Buchinhalt:
England, 1819: Das beschauliche Fischerörtchen Sidmouth staunt nicht schlecht, als der Herzog von Kent mit seiner Familie den Winter dort verbringt zusammen mit einem großen Tross an Mitarbeitern. Drei davon sind im Gästehaus der Summerses abgestiegen und so befinden sich die drei Schwestern Viola, Emily und Sarah mittendrin. Emily, die davon träumt, Schriftstellerin zu werden, sieht sich bald inmitten eines Liebesdreiecks zwischen ihrem Jugendschwarm Charles und dem gutaussehenden Sekretär des Herzogs, James, der ihr bei Recherchen für einen Reiseführer über die Gegend hilft....
Persönlicher Eindruck:
Nahtlos an die Geschehnisse von Band 1 knüpft Autorin Klassen in diesem zweiten Band um die Sea View-Schwestern an, doch auch Neueinsteiger können den Roman gut genießen. Vorkenntnisse sind zwar gut, aber nicht unbedingt notwendig, die spannende und heimelige Handlung zu verstehen, die den Leser in ein englisches Küstenstädtchen mitnimmt. Sea View heißt die Pension, die die Summers-Schwestern mit ihrer Mutter zusammen betreiben und wird in diesem Buch Schauplatz rund um eine mitreißende Geschichte.
Der Herzog von Kent (der Vater der zukünftigen Queen Victoria) ist zu Gast in Sidmouth und so kommt es, dass sein Koch, der Tafelschmücker und sein Privatsekretär aufgrund Platzmangels in Sea View einquartiert werden. Schnell wird klar: Sekretär James hat Interesse an Emily und verbringt viel Freizeit mit ihr. Emily ihrerseits hat schriftstellerische Ambitionen und braucht ein bisschen Unterstützung im 19. Jahrhundert wird es nicht gern gesehen, dass Frauen schreiben, es sei denn Briefe. Doch Emily hat einen starken Charakter und versucht alles, ihrem Traum vom eigenen Roman ein Stück näher zu kommen.
Wer mir auch gut gefallen hat, ist die Nebenfigur des Mr. Gwilt. Der etwas schrullige ältere Mann mit dem ausgestopften Papagei war in Band 1 noch Gast von Sea View, hat inzwischen aber die Stellung eines Butlers inne und gehört mehr oder minder zur Familie. Diese Figur hat Frau Klassen wirklich toll ausgearbeitet und ihr Potential voll genutzt. Auch die anderen Charaktere haben Profil und Substanz, so dass vor dem inneren Auge quasi ein Film lebendig wird beim Lesen.
Die christliche Komponente, die zweifelsfrei vorhanden ist, ist sehr dezent und eher sparsam eingeflochten und befasst sich vorwiegend mit dem Gottvertrauen der Figuren.
Historisch verbürgte Passagen wie der Tod des Herzogs von Kent und die Begräbnisprozession wurden von der Autorin hervorragend recherchiert und die tatsächlichen mit den fiktiven Elementen gekonnt zu einem mitreißenden Roman verbunden. Es ist ganz sicher nicht der letzte der Reihe, da ich davon ausgehe, dass auch die anderen Schwestern noch ihre Hauptrolle in der Grundhandlung erhalten zudem bleibt das weitere Schicksal der ins Exil nach Schottland gegangenen, gefallenen Tochter der Familie weiterhin im Dunkeln.
Insgesamt eine absolute Leseempfehlung mit Niveau, die sich angenehm vom Mainstream des historischen Romans abhebt und auch nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt. Mir hat das Buch sehr gefallen!