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Amrum

Roman | Ein leuchtender Roman über die letzten Kriegsmonate und eine Freundschaft, die alle Gräben überwindet

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Über die Verbundenheit zu einer Insel, die alles überdauert

Zwischen Heidekrautfeldern und dem endlosen Watt ist Nanning zu Hause: Amrum, die Nordseeinsel ist alles, was er kennt. Gemeinsam mit seinem besten Freund trotzt er der kargen Natur ab, was er kann, um während des Krieges für seine Familie zu sorgen. Sie jagen Kaninchen, treten Schollen und tauschen ihre Beute gegen das Notwendigste. Wenn es hart auf hart kommt, hält die Gemeinschaft zusammen, doch Nanning spürt das Misstrauen ihm und seiner regimetreuen Familie gegenüber. Mit dem Tod Hitlers brechen neue Zeiten an, und für Nanning wird sich alles ändern.
Amrum erzählt voll wilder Schönheit davon, was Herkunft bedeutet - und wie man lernt, den eigenen Weg zu gehen. Der Roman ist ein poetisches Zeitzeugnis, in dessen Kern eine zutiefst menschliche Geschichte steht.

***

»Ob als Filmemacher, Gesprächspartner oder Literat: Hark Bohm ist stets ein wahrhaft generöser Geschichtenerzähler. «
Fatih Akin


Produktdetails

Erscheinungsdatum
25. April 2024
Sprache
deutsch
Auflage
5. Auflage
Seitenanzahl
300
Autor/Autorin
Hark Bohm, Philipp Winkler
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Gewicht
368 g
Größe (L/B/H)
208/132/29 mm
ISBN
9783550202698

Portrait

Hark Bohm

Hark Bohm


wurde 1939 in Hamburg geboren und verlebte seine Kindheit auf Amrum. Er ist einer der bekanntesten Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten Deutschlands. Zu seinen größten Erfolgen zählen u. a.

Nordsee ist Mordsee

,

Yasemin

und

Aus dem Nichts

, für dessen Drehbuch er mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde.

Amrum

ist sein erster Roman, den er gemeinsam mit Philipp Winkler schrieb.

Philipp Winkler


, 1986 geboren, studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim. Sein Debütroman

Hool

wurde von der Kritik begeistert aufgenommen und stand auf der Shortlist für den Detuschen Buchpreis. Heute lebt und arbeitet er als freier Autor auf dem Niedersächsischen Land.


Pressestimmen

»Leser werden bei der Lektüre in diesem Sommer mit einem Roman belohnt, der vor allem wegen seiner genauen Naturbeschreibungen und jener Passagen, in denen der Krieg in diese scheinbare Idylle einbricht, lesenswert ist. « Tobias Lentzler, Die Zeit

»Hark Bohm schreibt über die letzten Kriegstage aus Sicht eines Jungen auf Amrum wie er sie selbst erlebte. « Peter Zander, Berliner Morgenpost

»"Amrum" ist ein Erinnerungsroman: wehmütig, bitter, insbesondere in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, warm und vor allem eine Hommage an die Insel. « Katja Weise, NDR Kultur

»Und von dieser Ahnung, dass da etwas nicht stimmt mit seiner Familie, dem Erwachen und Aufbrechen erzählt Amrum , der erste Roman des Regisseurs und Schauspielers Hark Bohm. Eine Legende des deutschen Autorenfilms. « Tobias Rüther, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

»Ein Buch, das von der Verbundenheit zur nordfriesischen Insel erzählt. « Fehmarnsches Tageblatt

Besprechung vom 28.04.2024

Eine Insel am Ende des Kriegs

"Amrum" heißt der erste Roman des Filmemachers Hark Bohm. Er erzählt die dramatische Geschichte einer Kindheit, die vielleicht seine eigene ist.

Von Tobias Rüther

Sie gingen als Friesen und kommen als Amerikaner wieder. Und sie sind da zwar auch immer noch Friesen, irgendwie: Aber jetzt stecken sie halt in den Uniformen der US Army.

Diese amerikanischen Friesen besetzen also die Insel hoch im Norden, von der sie stammen. Und auf der ihre Familien noch immer leben. Amrum, Mai 1945: Hitler hat sich in seinem Führerbunker umgebracht. Das Deutsche Reich hat kapituliert. Diese Nachrichten erreichen jetzt auch die Insel vor der Westküste von Schleswig - für die einen sind es gute, für die anderen schlechte. Die einen atmen auf, weil der Horror endlich vorbei ist. Die anderen, die gläubigen Nazis von Amrum, müssen jetzt zusehen, dass sie die Spuren ihres Horrors verwischen. Papiere werden verbrannt, Sprachregelungen gefunden. Es sind Nazis wie Hille Hagener, die Mutter des 10-jährigen Nanning. Dessen Vater Wilhelm wird sofort von den Besatzern verhaftet, er ist SS-Obersturmführer und Autor nationalsozialistischer Besinnungsliteratur. Nanning kennt seinen Vater kaum, liebt aber seine Mutter und würde alles für sie tun, aber er ahnt auch, nach und nach, in diesem Frühling 1945, dass da etwas nicht stimmt mit seiner Familie. Und von dieser Ahnung, dem Erwachen und Aufbrechen erzählt "Amrum", der erste Roman des Regisseurs und Schauspielers Hark Bohm. Eine Legende des deutschen Autorenfilms. Am 18. Mai wird Bohm 85 Jahre alt.

"Amrum" erzählt also vom 10-jährigen Nanning Hagener, von seiner hochschwangeren Mutter, seinem Freund Hermann, seiner aufrechten Tante Ena und seinem nach Amerika ausgewanderten Onkel Theo, der jetzt als G. I. auf die Insel zurückkehrt. Der Roman erzählt das alles in einem einsilbigen, leisen, leidenschaftlichen Ton, aus dem man immer wieder das norddeutsche Timbre Bohms herauszuhören glaubt. Ein Timbre, das man, hat man es einmal gehört, ebenso wenig vergisst wie Bohms markante Physiognomie. Der Mann sah halt immer so aus wie die Geschichten, die er in seinen Filmen erzählt hat, sie handelten meist von Idealisten im Kampf gegen das System. Von Aufrechten, von Aufbrechern, davon, dass mit Vernunft und Leidenschaft die Sachen schon gut ausgehen werden und dass aber die zur Verantwortung gezogen werden müssen, die sie in den Sand gesetzt haben.

Dass Hark Bohm Geschichten inszenieren und spielen kann, wusste man schon immer: Sein Film "Nordsee ist Mordsee" von 1976, die Geschichte von Uwe und Dschingis, die mit dem geklauten Segelboot etwas Besseres als den Tod finden, ist der deutsche Filmklassiker des internationalen Coming-of-Age-Genres. Wann immer der Regisseur Bohm dann aber auch selbst vor der Kamera auftrat, wie in so gut wie allen entscheidenden Fassbinder-Filmen beispielsweise - dann waren das zwar meist Nebenrollen. Die Eindringlichkeit aber, die Bohm seinen Figuren verlieh, wirkte nach. Im Laufe der Zeit waren oft Juristen, Direktoren unter diesen Figuren, Leute mit Autorität (Bohm war im echten Leben auch Filmprofessor in Hamburg). Leute, die man mehr respektiert als liebt. Bohm hat es seinem Publikum nie leicht gemacht.

Die Entstehungsgeschichte des ersten Romans in der langen Karriere des Hark Bohm ist aber auch nicht leicht zu erzählen. Denn Hark Bohm ist sehr krank. Und das hat die Fertigstellung seines literarischen Debüts erschwert. Vor einiger Zeit, als es Bohm noch besser ging, hat er ein Drehbuch geschrieben, das aus den Erinnerungen an seine Kindheit auf Amrum schöpft. Die Geschichte wird jetzt fürs Kino verfilmt von Fatih Akin, die Dreharbeiten haben in dieser Woche begonnen, Diane Kruger wird dabei sein, Laura Tonke, Lisa Hagmeister, Detlev Buck. Mit Fatih Akin hat Bohm schon oft zusammengearbeitet, bei dessen Romanadaptionen wie "Der goldene Handschuh" und "Tschick" oder der NSU-Geschichte "Aus dem Nichts". Und jetzt wollten die beiden also die Geschichte von Nanning erzählen.

Das Drehbuch zu "Amrum" bekam in der Frühphase dieses neuen Projekts Arnulf Conradi in die Hände, der gemeinsam mit Elisabeth Ruge vor 30 Jahren den Berlin Verlag gründete. Conradi las begeistert - und erklärte seinem Freund Hark sofort: Aus der Geschichte musst du auch einen Roman machen! Und so begann Bohm, an einem literarischen Text zu schreiben, aufbauend auf den Dialogen, die er für seine Geschichte von Nanning, hinter der sich seine eigene verbarg, schon geschrieben hatte.

Bis Bohms Gesundheit die Arbeit am Manuskript bald aber nicht mehr zuließ. Der Roman sollte trotzdem unbedingt fertig werden. Auf Vermittlung von Elisabeth Ruge, die mittlerweile eine Literaturagentur leitet, kam dann der Schriftsteller Philipp Winkler ("Hool") ins Spiel. Gemeinsam mit Hark Bohm und unterstützt von dessen Ehefrau Natalia, begann dann ein kollektiver literarischer Schreibprozess, in dem Winkler, nach intensiven Gesprächen mit Bohm, nach einem gemeinsamen Besuch der beiden auf Amrum, für die Zwischenräume und Hintergründe, die Tiefen und Details der Geschichte sorgte. Um das Gerüst der Dialoge herum, die Bohm für sein Drehbuch geschrieben hatte. Wenn man mit Winkler über diese Arbeit spricht, dann klingt es so, als hätte ihm Bohm mit seinen Erzählungen die Hand beim Schreiben geführt. Im gedruckten Text jedenfalls ist zwischen Bohms Dialogen und Winklers Passagen kein Tonwechsel zu erkennen.

In dieser Geschichte von Nanning und seiner Familie sind gleich mehrere andere angelegt. Einmal die Geschichte eines Kriegsendes in der deutschen Provinz. Und auch wenn Amrum wie eine weit entfernte Insel wirkt, ist dieses Ende doch repräsentativ. Hunger. Der Opa, der heimlich Feindsender hört. Ein toter englischer Kampfpilot am Strand. Denunziation noch in den letzten Minuten des Tausendjährigen Reichs. Die ersten Vertriebenen, die aus dem Osten ankommen. Die HJ exerziert weiter. Im Volksempfänger singt eben noch Ilse Werner, dann wird sie unterbrochen: "Es wird soeben gemeldet, dass unser Führer Adolf Hitler, im Befehlsstand der Reichskanzlei bis zum letzten Atemzug kämpfend, gefallen ist."

Da schlägt, schreibt Bohm, der "Blitz" in die Küche der Hageners ein. Die Mutter erstarrt, die Tante wirft das letzte Brikett, das sie noch haben, in den Ofen, reißt das Führerbild von der Wand und wirft es hinterher in die Glut. Die Schwestern schreien sich an. Nanning steht dazwischen. So oft ist dieses Kriegsende und das, was darauf folgte, als "Stunde null" beschrieben worden, für den Amrumer Jungen hat sie wirklich geschlagen, mit zehn Jahren. Er muss eine Lösung finden. Er liebt die Mutter. Die Mutter liebt Adolf Hitler.

Das ist die erste Geschichte, die "Amrum" erzählt. Die zweite handelt von der nordfriesischen Auswanderung in die Vereinigten Staaten, die noch bis in die Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts anhielt - eine Auswanderung aus Armut. Erst mit dem wachsenden Tourismus auf Amrum und Föhr änderten sich die Verhältnisse dort. Wie arm die Inseln waren, mag man kaum glauben, wenn man Amrum und Föhr heute sieht, deutsche Traumreiseziele mit reetgedeckten Häusern und endlos weißen Stränden und Tee und Rosinenstuten. Dass es deutsche "Wirtschaftsflüchtlinge" noch gegeben hat, als das "Wirtschaftswunder" anderswo im Westen schon angebrochen war, ist in Vergessenheit geraten (jedenfalls auf dem "Festland", würden die Leute von Amrum und Föhr sagen). Bohms Roman holt diese Tatsache wieder ins kulturelle Gedächtnis zurück. Und wäre sie dort bis heute fester verankert, dann würde dieser Begriff vielleicht nicht mehr so leichtfertig benutzt, um Menschen abzustempeln, die aus Not aus ihrer Heimat fliehen, um in Deutschland etwas Besseres zu finden.

Dort, wo der Gerechtigkeitssinn des Regisseurs Hark Bohm sich sonst oft laut und deutlich in dessen Filmen gemeldet hat, ist der Roman aber viel leiser. Diese Verbindung beispielsweise zwischen der Flucht damals und der von heute muss man schon selbst ziehen. Die Männer von Little Amrum auf Long Island, von denen Nanning nur aus Erzählungen hört, bis er sie dann in ihren Army-Uniformen mit eigenen Augen sieht: Für den Zehnjährigen ist das mehr eine Abenteuergeschichte aus einer sagenumwobenen Ferne der Selbstbestimmung und Freiheit. "Amrum" lässt Kinder Kinder sein, und das merkt man nicht nur daran, wie der Roman auf Nanning blickt, der seine Mutter liebt, die stahlharte Nationalsozialistin. Man spürt es auch im Humor der Dialoge. Nanning hat auch einen kleinen Bruder, der Macker genannt wird, eine ziemliche Nervensäge für den älteren der beiden. "Zum Geburtstag möcht' ich 'n Messer", sagt Macker einmal am Mittagstisch.

"Wozu das denn?"

"Dass ich 'n Messer hab."

Tante Ena scheucht die Jungs vor die Tür. "Und nu raus, die Tiere."

Überhaupt sind Nanning und sein Freund Hermann auf Abenteuer aus. Ihre Jagd nach Kaninchen in den Dünen, das geklaute Segelboot, mit dem die beiden auf Schollenfang gehen, ein lebensgefährlicher Lauf durchs Watt zur Nachbarinsel Föhr, nur für ein Glas Honig: Eigentlich sind all das Dramen des Hungers, für die beiden Jungen aber Aufbrüche ins Erwachsenwerden, rites de passage. Das ist die dritte Geschichte dieses Romans, von zwei Freunden, die gemeinsam groß werden, und die vierte ist, dass es Hark Bohms eigene Geschichte ist.

Ist sie das wirklich? Wenn man Arnulf Conradi fragt, den Freund Bohms, und Philipp Winkler, den Mitschreiber von "Amrum", dann sprechen die davon, wie Bohm, um seine Figuren zu erklären, aus eigenen Erinnerungen schöpft, Fotos von damals zeigt, Winkler mit nach Amrum nimmt (genau wie er Fatih Akin dorthin mitnahm, um Schauplätze zu zeigen). Und Arnulf Conradi weiß sogar, wie Hermann in Wirklichkeit heißt, denn Hark sei mit ihm bis heute befreundet (und er sei auch nach Amerika ausgewandert, aber zurückgekehrt). Aber wenn man dann weiter nachfasst, ob Bohm hier eine Art Selbstvergewisserung versucht habe, der Blick zurück, dann sprechen beide: vom "Stoff". Es sei der Stoff, der ihren Freund Hark gereizt habe. Und ob der aus eigenen Erinnerungen gewebt sei, darum sei es gar nicht gegangen.

Hark Bohm hat auf drei Fragen nach seinem Debütroman schriftlich antworten können.

Wenn Sie zurückschauen auf die Amrumer Jahre: Sehen Sie erst die Figuren in der Landschaft und dann die Landschaft, oder ist das untrennbar?

Wenn man als Kind an einem Ort wie Amrum aufwächst, wird der natürlich irgendwann zu einer Selbstverständlichkeit. Mit der Freundschaft ist das ebenso. Gleichzeitig wächst mit der Zeit aber auch das Gefühl, dass es etwas Besonderes ist, Amrumer zu sein, das Meer, der ewige Wind, die Vögel. Das geht ja aus dem Roman auch klar hervor. Die Freundschaft entsteht aus der Nähe, und die ist sowohl innerlich als auch äußerlich. In diesem Falle wohnte der Freund im Nachbarhaus, und ich teilte im Grunde viele seiner Gedanken. Wie wichtig so eine Freundschaft ist, merkt man als Kind meist erst, wenn sie auseinandergeht, wenn man fortmuss.

Denkt man an Hark Bohm, denkt man automatisch: Norddeutschland. Wie wichtig waren der Tonfall, der Dialekt, die Mentalität für Ihre Arbeit?

Das Lakonische des Norddeutschen war mir immer nahe, sowohl als Amrumer als auch als Hamburger. Darin liegt eine Nüchternheit, die ich stets als gut und ehrlich empfunden habe. Deshalb gibt es in meinen Filmen auch kein Pathos (hoffe ich jedenfalls). Und die Sprache und die Haltung hinter der Sprache, das macht, glaube ich, schon einen Teil meines Wesens aus und hat sich daher auch in den Filmen ausgedrückt.

"Amrum" begann als Drehbuch und wurde dann auch zum Roman - das ist eine Premiere. Ist das nach so einer großen Karriere noch einmal etwas Besonderes für Sie: ein Buch? Ein richtig amtliches Buch?

Sie haben ganz recht: Ein Buch ist etwas Besonderes für mich. Dieser Roman ist aus einem Drehbuch entstanden, das ist richtig, aber ich beeile mich zu sagen, dass ich das Buch nicht allein geschrieben habe. Ich bin Philipp Winkler für seine Arbeit sehr dankbar. Ich glaube sehr an das Erzählerische, sowohl im Film als auch im Roman. Wie geht's weiter? Das ist immer die Frage, die ich mir stelle, wenn ich an einem Drehbuch arbeite. Wie geht's zu Ende?

Hark Bohm, Philipp Winkler: "Amrum". Roman. Ullstein Verlag, 304 Seiten

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Von Kristall86 am 10.11.2024

Ein Buch das nachhallt!

Klappentext: Zwischen Heidekrautfeldern und dem endlosen Watt ist Nanning zu Hause: Amrum, die Nordseeinsel ist alles, was er kennt. Gemeinsam mit seinem besten Freund trotzt er der kargen Natur ab, was er kann, um während des Krieges für seine Familie zu sorgen. Sie jagen Kaninchen, treten Schollen und tauschen ihre Beute gegen das Notwendigste. Wenn es hart auf hart kommt, hält die Gemeinschaft zusammen, doch Nanning spürt das Misstrauen ihm und seiner regimetreuen Familie gegenüber. Mit dem Tod Hitlers brechen neue Zeiten an, und für Nanning wird sich alles ändern. Amrum erzählt voll wilder Schönheit davon, was Herkunft bedeutet und wie man lernt, den eigenen Weg zu gehen. Der Roman ist ein poetisches Zeitzeugnis, in dessen Kern eine zutiefst menschliche Geschichte steht. Einerseits machen die Leser hier mit Autor Hark Bohm eine Zeitreise aber andererseits auch eine Art Heimatkunde auf der Insel Amrum. Bohm lässt Hauptprotagonisten Nanning erzählen. Ein Kind, welches in Kriegszeiten auf einer deutschen Insel aufwächst und die Schwierigkeiten, Folgen, Qualen aber auch gleichzeitig die Schönheit der Natur und dieser zweideutigen Einsamkeit auf einer Insel verdeutlicht. Es kann Fluch und Segen zugleich sein, wenn man so abgeschieden wohnt aber es macht auch was mit Einem wenn man so eine Zeit durchmachen muss. Nanning ist noch so jung und dennoch lastet bereits so viel auf diesen kleinen Schultern. Mit Kumpel Herrmann gehen sie jagen und fischen um überhaupt etwas Essbares auf den Tellern zu haben, um zu tauschen, um zu überleben. Der Krieg hinterlässt mehr als tiefe Spuren und als dann dieser vorbei ist, heilen diese nicht ohne Weiteres einfach so zu. Bohm beschreibt einerseits die Härte des Krieges aber wiederum auch die Schönheit der Insel selbst in diesen kalten Zeiten. Durch immer wieder gekonnte Erzählungen zeigt er die zeitgleiche schöne Natur auf in den dunklen Zeiten, es scheint immer wieder wie Lichtblicke gegen das Dunkel. Sie scheinen wie ein Rettungsanker. Bohm verdeutlicht die damalige Zeit sehr intensiv und findet stets passende Worte um die Situationen den Leser näher zu bringen. Sein Ausdruck ist rund und der Zeit ebenfalls angepasst. Fazit: Die Geschichte muss man erstmal sacken lassen wenn man sie beendet hat und ja, man sollte darüber nachdenken was man gelesen hat. Das Buch hallt nach und beeindruckt auf besondere Art und Weise! 4 sehr gute Sterne hierfür!
Von K am 27.10.2024

Das Gestern, das seinen Arm ins Heute erstreckt

Dieses Buch blickt auf Amrum und dieses Buch blickt in die Vergangenheit. Und dieser Blick hat mir ausgesprochen gut gefallen. Nanning ist die Hauptperson, er wächst in einer regimetreuen Familie auf, ist der Älteste der drei Kinder, versucht der Familie in seinen jungen Jahren zu helfen in den letzten Kriegsjahren und auch danach. Aus seiner Sicht ist das Geschehen verfasst. Und natürlich holt mich diese Sicht nicht vollständig ab. Habe ich aber auch nicht erwartet. Coming of age und ich, das ist halt so eine Sache. Dennoch hat die Geschichte etwas. Denn sie zeigt, was eine Beeinflussung mit einem Kind macht. Denn Nanning ist natürlich der Gesinnung von Vater und Mutter erlegen, sind es doch seine Eltern, die er liebt, vor denen er Achtung hat. Doch ein Glück gibt es da noch andere Menschen auf Amrum, die Nanning in seiner Findung unterstützen und seine anerzogenen Sichten ins Wanken bringen. Ich möchte hier als größte Impulsgeber seinen besten Freund Hermann nennen und seine Tante, die Schwester seiner Mutter. Beide und auch noch weitere Personen der Insel Amrum ermöglichen einen anderen Blickwinkel für Nanning, der sich logischerweise aber erst nach und nach einstellt. Man darf ja dabei nicht vergessen, dass Nanning noch ein Junge, ein Kind ist und seine Eltern seine Grundfesten sind. Die Freundschaft von Nanning und Hermann erinnerte mich etwas an Tom Sawyer und Huck Finn. Die Freunde durchstreifen gemeinsam die Insel, versuchen ihren Familien zu helfen, sind dabei längst nicht mehr die Kinder, die sie eigentlich sein sollten. Man bemerkt dieses frühe Erwachsenwerden und man bedauert den Verlust der unbeschwerten Kindheit. Die beiden Jungen tun einem leid, zeigen dabei aber recht gekonnt, wohin eine politische Verblendung führen kann. Andererseits zeigen diese Touren durch die Insellandschaft auch eine tiefe Verbindung zur Natur der friesischen Insel. Eine Liebe zu Amrum. Eine Liebe, die in mir die Lust heraufbeschwor nach Amrum zu reisen. Selbst zu sehen, wovon Bohm schwärmt. Als Deutschland dann besiegt ist und die Amerikaner nach Amrum kommen, zeigt dieses Buch was danach geschah, wie wenig dieses kleingeistige Denken verschwinden konnte und setzt damit Verbindungen zum Heute. Denn das Heute ist die Frucht aus der Saat des Gestern. Ebenso zeigt Bohm aber auch den Geist des Widerspruchs, der im Denken der Inselbewohner fest verankert war und vielleicht noch ist. Denn viele Amrumer dienten auch in der US-Army, was für mich neu war und absolut interessant ist. Ein interessantes Buch! Und auch ein wichtiges Buch. Vielleicht Lesestoff für die Schule, denn nur ein Verstehen des Gestern verhindert eine Wiederkehr, die eigentlich niemand will.