[CW: rassistisch motivierter Anschlag]
Politik hat sich für mich immer extra fremd und weit entfernt angefühlt. Als ich gelernt habe, was "politisch links" oder "rechts" bedeutet, haben Leute Wörter wie "liberal" oder "neoliberal" verwendet und ich hatte immer das Gefühl, hinterherzuhängen, was verpasst zu haben - ich hatte immer irgendwie das Gefühl, dass ich nichts Wichtiges beitragen könnte.
Ich kann mich an den 13. März 2020 erinnern, ein Freitag, als der Lockdown beschlossen wurde - aber nicht an den 19. Februar 2020, als:
Ferhat Unvar
Hamza Kurtovi
Said Nesar Hashemi
Vili Viorel Pun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov
Fatih Saraçolu
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin
in Hanau von einem Rechtsextremisten ermordet wurden.
In "Der Tag, an dem ich sterben sollte" erzählt Said Etris Hashemi seine Lebensgeschichte. Es geht erstmal darum, wie er aufgewachsen ist, welche Menschen ihm wichtig sind, es geht um seine Träume und Ziele. Um ein Leben, in dem er seinen Weg gefunden hat, trotz eines Systems, was ihn immer wieder durchfallen lassen will.
Dann ist der 19. Februar 2020. Der Tag, an dem er überlebt hat, aber Bekannte und Kindheitsfreunde und Familie verloren hat.
Die Zeit danach, gefüllt mit Trauer, in der er und die Menschen um ihn herum Dinge sehen und miterleben mussten, die niemand sehen und miterleben sollte. In der sie aufgestanden sind und Schritt für Schritt eine neue Stimme finden mussten, um für Gerechtigkeit einzustehen. Weil niemand anderes es sonst getan hätte, allem voran nicht das deutsche Rechtssystem.
Von dem Anschlag in Hanau zu lesen, von den Details, war schon auf Instagram heftig, aber aus der Sicht von Said Etris Hashemi war es nochmal viel emotionaler. Es fällt mir sehr schwer, meine Gedanken in Worte zu fassen, aber das Buch zu lesen war heavy hat meine Ansicht auf viele Dinge in Deutschland ziemlich geändert.
Am Ende des Tages ist es so einfach, sich eine politische Meinung zu bilden (man hat sie sowieso, aber you know what I mean). Dafür zu sein und einzustehen, dass alle Menschen ein gutes Leben führen können, einfach simply leben zu können, darum geht es doch, oder? Ab dem Punkt, an dem man sich eine Meinung gebildet hat, hat man etwas zur Konversation beizutragen. Man hat eine Stimme, wir alle haben eine Stimme. Wie wollen wir sie nutzen?
(unbezahlte Werbung/Rezensionsexemplar)