ausgehen wird, da fangen Klanggeschichten die morgenländische Atmosphäre der Storch-Erlebnisse ein, um die Hörer zum Höhepunkt zu führen, und wenn das anmutige Stück von Chaminade im Anschluss an die Rettung aus der Verwandlung uns hinein schmelzen lässt in die ganze Sinnlichkeit dieses Märchens, dann wissen wir, was Sehnsucht ist - die Sehnsucht die uns aus dem Alltag heraus in andere Welten führt.
Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)