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Nulluhrzug

Roman

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Eine große Parabel über die zerstörerische Kraft der DiktaturDie Siedlung Nummer 9 ist ein kleines Glied in der endlosen Kette des Gulag-Systems. Ihre Einwohner haben nur eine Aufgabe: Sie müssen täglich um null Uhr einen rätselhaften Zug passieren lassen. Niemand weiß, wohin er fährt, und was er in seinen plombierten Güterwagen befördert. Die Leute leben ihren Alltag, trotz Hunden und Stacheldraht. So verdreht die schöne, verheiratete Jüdin Esphira allen Männern den Kopf. Auch Don Domino, der als Letzter in der Siedlung zurückbleibt, ist ihr verfallen. "Nulluhrzug" ist ein gewaltiger Roman über die Gewalt von Diktaturen - bewegend und unvergesslich."Wie in Buidas "Nulluhrzug" der Einzelne zum Verlorenen im Mechanismus eines Systems wird, das er nicht durchschauen kann, erinnert an Kafka und an Platonow." Julia Franck"Ein auf brutale Weise kraftvolles Buch, das von Beckett stammen könnte, aber durchwoben ist von einer grotesken, surrealen Poesie." Time Out"Erschütternd, brillant und sehr bewegend." The Observer

Produktdetails

Erscheinungsdatum
10. März 2020
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
142
Autor/Autorin
Juri Buida
Übersetzung
Ganna-Maria Braungardt
Nachwort
Julia Franck
Weitere Beteiligte
Julia Franck
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
russisch
Produktart
gebunden
Gewicht
209 g
Größe (L/B/H)
195/123/20 mm
ISBN
9783351037857

Portrait

Juri Buida

Juri Buida wurde 1954 in Snamensk, im Kaliningrader Gebiet, geboren. Nach dem Studium in Kaliningrad war er Fotojournalist, Journalist und stellvertretender Chefredakteur einer Regionalzeitung. Seit 1991 lebt Buida in Moskau, wo er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig ist. Er veröffentlichte seitdem mehrere Romane und Erzählungen, die vielfach ausgezeichnet wurden.


Ganna-Maria Braungardt, geboren 1956, studierte russische Sprache und Literatur in Woronesh (Russland), Lektorin, seit 1991 freiberufliche Übersetzerin. Sie übertrug u. a. Swetlana Alexijewitsch, Ljudmila Ulitzkaja, Polina Daschkowa, Boris Akunin, Jewgeni Wodolaskin und Juri Buida ins Deutsche.

Ganna-Maria Braungardt lebt in Berlin.

Julia Franck, geboren 1970 in Berlin, gehört zu den wichtigsten Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur. Für ihren Roman »Die Mittagsfrau« erhielt sie 2007 den Deutschen Buchpreis, er wurde in 40 Sprachen übersetzt, im Herbst kommt die Verfilmung ins Kino. Nach »Rücken an Rücken« (2011) erschien zuletzt »Welten auseinander« (2021). Für ihr Werk wurde sie 2022 mit dem Schiller-Gedächtnis-Preis ausgezeichnet. Seit 2023 ist sie zusammen mit Rainer Wieland Herausgeberin der Anderen Bibliothek.


Pressestimmen

»In kargen Sätzen erzählt Buida vom noch kargeren Leben entlang der Gleise, von zwischenmenschlicher Kälte und Gewalt, von unhinterfragtem Gehorsam und von der vergeblichen Suche nach Sinn. « Christoph Feil, Heilbronner Stimme

»Ein monumentales Verliererstück poetisch und bildreich erzählt es von unterdrücktem, dunklem, zum Weitermachen gezwungenem Leben, das am Ende explodiert. « WDR 3

»Juri Buidas Anfang der 1990er erschienener Text ist eine Parabel über die Existenzin einem totalitären System. « Die Presse

»Buidas Prosa ist mehr als literarisches Epigonentum und rätselhaft inganz eigener Weise. « Katharina Granzin, taz. Die Tageszeitung

»Der russische Autor Juri Buida entwirft eine beklemmende Szenerie, die ebensounwirklich wie realistisch erscheint. « Andreas Förster, Berliner Zeitung

»Grimmig, poetisch und grotesk blickt Juri Buida zurück auf Stalins Zeit. « Cicero

»Beklemmend aktuell: Endlich erscheint Juri Buidas grandioser Kurzroman Nulluhrzug auf Deutsch. « Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Ein Roman der schillert und ein Spiegel unserer menschlichen Existenz. « Edith Ottschofski, Deutschlandfunk - Büchermarkt

»Juri Buidas Sprache erinnert an den magischen Realismus von Jorge Luis Borges und zugleich an die kühle Sachlichkeit von Franz Kafka. ( ) Ein kleiner, großer literarischer Gegenwartsroman. « Merle Hilbk, Märkische Oderzeitung

»Buida ist kein Mann der großen Worte, ihm genügen Andeutungen, die uns zwingen, zwischen den Zeilen zu lesen. « Christof Meueler, Neues Deutschland

Besprechung vom 20.05.2020

Der ehrenrührige Stationsvorsteher

Beklemmend aktuell: Endlich erscheint Juri Buidas grandioser Kurzroman "Nulluhrzug" auf Deutsch.

Die russische Literatur und die Eisenbahn sind eine unverbrüchliche Einheit. Das großartigste aller Abteilgespräche findet sich am Auftakt von Dostojewskis "Idiot", der eindrücklichste Schienentod am Ende von Tolstois "Anna Karenina", die skurrilste Eisenbahnfahrt in der Handlung von Wenedikt Jerofejews "Reise nach Petuschki" und die typischste aller Zugpersonalgeschichten in Puschkins "Erzählungen des verstorbenen Ivan Petrovic Belkin" - diese sogar ante festum, denn als Puschkin sie 1830 schrieb, kannte er noch gar keine Eisenbahn, weshalb die Episode auf Deutsch meist als "Der Postmeister" betitelt ist, aber es geht um einen Stationsvorsteher (wenn auch einer Pferdekutschenlinie), und alles passt genau auf das, was dann mit dem Eisenbahnpersonal kommen würde, vom ersten Satz an: "Wer hätte noch nie die Stationsaufseher verflucht, wer hätte sich noch nie mit ihnen herumgestritten?" Noch bevor in Russland die erste Eisenbahn fuhr, gab es also gewissermaßen schon die erste große russische Eisenbahngeschichte.

Die bislang letzte ist 1993 erschienen, in der renommierten Moskauer Literaturzeitschrift "Oktober". Ihr Titel lautete im Original "Don Domino", auf Deutsch heißt sie jetzt "Nulluhrzug", in Analogie zur englischen Übersetzung von 2001. Warum hat es so lange gedauert, bis dieses Meisterwerk seinen Weg zu uns gefunden hat? Und weshalb kann man den Kurzroman (130 Seiten) in die erwähnte literarische Ahnenreihe stellen?

Er war das Prosadebüt des 1954 geborenen Juri Buida, der als Journalist in Kaliningrad gearbeitet hatte und erst 1991 nach Moskau gezogen war. Seitdem hat er zahlreiche Bücher geschrieben, aber kein einziges davon wurde ins Deutsche übersetzt. In den neunziger Jahren war das Interesse an neuer russischer Literatur hierzulande nicht groß; es wurde erst einmal nachgeholt, was in der Sowjetunion klandestin oder gar nicht publiziert werden konnte. So fiel das, was in den Umbruchjahren bis zum Machtantritt Putins im Jahr 2000 publiziert wurde, mit wenigen Ausnahmen durchs Raster, und Buidas "Don Domino" hatte zudem den Nachteil, in einem unbestimmten Zeitrahmen der gerade untergegangenen Sowjetzeit angesiedelt zu sein. Angesichts des seinerzeit postulierten "Endes der Geschichte" schien auch die Zeit für Allegorien wie "Don Domino" am Ende. Julia Franck hat aber in ihrem Nachwort zur jetzigen Erstübersetzung recht mit der Feststellung, Buida habe "seinen Roman geradezu systemisch als Parabel geschrieben", was ihn auf andere diktatorische Systeme übertragbar mache. Heute ist der Text deshalb wieder von beklemmender Aktualität.

Und besser spät als nie. Denn wie könnte man als Leser auf Figuren wie den Lokomotivführer Iwan Ardabjew oder Esther Landau, die Frau des jüdischen Stationsvorstehers, verzichten, die sich nach der Lektüre in die Erinnerung eingebrannt haben werden? Schauplatz der Handlung ist die neunte Ausweichstation an einer sibirischen Eisenbahnstrecke, auf der einmal täglich, um null Uhr, ein verplombter Zug durchfährt. Keiner weiß, was er transportiert, doch alles spricht für Gefangene in den GULag. Einmal an die Station abgeordnet, verlassen Iwan und Esther und die meisten anderen Protagonisten des Figurenensembles aus Buidas Roman sie niemals wieder, während der Nulluhrzug zuverlässig durchrast. Diejenigen, die ihm zu folgen versuchen, verlieren das Leben oder zumindest den Verstand. So wird auch Iwan schließlich noch Stationsvorsteher.

Der Mikrokosmos in einer vergessenen Ecke des Sowjetimperiums wird von Buida meisterhaft inszeniert, und der Zug als alleiniger Daseinszweck der dortigen Gesellschaft hat absurde Qualitäten: "So wie du gerade von der Linie gesprochen hast, so haben die Menschen Tausende Jahre von Gott gesprochen", sagt Esther zu Iwan, und in der Tat hat Buidas Roman einiges mit Becketts "Warten auf Godot" gemein. Auch er besitzt neben existentieller Wucht überschäumende Spottlust und Drastik, hier etwa im Sexuellen.

Aber man kommt nicht umhin, auf ein anderes, das größte Erbteil zu verweisen, das im Originaltitel sofort erkennbar ist, von Julia Francks Nachwort aber verblüffenderweise gar nicht thematisiert wird: "Don Quijote". Iwan, den man wegen seiner Spielleidenschaft Don Domino nennt, wird einmal von Esther sogar als "Hidalgo" angerufen, mit dem Titel also, den der spanische Romanheld führt. Iwan ist ein Ritter von der traurigen Geistesgestalt. Eine ganz große Figur der Literatur. Und das nicht nur im Kontext der schon überreichen russischen Eisenbahnerzählungen.

ANDREAS PLATTHAUS

Juri Buida: "Nulluhrzug". Roman.

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Mit einem Nachwort von Julia Franck. Aufbau Verlag, Berlin 2020. 142 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon FrancieNolan am 25.04.2022
Kraftvoll-kafkaeske, tw.verstörende Parabel auf die Wirkung totalitärer Systeme auf den Menschen mit viel weiterem Interpretationsspielraum.
Von Kaffeeelse am 03.01.2021

Kafkaesker Blick auf eine Diktatur

Hier gab es einen kafkaesken Blick auf eine Diktatur, im engeren Sinne auf die sowjetische Diktatur. Dabei wird diese Diktatur recht patriarchal gezeichnet. Das ist etwas, was sich auch mit meinem Empfinden der sozialistischen Diktaturen deckt und was ich im Buch, wie auch in der Realität furchtbar fand. Obwohl im Sozialismus die Rolle der Frau immer hochgehalten und als gleichberechtigt deklariert wurde, war sie das in meinen Augen bei weitem nicht. Im Politbüro der DDR mangelte es ja durchaus an weiblichen Führungsmitgliedern. In der befreundeten Sowjetunion wird es nicht anders ausgesehen haben. Diese sogenannte Gleichberechtigung der Frau rührte in der DDR nur durch den Mangel an Arbeitskräften her, ermöglichte aber auch so manchen eigenwilligen Berufswunsch. Dennoch wurde durch den Mangel erst eine Gleichberechtigung als voll arbeitendes Mitglied einer Gesellschaft ermöglicht. In der Sowjetunion wird das etwas anders gewesen sein, Menschen gab es in diesem Riesenreich ja genug. Im Buch wird auf die sowjetische Diktatur geblickt und auf ihr Funktionieren, tja, und ohne die vielen kleinen Rädchen funktioniert so etwas auch nicht und das wird beim Lesen klarer. Denn die vielen Untertanen , die auch durch Angst am Funktionieren gehalten wurden, haben ein Bestehen dieser Diktaturen erst ermöglicht. Die erzählte Geschichte wirkt kafkaesk und anfänglich etwas wirr, nach und nach verknüpfen sich aber die Fäden und der Lesefluss und auch der Lesesog wird stärker. Anfangs habe ich erst an eine Drei-Sterne-Bewertung gedacht, da mich die Geschichte aber mehr und mehr in ihren Bann gezogen hat, wurden es doch 4 Sterne. Etwas, womit der nicht so kundige Leser auch zu kämpfen haben wird, ist die russische Namensgebung, ihre Kurzformen und Verniedlichungsformen. So gibt es viele Bezeichnungen für ein und denselben Charakter. Etwas verwirrend. Aber auch hier kann man nur dazu lernen. Und das tut man auch. Auf eine erfrischende Weise. Die aber dennoch nicht jedem gefallen wird und nicht jedem gefallen muss.