Fern Brady ein Name, der hierzulande wohl kaum jemandem etwas sagt. Fern Brady eine Frau, deren bisheriger Lebensweg lesenswert und ungemein lesbar ist. Warum? Weil, die aus Schottland stammende Stand-up Comedian mittlerweile genau das ist, was der Titel ihrer Autobiographie und Auseinandersetzung mit Autismus und Sexismus besagt: ein Strong Female Character der Weg dorthin war allerdings alles andere als leicht.
Mit scharfsinnigem Humor und schmerzhafter Selbstironie durchleuchtet Brady ihre Kindheit, Jugend, Studienzeit und beginnende Berufstätigkeit. Erst sehr spät wird die Diagnose Autismus gestellt, Brady hat zu dem Zeitpunkt schon jahrelang unter unerklärlichen meltdowns gelitten, viel Zeit in der Psychatrie verbracht, ihre überforderten Angehörigen hatten ihr mehrfach den Rücken gekehrt und sie hinausgeworfen. Weitestgehend auf sich selbst gestellt, durchlebte sie (toxische) Zweckbeziehungen, geriet in abstruse und bedrohlich anmutende Situationen und arbeitete in schlecht bezahlten und wenig angesehenen Jobs.
Mit entwaffnender Offenheit, bewundernswerter, fast schon abgeklärt anmutender Distanz und ohne jeden Anflug von Selbstmitleid leistet Fern Brady wichtige Aufklärungsarbeit, indem sie ihre Entwicklungsschritte und ihr Verhalten betrachtet, analysiert und ab und an in den Kontext zu vorhandener Literatur über Autismus stellt. Dabei wird klar: Autismus stellt die betroffene Person schon vor eine schier unendliche Fülle von Herausforderungen, handelt es sich bei der Person aber um eine Frau, potenzieren sich diese noch einmal deutlich. Wie auf vielen Gebieten der Medizin ist auch die bei Autismus die weibliche Seite kaum erforscht, er äußert sich bei Frauen anders als bei Männern und führt bei Fern Brady zu teilweise selbstschädigendem Masking und zu Verhaltensinterpretationen, die sie vielleicht noch leichter als andere Frauen zum Opfer von Sexismus werden lassen, obwohl letzterer auch so schon in Bradys Umfeld, ihrer Vergangenheit und vor allem auch in ihrem heutigen Beruf als Comedian sehr weit verbreitet ist. Schonungslos, aber erstaunlicherweise überwiegend urteilsfrei, rückt Brady das mangelnde Wissen zu weiblichem Autismus und das sexistische Verhalten von Männern, die Objektifizierung von Frauen sowie die Reduzierung auf das Äußerliche in den Mittelpunkt. Dadurch, dass sie sich mit angebrachter und beißender Kritik zurückhält und eher Sachverhalte und Fakten fast nüchtern schildert, haben solche Szenen und Erlebnisse noch sehr viel mehr Wucht. Dazwischen gibt es aber immer wieder auch komische Szenen und trockene Kommentare. Trotz des sehr ernsten Themas gelingt es Brady, den Leser auch immer wieder gut zu unterhalten.
Fern Brady ist ein faszinierender, lehrreicher und sensibilisierender Einblick in das Spannungsfeld zwischen Autismus und Sexismus gelungen, der gleichzeitig den Umgang unserer Gesellschaft mit Menschen seziert, die nicht den Anforderungen an normgerechtes Verhalten entsprechen.