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Kenji Yamamine kommt in den Besitz der legendären Teufelstrompete des Komponisten Suzuki. Ihr wird die Macht zugeschrieben, Menschen zu begeistern und zu fanatisieren. Bei Recherchen auf den Philippinen trifft Kenji die junge Anh. Sie verlieben sich, Anh folgt ihm nach Tokio, wo sie gewaltsam stirbt. Neben der Trauer um Anh wird Kenji von einer rätselhaften religiösen Sekte verfolgt, die die Trompete für ihre Zwecke nutzen will. Was Kenji jetzt noch bleibt, ist, das Rätsel der Trompete zu lösen und sich mit der Welt in Liebe zu versöhnen.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
20. März 2024
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
582
Autor/Autorin
Fuminori Nakamura
Übersetzung
Luise Steggewentz
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
japanisch
Produktart
gebunden
Gewicht
438 g
Größe (L/B/H)
186/123/35 mm
ISBN
9783257072853

Portrait

Fuminori Nakamura

Fuminori Nakamura, geboren 1977 in Tokai, studierte Öffentliche Verwaltung und Staatsverwaltung an der Universität Fukushima. 2002 erschien sein Debüt Ju ( Der Revolver ). Inzwischen hat er in Japan über ein Dutzend Romane veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Fuminori Nakamura lebt in Tokio.

Pressestimmen

»Fuminori Nakamura ist der preisgekrönteste japanische Jungschriftsteller. Er schreibt magische, unterkühlte Romane. Fuminori Nakamura ist Hochliteratur. Das nächste große Literaturding nach Haruki Murakami. Das Tokioter Wunderkind.« Elmar Krekeler / Die Welt, Die Welt

»Unterhaltsam, rasant und erstaunlich du ster, dazu mehr als nur ein klein wenig mystisch. Und vor allem: Literarisch oszilliert es zwischen Realität und Fiktion und ist ominös bis zum Ende.« Alexander Kluy / Buchkultur, Buchkultur

Besprechung vom 06.05.2024

Des Teufels Trompeter
Fuminori Nakamuras sperriger Thriller "Die Flucht"

Zwei Kirchen markieren die geographischen Koordinaten, zwischen denen der japanische Thrillerautor Fuminori Nakamura in "Die Flucht" seine Erzählwelt aufspannt: der Kölner Dom, der wie durch ein Wunder nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt über der zerbombten Stadt aufragte. Und das einst größte christliche Gebäude der Asien-Pazifik-Region, die Urakami-Kathedrale in Nagasaki, die die Atombombe am 9. August 1945 dem Erdboden gleichmachte. Zwei unter den abgelagerten Sedimenten der Geschichte vergrabene Kriegsschauplätze in zwei Ländern, in denen heute politische Vertrauenskrisen das Wiedererstarken rechter Positionen begünstigen.

Nakamura, international bekannt für hochliterarische Spannungsromane wie "Der Revolver", nimmt in seinen Essays und Zeitungskolumnen immer vehementer regierungskritisch Bezug auf diesen Wandel, und in diesen Tenor stimmt auch sein neuestes Werk ein. Das wird nicht erst offensichtlich, als sich Nakamura im Nachwort auf eine Weise erklärt, die seiner Hauptfigur in Wortwahl und Tonfall ähnelt: Kenji Yamamine, linker Zeitungsreporter und Sachbuchautor, kommt in den Besitz der sogenannten Teufelstrompete, der nachgesagt wird, mit ihrem besonderen Klang eine Einheit japanischer Soldaten im Pazifikkrieg in fanatischen Wahn getrieben zu haben. Auf der Flucht vor einer geheimnisvollen Sekte, die das Instrument zur politischen Einflussnahme nutzen will, versteckt er sich zunächst in Deutschland. Doch der Kölner Dom erweist sich nicht als der erhoffte Zufluchtsort.

"Die Flucht" ist einer in Japan bedeutenden literarischen Tradition gemäß ursprünglich als Fortsetzungsgeschichte in regionalen Tageszeitungen erschienen. Im fertigen Roman lässt sich die Publikationshistorie noch an den häufigen Stilwechseln nachvollziehen: Briefe, Träume, historische Exkurse durchsetzen den Text, der mehrfach das Register ändert, etwa zum Liebesroman wird, sobald Yamamine während einer Recherchereise auf den Philippinen der jungen Anh begegnet. Sie folgt ihm nach Japan und stirbt bald darauf eines gewaltsamen Todes, woraufhin sich die Klangfarbe ein weiteres Mal ändert: Ein von Anh erdachtes Romanprojekt vervollständigend, beginnt Yamamine mit einer Art Chronik der Christenverfolgung in Japan.

Er schildert vom Shogunat niedergeschlagene Rebellionen, die damals gängigen Folterpraktiken und spannt alsbald den Bogen nach Nagasaki, wo eine christliche Gemeinde über Jahrhunderte im Verborgenen ausharrte. Das Finale von "Die Flucht" leiten die Memoiren des Nachwuchsmusikers Suzuki ein, der die legendäre Teufelstrompete während des Krieges mit besonderem Talent spielt, dabei jedoch von Feinden umzingelt im philippinischen Dschungel und geplagt von Zweifeln an der Göttlichkeit des Tennos selbst dem Wahn zu verfallen droht. Das alles unter dem Eindruck von Yamamines eigener Flucht vor übermächtigen, gesichtslosen Häschern und ihren grausamen Ultimaten.

In seinem Einzelgängertum, seiner wachsenden Paranoia und ungebrochenen Hingabe an eine verlorene Geliebte erinnert Kenji Yamamine unweigerlich an die Protagonisten Haruki Murakamis, dessen zuweilen als unjapanisch gebrandmarkter Stil ihn in seiner Heimat regelmäßig zur Zielscheibe literarischer und politischer Traditionalisten werden lässt. Fuminori Nakamura nimmt diese Referenzen, nimmt über Jahrhunderte gegenwärtigen Fanatismus und Fremdenfeindlichkeit sowie die heutige, in "Die Flucht" allgegenwärtige Krisenstimmung in seinem Land zum Anlass, laut darüber nachzudenken, welche Art des Geschichtenerzählens er überhaupt noch für geboten hält.

Seine Konsequenz daraus scheint eine radikale Abkehr von Gefälligkeit zu sein, von Geschichten, die vorhandene Weltsichten nur weiter bestätigen. Mit "Die Flucht" wird er diesem Eigenanspruch gerecht, diesem im besten Sinne sperrigen Großprojekt, in dem sich einzelne Kapitel wie ein Sachbuch lesen und andere knapp an der Phantastik vorbeischrammen, in dem die schiere Menge an Zeitsprüngen, historischen Anekdoten und Verweisen einen wieder und wieder zu überwältigen droht. "Ich hätte das alles gar nicht wissen wollen", beschwert sich ein Leser an einer Stelle über Yamamines unangenehme Wahrheiten offenlegendes Sachbuch "Menschen, die am Krieg verdienen". Aber für Fuminori Nakamura ist Nichtwissen keine Option. KATRIN DOERKSEN

Fuminori Nakamura: "Die Flucht". Roman.

Aus dem Japanischen von Luise Steggewentz.

Diogenes Verlag, Zürich 2024. 592 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon awogfli am 09.07.2024
Ich mag den Autor schon länger, gerade wegen seiner kurzen, knackigen pointierten Geschichten wieDer Revolver(Buch angehängt an die Rezi). Dieses Mal hat sich Nakamura an einem Epos probiert, es teilweise unterstützt mit Geschwätzigkeit umgesetzt, die ich nicht so gerne mag und das lässt mich ein ganz kleines bisschen ambivalent zurück.Der Einstieg in die Story ist furios, ganz Nakamura-mäßig, ich mag es, wenn mich AutorInnen einfach mitten in die Geschichte werfen. Das Werk hat in den ersten Kapiteln sehr viel von einem französischen Noir-Krimi: mysteriöse Figuren, Verfolgungsjagd, Flucht durch mehrere Länder, eine magische Teufelstrompete aus dem Zweiten Weltkrieg, auf die es mehrere, rivalisierende gewalttätige Banden abgesehen haben und ein linker Journalist manens Kenji Yamamine im Besitz der Trompete, der in Köln und anderen europäischen Städten ständig von unterschiedlichen Leuten verfolgt und bedroht wird.Nach dem rasanten Einstieg wird in Rückblenden erzählt, wie unser Protagonist in diese mysteriöse Situation gekommen ist. Hier macht die enorme Geschwindigkeit des Plots nach etwas mehr als hundert Seiten fast eine Vollbremsung und die Leserschaft dümpelt in einer 30km/h Beschränkung im stop and go Tempo in einer Baustelle herum. Obwohl die Geschichte schlüssig und gut ist, wurde beim Beiwerk episch breit übertrieben, ausufernde Artikel, mäandernde politische gesellschaftliche Analysen, historische Dokumente, zitierte sehr lange Briefe, Buchrezensionen.... Nicht dass mich solche Hintergrundinformationen prinzipiell stören würden, aber sie sollten mit Augenmaß eingesetzt werden, die Story im Vordergrund vor allem unterstützen und nicht komplett überwältigen. Das war für mich zu viel, fast schien es so, als ob der Autor den Fokus für seinen Plot im Vordergrund völlig verloren hätte.Das märzt sich zwar irgendwann nach ungefähr vierhundert Seiten recht ordentlich aus und die Schnipsel im Hintergrund ergeben auch ein ansprechendes Puzzle als Gesamtbild, der Roman ist aber trotzdem recht episch breit, wie ich es bisher nur als Modetrend in der amerikanischen, beziehungsweise englischen Literatur kenne und eigentlich überhaupt nicht liebe. Als spezieller Bonus werden sehr viele interessante Informationen vom zweiten Weltkrieg aus der Sicht der Japaner und der asiatischen Staaten präsentiert, die es zumindest bei mir nie in meine europäischen Geschichtsbücher geschafft haben, weil der Krieg bei uns ja immer deutschland- und alliierten-zentriert betrachtet wird. Das war schon sehr spannend, wie Nakamura die Gräuel der Christenverfolgungen und Kriegsverbrechen seiner Landsleute sehr unverblümt anspricht und akribisch aufarbeitet, Schritt für Schritt und so, dass es wirklich weh tut. Ich kannte solche Sichtweisen und Informationen aus erster Hand von Vietnamesen, Kambodschanern, Malaien und Thais, weil ich diese Länder schon bereist habe. Erstmals war ich ja mit dem Thema konfrontiert, als ich auf meinem allerersten asiatischen Flughafen landete - Changi in Singapur - das berüchtigte japanische Kriegsgefangenenlager im Zweiten Weltkrieg. Wie sehr die Japaner im Rest von Asien teilweise wegen ihrer Kriegsverbrechen zu dieser Zeit noch immer verachtet werden, habe ich auf meinen Reisen auch mit Erstaunen festgestellt.Im letzten Drittel der Story fällt Nakamura sein ursprünglicher Erzählstrang in der Gegenwart mit dem Schicksal unseres Protagonisten und der historischen Trompete wieder ein, und dass er sich um diesen Plot dann auch noch kümmern müsste. Das hat mich dann wieder sehr versöhnt.Sprachlich, politisch, historisch, und philosophisch beweist der Autor sehr oft sein Talent zur brillanten Analyse:Eine Revolution sollte für das Volk geschehen. Aber wir haben die Bücher mehr geliebt als die Menschen. Die Menschen haben wir verachtet. Und sobald man das tut, wird eine Revolution selbstgerecht. Vielleicht wollen wir unserer Existenz einen Sinn geben, indem wir auf andere herabschauen. Wahrscheinlich haben Menschen wie meine Freundin aus Nagasaki mit Sehnsucht, Schuldgefühlen und Verachtung dabei zugesehen, wie wir uns mit unseren hehren Idealen immer mehr von der Gesellschaft entfernten.Am Ende eines seitenlangen Verrisses meines Buches schrieb ein Leser ganz beiläufig: "Ich hätte das alles gar nicht wissen wollen."Das ist ein Satz, der für die meisten Autoren von Journalismus schwerwiegende Folgen hat. Journalismus beschäftigt sich damit, das Weltgeschehen, und zwar besonders das, das im Verborgenen liegt, aufzudecken und einer breiten Masse zugänglich zu machen. Es nicht wissen zu wollen, bedeutet das Ende des Journalismus.Fazit:Lesenswert, wer es episch breit mag, wird begeistert sein, der Rest braucht ein bisschen Durchhaltevermögen, aber nicht viel Leidensfähigkeit, denn gut geschrieben ist dieser Roman allemal.
LovelyBooks-BewertungVon ingaburg am 01.07.2024
Anspruchsvoller Roman