Jeongmin töpfert das Glück von Yeon Somin handelt von einer jungen Frau, die nach einem langen Tief ihr Glück findet.
Verlag: C. Bertelsmann
Jeongmin wohnt seit einigen Monaten im Maronenhain. Sie hat seit ihrem Einzug die Wohnung kaum verlassen. Sie war so ausgebrannt, dass sie spontan ihre Kündigung bei einem öffentlich-rechtlichen Sender als Texterin einreichte und das Büro verließ.
Seitdem war die Wohnung ihr Ort der friedlichen Stille, nichts interessierte Jeongmin und niemand kam, um ihr aus der Situation zu helfen. Bis sie eines Tages grundlos einen Schrei ausstößt und das Bedürfnis etwas tun zu müssen immer stärker wird.
Ihr Einsiedlerleben muss ein Ende haben; sie verlässt nach Monaten endlich wieder die Wohnung und streift durch das Viertel.
Zufällig findet sie auf der Suche nach einem guten Kaffee eine kleine Töpferei. Der Kaffee schmeckt sehr fein und Jeongmin fragt nach den Bohnen, erhält jedoch als Antwort, dass der Geschmack des Kaffees an den Tassen liegt. Es handelt sich um seladongrüne Keramiktassen. Jeongmin möchte gerne eine Tasse erwerben, doch die Ladeninhaberin schlägt ihr vor, selbst eine Tasse zu töpfern.
Unaufgeregt erzählt die Autorin über die Suche nach dem inneren Frieden. Das Handwerk wirkt beruhigend und man kann das Brennen der Keramik nicht beeinflussen. Oftmals entstehen Risse, jedoch kann man alles wieder verwenden und neu gestalten. Nichts ist verloren.
Geduld und Zeit, das Handwerk zu erlernen wirkt entschleunigend und Jeongmin lernt, das man soviel verpatzen darf, wie man möchte. Es muss nichts perfekt sein.
Die kleine Gruppe in der Töpferei lernt sich näher kennen, jeder der Teilnehmer ist ein anderer Charakter und doch werden sie bald zu einer kleinen Gemeinschaft. Jeongmin lernt Yery kennen, ein wildes Grundschulmädchen, welches ab und zu wegen einer kleinen Katze und einem jungen Abiturienten in der Töpferei vorbeischaut. Das Mädchen wählt Jeongmin aus, ihre Wohnung mit Hoya, der Katze zu teilen. Yery erzählt von ihrer Familie und einem arbeitslosen Vater, der kaum zu Hause ist. Jeongmin hat nie gelernt, jemanden zu trösten und versucht auf ihre kühle Art, für das Mädchen da zu sein. Ihre Väter sind sich wohl sehr ähnlich und Jeongmin spürt den großen Druck auf ihrer Brust, weil sie selbst nicht im Reinen mit den Erlebnissen aus ihrer Kindheit ist.
Große Schuldgefühle sitzen tief in ihr, die Boshaftigkeit ihres Vaters anderen Menschen gegenüber lässt sie nicht los.
Wie sehr ich auch dagegen ankämpfe, ich kann meine traurige Geschichte nicht auslöschen.
Cheon Kyung-ja, Selbstbildnis, aus Meine traurige Geschichte (1977)
Jeongmin verändert sich mit jedem neuen Stück, welches sie in der Töpferei erschafft. Wenn der Ton zu feucht ist, sollte man der Keramik die Tränen abwischen. Dieser Satz zeigte ihr, dass sie sich selbst verzeihen, sich selbst lieben und sich trösten darf.
Sie lernt Gisik kennen, einen ruhigen starken Mann, der von einer eigenen Töpferei mit Café am Meer träumt. Ihm erzählt sie, dass sie Weihnachten mehr liebt als ihren Geburtstag.
Weihnachten ist für Jeongmin, als hätten alle Menschen Geburtstag.
Jeder steht im Mittelpunkt, alle freuen sich gemeinsam.
Sie lernt wieder Aufgaben als Texterin zu übernehmen und ihren Traum wahrzunehmen. Ihre Arbeiten berühren die Herzen der Menschen. Sie kann wieder an sich selbst glauben und ihren Wert anerkennen. Für sich selbst einzustehen und nicht nur die Wünsche der anderen Menschen zu erfüllen. Sie beginnt nicht nur Ton, sondern auch ihr Glück in die Hände zu nehmen.
Zart und warmherzig erzählt die Autorin über das Loslassen und Verzeihen. Der unaufgeregte Schreibstil und die Ausarbeitung der Charaktere sind sehr authentisch und die Handlungs-/Denkweise der koreanischen Menschen werden für mich als Leserin sehr gut beschrieben.
Ich konnte mich unglaublich gut in die Geschichte hineinversetzen und die Töpferei wurde zu einem heimeligen Ort.
Ein wundervolles Buch mit vielen Weisheiten verpackt in eine herzerwärmende Geschichte.