Eine besondere Beziehung: Petra Reski beschreibt Italien aus der Sicht einer Nicht-Italienerin. Als Deutsche erlebt sie die scheinbar verwirrende politische Entwicklung Italiens nicht aus der Distanz, sondern aus nächster Nähe.
»Perfide und wunderbar (. . .) 'All'italiana' enthält viele interessante, auch berührende Passagen, besonders dann, wenn es um Reskis Beziehung zu Italien geht. « Frankfurter Allgemeine Zeitung
Petra Reski, die preisgekrönte Autorin und Reporterin, erzählt in ihrem Buch eine Entwicklungsgeschichte - diejenige Italiens seit 1989 und ihre eigene. Sie lebt seit 1991 in Italien. Mit einem stellenweise heiteren, manchmal melancholischen, aber immer aufklärerischen Italien-Buch setzt sie nach dem großen Erfolg ihres Venedig-Buches - »Als ich einmal in den Canal Grande fiel. Leben in Venedig« - die Serie fort.
»Dabei enthalten die 300 Seiten Sprengstoff. Das ist typisch für Petra Reski, Investigativ-Journalistin und Bestseller-Autorin. Die wortgewandte Schreiberin hüllt die krassesten Tatbestände gern in einen sacht ironischen Plauderton. « Süddeutsche Zeitung
Die Journalistin Petra Reski berichtet in ihrem politischen Sachbuch
Petra Reski hat, wie wenige Deutsche, mit ihrer Liebe zu Italien ernst gemacht und einen Italiener geheiratet. Sie hat Italiens politische und kulturelle Kämpfe miterlebt und auch geteilt. Nun wollte sie mehr als eine Zuschauerin sein und wurde Italienerin, auch, um in Italien wählen zu können.
Dafür setzte sich Petra Reski jahrelang mit der italienischen Bürokratie auseinander. Ihr Ringen um die Staatsangehörigkeit steht stellvertretend für ihre Beschäftigung und Identifikation mit dem Sehnsuchtsland der Deutschen. Denn kaum eine Nation ist über ihre Geschichte und Geschichten auf so vielfältige Weise mit denen Deutschlands verknüpft wie Italien.
Besprechung vom 03.01.2025
Perfide und wunderbar
Petra Reski über ihr Verhältnis zu Italien
Die deutsche Journalistin Petra Reski lebt seit über dreißig Jahren in Venedig und ist mit einem Italiener verheiratet. Auch die italienische Staatsbürgerschaft anzunehmen (etwa um wählen gehen zu können) lag also nah. Ihr neues Buch handelt - zumindest vordergründig - von ihrem langen Weg dorthin.
Vordergründig deshalb, weil selbst die hürdenreichste bürokratische Odyssee keine dreihundert Seiten füllt, zumindest nicht, wenn man gern mehr als eine Handvoll Leser hätte. Der Untertitel ihres Buchs, "Wie ich versuchte, Italienerin zu werden", ist deshalb im übertragenen Sinne zu verstehen. Reski wird eben nicht nur auf dem Papier Italienerin, wozu gehört, Italien verstehen zu lernen.
Und so erzählt das Buch neben Reskis persönlicher Geschichte auch von der jüngeren Vergangenheit des Landes, oft anhand eigener Recherchen. Es geht um die Morde der Mafia zu Beginn der Neunzigerjahre, die Verquickung von Staat und organisiertem Verbrechen, um den Aufstieg Silvio Berlusconis und die Gründung der Fünf-Sterne-Partei.
"In ein fremdes Land zu ziehen", schreibt Reski, "ist ungefähr so, wie in eine fremde Familie einzuheiraten": Die Regeln und Gesetze, die Geschichten und Abgründe kennen alle anderen - nur man selbst nicht. Der erste Teil des Buchs ist deshalb der überzeugendste. Die Journalistin will begreifen, wie in Italien, wo auf den ersten Blick alles leicht scheint, gleichzeitig ungeheuerliche Dinge geschehen können, Verbrechen, die Jahrzehnte später noch nicht aufgeklärt sind. Wer das Land nicht oder kaum kennt, wird es mit Reski besser kennenlernen, wer schon einmal dort gelebt hat, wird sich in einigen der beschriebenen Erfahrungen wiederfinden. Je länger man aber liest, desto eindeutiger und einseitiger werden die Positionen der Autorin.
Von den Medien, den deutschen und den italienischen, hält sie nicht viel: Deutsche Journalisten, so Reski, schrieben "in Copy-Paste-Manier" nur bei italienischen Zeitungen ab und präsentierten diese Texte "als Ergebnis hartnäckiger Recherche und tiefschürfender Analyse". Italienische Medien gehörten hingegen fast ausschließlich großen Unternehmern, seien ein von politischen Interessen angerührter Einheitsbrei. Mit ihrer Kritik mag Reski in manchen Fällen recht haben, doch klingt es zuweilen, als habe - zumindest in Deutschland - niemand als sie selbst Italien verstanden.
Reskis großer Held ist Beppe Grillo, Gründer der Fünf-Sterne-Partei. Während sie anprangert, wie die Medien ihn verteufeln, tut sie das Gegenteil und verklärt ihn. Dass das eine so pauschal ist wie das andere, scheint sie nicht zu stören. Wenn sie dann noch beschreibt, wie sie bei der Gründungsveranstaltung der Fünf Sterne eine Rede hält, tränenüberströmt auf der Bühne stehend, und erzählt, wie Grillo ihr im Rechtsstreit mit der Mafia in Deutschland zur Seite gestanden habe, fragt man sich doch, ob ihre Forderung nach radikaler Unabhängigkeit - der Maßstab, den sie an andere legt - auch für sie selbst gilt.
An manchen Stellen hätte ein genaueres Lektorat gutgetan: Formulierungen wiederholen sich und mitunter driftet Reski ab, erzählt so detailliert von - zugegebenermaßen skandalösen - Vorfällen, dass die Kapitel wie Fremdkörper wirken. Sie sind es auch. Reski hat, in Copy-Paste-Manier, ihre eigenen, vorher in der "Geo" oder "Mare" erschienenen Reportagen wortwörtlich eingefügt, ohne dass darauf an irgendeiner Stelle hingewiesen würde.
"All'italiana" enthält viele interessante, auch berührende Passagen, besonders dann, wenn es um Reskis Beziehung zu Italien geht. Die ähnelt, in all ihrer Widersprüchlichkeit, immer noch dem komplizierten Verhältnis zu einer großen Familie. So schreibt Reski im Epilog: "Es war mein Land, von Anfang an. Es ist ein fehlerhaftes Land, es sündigt, es ist perfide und manchmal sogar teuflisch. Dennoch liebe ich es." Dass die Autorin an anderer Stelle so einseitig argumentiert, ärgert deshalb umso mehr. Auf diese Weise entsteht der Eindruck: Wer sich auf der richtigen Seite sieht, muss es selbst weniger genau nehmen. Das hilft weder dem Buch noch der Sache. ANNA VOLLMER
Petra Reski: "All'Italiana!". Wie ich versuchte, Italienerin zu werden.
Droemer Knaur Verlag, München 2024. 304 S., geb.
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