Mit "Herr und Hund" taucht eine Geschichte in meiner Kurzgeschichtensammlung auf, die fast schon mehr autobiographisch als fiktional erscheint. Sie liest sich wie eine Beschreibung oder ein Denkmal, gewidmet einem sehr lieb gewonnen Hund. Auf überraschend umfangreichen siebzig Seiten wird in wunderbarer Sprachmanier nacheinander der Hund und sein Verhältnis zum Leben der Hauptperson bzw. sein Einfluss auf dieses geschildert, seine Lebensgeschichte angefangen beim Einzug als unterernährtes und verschrecktes Jungtier hin zu dem kraftstrotzenden, treuen und Freude bringenden Gefährten, der er für die Hauptperson heute darstellt. Lange werden gemeinsame Unternehmungen wie Jagd und Spazierengehen geschildert, langsam aber in den blühendsten Farben.Es ist überraschend, wie wenig Langeweile dank des plastischen und ungewohnt unmelancholischen Sprachstils hier aufkommt, denn weder vorder- noch hintergründig passiert besonders viel. Besonders die Schilderungen des Hundes und der gewohnten Umgebung für Jagd- und Spazierausflüge (Kiesbänke am Flussufer mit sehr eigenartiger, wunderschöner Natur ("Zaubergarten") sind für geneigte Leser ein Genuss.Hintergründig wird permanent Natur gegen Zivilisation und kultivierter Adel gegen unverstellte Einfachheit kontrastiert - besonders schön findet sich das auf der Spaziergehstrecke, wo wilde Natur nie ausgebaute, zum Verkauf stehende Grundstücke und Kieswege überwuchert - der Flussuferdschungel wird durchzogen von Straßen, die nach Literaten benannt sind, das Schild der Shakespeare-Straße ist von Rost zerfressen und kaum noch leserlich. Der Hund ist gerade wegen seiner Promenadenmischungsgeschichte einzigartig und schön, wegen seiner "derben" Unverstelltheit voller Freunde.Obwohl der Erzähler die Belange seines Hundes immer wieder stark vermenschlicht, tritt doch bisweilen eine fremde, animalische Seite zutage, die ihn stutzen lässt - bei aller Vertrautheit bleibt der Hund ein Geheimnis. Was die Stärke des Bandes zwischen ihm und seinem Besitzer, die liebevoll geschildert wird, jedoch nicht im Geringsten beeinträchtigt.Eine schön geschriebene, langsame Geschichte, nicht nur für "Hundemenschen", aber definitiv nichts für Handlungsfanatiker und Ungeduldige. Man sollte Zeit und Ruhe mitbringen und sich auf die reichen Bilder einlassen können.