Bücher versandkostenfrei*100 Tage RückgaberechtAbholung in der Wunschfiliale
15% Rabatt10 auf bereits stark reduzierte Bücher7 mit Code LESEN15
Jetzt einlösen
mehr erfahren
product
cover

Unter deutscher Besatzung

Europa 1939-1945

(4 Bewertungen)15
380 Lesepunkte
Buch (gebunden)
Buch (gebunden)
38,00 €inkl. Mwst.
Zustellung: Fr, 07.02. - Mo, 10.02.
Sofort lieferbar
Versandkostenfrei
Empfehlen
Platz 4 der Sachbuch-Bestenliste von Die Zeit, Deutschlandfunk und ZDF
Von Norwegen bis Griechenland, von Frankreich bis in die Sowjetunion - Wie lebten die Menschen unter deutscher Besatzung?


Auf dem Höhepunkt der deutschen Machtentfaltung im Zweiten Weltkrieg lebten von Norwegen bis Griechenland und von Frankreich bis in die Sowjetunion 230 Millionen Menschen unter deutscher Herrschaft. Sie alle mussten sich mit den Besatzern arrangieren und machten Erfahrungen, die bis heute nachwirken. In ihrem Alltagsleben, am Arbeitsplatz, im Umgang mit Behörden und Militärs. Und jeder Kontakt mit den Besatzern konnte in Gewalt umschlagen. Tatjana Tönsmeyer hat die erste Geschichte des deutsch besetzten Europas geschrieben, die die Perspektive der Besetzten und nicht der Besatzer einnimmt - und legt damit ein dunkles Erbe frei, das unterschwellig immer noch im Verhältnis der europäischen Nachbarn zu Deutschland präsent ist.

Das deutsch besetzte Europa reichte von Nordnorwegen bis zu den griechischen Mittelmeerinseln und von der französischen Atlantikküste bis zu Gebieten weit im Inneren der Sowjetunion. Millionen von Menschen erlebten tiefe Einschnitte in ihrem Lebensalltag, in ihrer Wohnsituation, in ihrer Versorgungslage und an ihrem Arbeitsplatz. Die deutschen Besatzer erließen neue Regeln, spalteten die Gesellschaften und schufen eine Atmosphäre, in der Gewaltanwendung immer eine Option darstellte - vor allem für die Jüdinnen und Juden, die zusätzlich einer genozidalen Verfolgung ausgesetzt waren. Die zivilen Opfer überstiegen in den besetzten Gebieten die Zahl der toten Soldaten. Gleichzeitig waren die Besetzten keine homogene Masse passiver Opfer. Sie hatten Handlungsoptionen, die sie nutzen konnten, um sich zu verweigern - oder sich den Besatzern anzudienen. Tatjana Tönsmeyer zeigt eindrücklich, wie die deutsche Besatzung das Leben von Millionen Europäerinnen und Europäern veränderte, und was es bedeutet, unter einer Besatzungsherrschaft zu leben. Eine Erfahrung, die vor dem Hintergrund der russischen Besatzung großer Gebiete der Ukraine von bedrückender Aktualität ist.

"Was 230 Millionen Menschen unter deutscher Besatzung erlitten haben, ist heute noch schmerzhaft relevant." Raphael Gross

- Eine erschütternde Tour d'Horizon durchs deutsch besetzte Europa
- Tatjana Tönsmeyer beleuchtet das Alltagsleben unter deutscher Besatzung:
- Wie wohnte man? Wie verschaffte man sich Essen? Wie war die Verwaltung organisiert?
- Eine aufschlussreiche Gegenüberstellung von Geschichte und Geschichten
- Das dunkle Erbe, das bis heute im Verhältnis der europäischen Nachbarn zu Deutschland präsent ist

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel 1:
«Sie kommen!»

Das Entsetzen über den deutschen Vormarsch
Deutsche Ausschreitungen und Massengewalt
Evakuierungen und Flucht

Kapitel 2:
Besetzte Gesellschaften

Abwesende Männer
Einheimische Frauen deutsche Männer
Zerrissene Familien, Kinder und Alte

Kapitel 3:
Besatzer und Besetzte

Die Besatzer und ihre Maßnahmen
(Unvermeidliche) Begegnungen, Anspannung, Anpassung
Sinnhorizonte und Bedrohungskommunikation
Alte Spannungen und neue soziale Konflikte

Kapitel 4:
«Vor dem Verzehr von Katzenfleisch wird gewarnt»

Überall Mangel
Von Rationen, Lebensmittelkarten und Marken
Leere Geschäfte und lange Schlangen
Tauschhandel, Schwarzmarkt und neue Moral

Kapitel 5:
Die eigenen vier Wände

Zerstörungen und Beschlagnahmungen
Einquartierungen
Verlust des Zuhauses
Jüdische Erfahrungen
Enge, Kälte, Dunkelheit
(Öffentliches) Bauen und Wohnungsmarkt

Kapitel 6:
Arbeiten für den Feind

Ausgangslagen
Unfreie Arbeit: Pflicht und Zwang
Arbeitsdeportationen
Arbeitsalltage

Kapitel 7:
Papiere, Papiere, Papiere

Entmündigte Staatlichkeit
Schwache Besatzungsverwaltungen?
Von «Aufsichtsverwaltungen», «Frontmännern» und «neuen Kräften»
Lokale Behörden: Einheimische Diener ihrer deutschen Herren?
Auf dem Amt: Schlange-Stehen, Papierkrieg, Willkür

Kapitel 8:
Dazugehören-Wollen

Alte Monarchien, «Neues Europa» und die Frage nach dem Umgang mit den Machtverhältnissen
Nationale Einheitsorganisationen, rechtsextreme Bewegungen und die Werbungen zur Waffen-SS
Der «Ostraum» als Kolonialprojekt: Siedlung und Germanisierung
Besatzung und die (enttäuschten) Hoffnungen auf Eigenstaatlichkeit
Freizeit, Zugehörigkeit und das Aushandeln von «Normalität»

Kapitel 9:
Ausgeschlossen-Werden

Frühe jüdische Erfahrungen
Schrumpfende Räume
Unsichtbar-Werden
Die Sichtbarkeit der Shoah

Kapitel 10:
Nein-Sagen

Kinos und Kneipen, Witze und patriotische Kleidung
Streiks und Sabotage
Bewaffneter Widerstand
Jüdisches Nein-Sagen

Kapitel 11:
Gewalt und die neue soziale Ordnung unter Besatzung; ein Epilog
Anhang
Anmerkungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis

Produktdetails

Erscheinungsdatum
10. Oktober 2024
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
650
Autor/Autorin
Tatjana Tönsmeyer
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Abbildungen
mit 21 Abbildungen und 1 Karte
Gewicht
992 g
Größe (L/B/H)
221/153/48 mm
ISBN
9783406817359

Portrait

Tatjana Tönsmeyer

TATJANA TÖNSMEYER ist Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal und Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Beiräte. Sie hat über viele Jahre ein internationales Forschungsprojekt zum Alltagsleben unter deutscher Besatzung geleitet, aus dem unter anderem eine mehrbändige Quellenedition hervorgegangen ist sowie das Online-Portal " Societies under German Occupation" .

Pressestimmen

Die Besatzung, macht Tönsmeyer deutlich, prägte die Gesellschaften grundlegend und auf lange Dauer ein Befund, der auch mit Blick auf die heutige Ukraine zu denken gibt.
Empfehlungen NZZ Geschichte

Eine empirisch dichte Studie, deren Stärke und Alleinstellungsmerkmal darin liegt, die Besatzungsgesellschaften in Europa nicht aus der Perspektive der Besatzer, sondern der Sicht der Besetzten zu schreiben und auf nationalstaatlich strukturierte Kapitel zu verzichten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Robert Gerwarth

Eine Geschichte des okkupierten Europas, geschrieben aus der Perspektive der Besetzten.
Sachbuch-Bestenliste von der ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk im November 2024

" Erste Gesamtdarstellung in deutscher Sprache. Tönsmeyer stellt Erfahrungen, Wahrnehmungen und Selbstdeutungen der Menschen in Mittelpunkt.
Katholische Nachrichten Agentur, Christian Laudage

Tatjana Tönsmeyer konzentriert sich auf das deutsch besetzte Europa und legt eine beeindruckende, vielschichtige Monographie zum Thema vor. In einer klaren Sprache beschreibt sie schonungslos und detailliert den Alltag wie auch die Schrecken der Besatzung.
Deutschlandfunk, Otto Langels

Eine der Stärken des Buches besteht darin, dass Tönsmeyer klug und vorsichtig historische Studien mit Augenzeugenberichten unterfüttert Dass wir, die wir nicht im Krieg leben, besser verstehen lernen, was es heißt, unter Besatzung zu sein, ist das Verdienst dieses erschütternden und kenntnisreichen Buches.
taz, Gerrit ter Horst

Besprechung vom 01.11.2024

Kollaboration kannte viele Möglichkeiten
Aus der Sicht der Okkupierten: Tatjana Tönsmeyer legt eine Studie über Gesellschaften unter deutscher Besatzung 1939 bis 1945 vor

Auf dem Höhepunkt der nationalsozialistischen Herrschaftsexpansion im Zweiten Weltkrieg lebten etwa 230 Millionen Menschen unter deutscher Besatzungsherrschaft, die sich von Norwegen bis in die Ägäis und von der französischen Atlantikküste bis zur Ostfront tief in der Sowjetunion erstreckte. Schätzungen gehen von rund 36,5 Millionen kriegsbedingten Toten in Europa zwischen 1939 und 1945 aus, mehr als die Hälfte von ihnen Zivilisten, darunter etwa sechs Millionen Juden. Da die eigentlichen Kriegshandlungen diesseits der Ostfront oft kurz waren, die Besatzung hingegen Jahre andauerte, starben viele dieser Zivilisten nicht auf den Schlachtfeldern, sondern unter deutscher Besatzung.

Zwar gibt es mittlerweile unzählige Spezialstudien zu lokalen Besatzungsregimen, oft geschrieben in den Sprachen der besetzten Gesellschaften, doch eine integrierte, auf nichtdeutschen Quellen basierende Monographie zu diesem wichtigen Thema hat lange gefehlt.

Mit Tatjana Tonsmeyer legt nun eine ausgewiesene Expertin zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs ein Buch vor, das diese Lücke schließt. Inhaltlich baut es auf einem mehrjährigen, von der Leibniz-Gemeinschaft finanzierten Forschungsprojekt auf, in dessen Rahmen auch wichtige Quelleneditionen entstanden sind. Es ist eine empirisch dichte Studie entstanden, deren Stärke und Alleinstellungsmerkmal darin liegt, die Besatzungsgesellschaften in Europa nicht aus der Perspektive der Besatzer, sondern der Sicht der Besetzten zu schreiben und auf nationalstaatlich strukturierte Kapitel zu verzichten. Das hat den Vorteil, dass die Erfahrung der Besetzten ungeachtet aller Unterschiede zwischen West- und Osteuropa thematisch vergleichend als geteiltes europäisches Erbe gedeutet wird. Der chronologische Aufbau des Buches erlaubt es den Lesern, die Entwicklung von Besatzungsgesellschaften von der Okkupation durch die Wehrmacht bis zur Befreiung und die unmittelbare Nachkriegszeit nachzuvollziehen.

Nach einer etwas sperrigen Einleitung nimmt das Buch in sehr viel flüssiger geschriebenen Kapiteln erzählerisch deutlich an Fahrt auf. Gerade der Beginn des Krieges wurde von vielen in den Ländern, die von der Wehrmacht überrannt wurden, ähnlich empfunden. So schrieb die Niederländerin Mirjam Bolle 1940 ihrem Verlobten in Palästina aus dem bombardierten Amsterdam von einer Erfahrung, die sie mit vielen Menschen in den ersten Kriegswochen teilte: "Morgens um fünf Uhr: Luftalarm. Du weißt nicht, was das heißt. Es ist, als wimmerte die Stadt." Neben Bombardierungen aus der Luft teilten viele Menschen in den ersten Wochen des Krieges die Erfahrung der Flucht vor den vorrückenden Deutschen.

Auch das Ende der Kampfhandlungen bedeutete keinesfalls die Rückkehr in die Normalität, denn die Kriegsfolgen waren auch jenseits der physischen Zerstörungen zu spüren: Die auffällige Abwesenheit junger Männer, die entweder gefallen oder in Kriegsgefangenschaft waren, fern der Heimat Zwangsarbeit leisten mussten oder als vermisst galten, die daraus resultierende Allzuständigkeit von Frauen bei der Aufrechterhaltung des privaten und öffentlichen Lebens, die Furcht vor sexuellen Übergriffen durch deutsche Soldaten. Sexuelle Gewalt, so zeigt Tönsmeyer, war weit verbreitet. Sie zitiert einen Augenzeugenbericht aus der Zeit kurz nach dem deutschen Einmarsch in Riga: "In dieser ersten Nacht des Besatzungsregimes veranstalteten die Offiziere . . . ein Saufgelage. Zu dieser Orgie ließen sie sich einige Dutzend jüdischer Mädchen kommen, zwangen sie, sich völlig zu entkleiden, zu tanzen und zu singen. Viele der Unglücklichen wurden vergewaltigt, danach auf den Hof geführt und erschossen."

Auch unterhalb der Ebene von Kapitalverbrechen wie Mord und Vergewaltigung zeigt das Buch die vielen Lasten der Besatzung von der sich rapide verschlechternden Versorgungslage bis hin zur enormen Verknappung von Wohnraum und die Indienstnahme von Millionen von Menschen im Rahmen von Arbeitspflicht und Zwangsarbeit. Das hierarchisch strukturierte Alltagsleben zeigte sich aber auch in scheinbar banaleren Situationen, einer Flut an Verordnungen und Verboten der Besatzer, die oft auch für kleinste Übertretungen empfindliche Strafen verhängten.

In einem Buch über Besatzungsgesellschaften bleiben auch die stark politisierten Themen "Widerstand" und "Kollaboration" nicht aus. Schon seit Langem wird in der historischen Forschung betont, dass die in den ersten Jahrzehnten nach 1945 dominante Erzählung von den quasi nur aus Widerstandskämpfern bestehenden Besatzungsgesellschaften ein Verfahren war, das Problem der weit verbreiteten Zusammenarbeit mit den Besatzern auszublenden. Tönsmeyer beschreibt die Kollaboration mit den Deutschen als Spektrum, das von Denunziationen bis Mordaktionen an Juden reichte, die etwa im Baltikum oder in der Ukraine von lokalen Nationalisten der vormaligen Unterstützung sowjetischer Besatzungsregime bezichtigt wurden. Viele feierten nach dem deutschen Einmarsch das Ende des "Judeobolschewismus", zwangen Juden, die Internationale zu singen, mit Stalinporträts durch die Straßen zu marschieren oder sowjetische Monumente zu zerstören.

Die Darstellung wirft allerdings eine Frage auf, die mit einem auf das deutsch besetzte Europa fokussierten Buch nur bedingt beantwortet werden kann: Was genau - außer der Schoa - war das Besondere an der Alltagserfahrung nationalsozialistischer Besatzungsherrschaft, etwa im Vergleich zu Okkupationspraktiken anderer diktatorischer Regime wie der Sowjetunion oder zu den Erfahrungen von chinesischen und koreanischen Zivilisten unter japanischer Besatzung?

Liest man Aviel Roshwalds 2023 erschienenes Buch "Occupied", in dem neben den deutschen und italienischen Besatzungsregimen in Europa auch die japanische Herrschaft in Asien in den Blick genommen wird, verschwimmen jenseits des Holocausts die Unterschiede. Auch in Asien überstieg die Zahl der im Zweiten Weltkrieg getöteten Zivilisten die der gefallenen Kombattanten deutlich. Von den - konservativ geschätzt - 25 Millionen asiatischen Weltkriegstoten waren 19 Millionen Zivilisten, die meisten von ihnen Chinesen. Auch hier waren die Besatzungsgesellschaften durch physische Gewalt, Zwangsprostitution, permanente Angst, strikte Hierarchien und Mangelwirtschaft geprägt.

Die Frage nach der Vergleichbarkeit stellt sich auch angesichts der Rückkehr von Gewalt und Besatzung in Europa infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Auch wenn sich Geschichte nicht wiederholt, handelt das Buch von einer Vergangenheit, die in Teilen heute die Lebenswirklichkeit vieler Menschen in der Ukraine abbildet. Insofern ist Tönsmeyers Buch auch eine Erinnerung daran, was möglich ist, wenn eine Besatzungsmacht sich nicht an rechtliche, moralische und humanitäre Standards gebunden fühlt. ROBERT GERWARTH

Tatjana Tönsmeyer: "Unter deutscher Besatzung". Europa 1939-1945.

Verlag C. H. Beck, München 2024.

652 S., Abb., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

Bewertungen

Durchschnitt
4 Bewertungen
15
4 Bewertungen von LovelyBooks
Übersicht
5 Sterne
4
4 Sterne
0
3 Sterne
0
2 Sterne
0
1 Stern
0

Zur Empfehlungsrangliste
LovelyBooks-BewertungVon Bellis-Perennis am 20.12.2024
Schwere Kost