Franka ist Referandarin in München. Gemeinsam mit ihrer Klasse besucht sie den NSU Prozess vor dem Oberlandesgericht in München. Nach einer unüberlegten Äußerung eines Schülers flieht Franka überstürzt erst aus dem Gerichtsgebäude, dann aus München, zurück in ihr Heimatdorf. Die Freude über ihre Rückkehr ist verhalten, Zurück in ihrem einstigen Jugendzimmer rollt sie die Erinnerungen und weit zurück liegende Familiengeheimnisse auf.
"Unter Grund" ist ein eingängiger Roman über eine Jugend auf dem Land in unserer heutigen Zeit, in dem längst überwundenes Gedankengut weiterhin alltäglich ist. Frankas Großmutter, von allen nur die Fuchsin genannt, spielt hier keine unerhebliche Rolle. Als Kind genießt Franka den Respekt, den die Menschen vor ihrer Großmutter zu haben scheinen, doch mit deren voranschreitender Demenz wird Franka klar, dass die Nachbarn ihre Großmutter eher verachten und meiden. Nun blickt Franka zurück, nicht allzuweit von ihren Mittzwanzigern in ihre Jugend, als ihr Vater starb und sie den Halt verlor. Als ihr bester Freund seine erste Freundin hatte und Franka statt mit ihm immer häufiger Zeit mit Patrick und Janna verbrachte. Wie sie Janna dafür bewunderte, dass sie ihren ganzen Frust über Aggression ausließ. Und wie Franka dabei immer tiefer in die rechte Szene abrutschte, nur um sich irgendwo zugehörig zu fühlen. Franka beschäftigt sich mit ihrer Schuld ohne dabei wirklich Verantwortung übernehmen zu wollen. Die zentrale Frage dabei ist, ab wann Jugendliche ihre Taten verstehen können und dafür Verantwortung übernehmen müssen. Bis wohin gehen jugendliche "Streiche" und ab wann sind sie politische Straftaten? Und wie kann gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit überhaupt als Spaß angesehen werden?
Zeitgemäßer könnte ein Roman kaum sein und erfrischend finde ich, dass er nicht in Ostdeutschland spielt, sondern zeigt, dass solche Geschichten überall stattfinden können und rechtes Gedankengut überall im Land gärt. Franka ist eine nahbare Protagonistin, auch wenn man ihre Handlungen und ihren Umgang mit ihrer Schuld wenig nachvollziehen kann. Gleichzeitig ist der Roman schonungslos, zitiert auch mal hier und da einschlägige Texte, Lieder und Filme, die man vielleicht gar nicht lesen wollte. Man spürt Beklemmung und ein Bedrohungsgefühl, wenn Franka sich mit den Dorfnaz*s trifft, so gut hat die Autorin diese Situationen beschrieben. Der Roman widmet sich weniger möglichen Lösungen, sodass man hier etwas unbefriedigt zurückbleibt. Auch Frankas Ausstieg wird nur kurz thematisiert. Dennoch ist dieser Debütroman beeindruckend und hallt lange nach.