Eingebettet in einer ausschwingenden Bucht, mit einem Panorama, das auch bei trübem Wetter beeindruckend ist, präsentiert sich Algier im Februar 1882 Karl Marx, als dieser dort an Land geht. Aufgrund seiner Lungenerkrankung hat Marx' Arzt ihm einen Aufenthalt in mildem Klima empfohlen und für einen staatenlosen und politischen Flüchtling bot sich Algier als Erholungsaufenthalt für Marx an. Zudem ist es auch seine Flucht vor den Erinnerungen an seine vor drei Monaten verstorbene Frau Jenny.
Albert Fermé, der sich in der französischen Kommune in Algier engagiert, nimmt Marx in Empfang, kümmert sich um sämtliche Anliegen und ist ein treuer Begleiter in dieser Zeit. Doch Marx' Erkrankung wird auch in Algier nicht besser, er leidet zunehmend unter Schmerzen und schlimmem, blutigen Husten. Während Marx morgens auf der Galerie vor seinem Zimmer steht und auf das weite Meer, welches sich ruhig und flimmernd bis zum Horizont erstreckt, blickt, schaut er ganz unsentimental zurück auf sein Leben. Wir erfahren von der ersten Begegnung mit seiner Frau und die große Liebe zu ihr und auch viel über das Verhältnis zu seinen Töchtern - besonders zu Jenny hält Marx von Algier aus regen Briefkontakt, wie auch zu seinem Freund Engels. Ebenso bekommen wir einen kleinen Einblick in das wildes Studentenleben von Karl Marx, über die Beziehung zu seinem liberalen Vater (der jüdische Wurzeln hat und daher irritierten mich Marx' antisemitischen Äußerungen und Gedanken). Aber wir lesen auch einiges über Marx' journalistische Höhen und Tiefen und über seine Jahre in Armut im Exil, die ihm und seiner Familie viel abverlangten.
Als Marx im Mai 1882 wieder nach Marseille zurückkehrt, stellt sich heraus, dass sich sein Gesundheitszustand nicht verbessert hat. 10 Monate nach seiner Rückkehr stirbt Marx in London.
Uwe Wittstock liefert uns mit seinem Buch "Karl Marx in Algier" einen Einblick auf die letzte Reise des Revolutionärs und viele Rückblicke auf sein Leben und die Menschen, die ihn durchs Leben begleiteten. Ich fand es wirklich interessant noch einiges aus Marx Leben zu erfahren, aber ich habe im Vorfeld doch viel mehr Einblicke zu seine Zeit in Algier erwartet. Rückblickend, und mit dem Wissen, dass er nur drei Monate in Algier verbrachte, war die Gewichtung dann aber vollends in Ordnung.
Der Schreibstil ist sehr angenehm - wenn auch eher unemotional - und lässt sich locker leicht weglesen.