"Wie merkwürdig. Man verbringt jahrelang täglich so viel Zeit im Klassenraum miteinander, dass man fast intuitiv spürt, wenn etwas nicht stimmt - und doch weiß keiner genau, was in den Köpfen und Herzen der anderen vorgeht."
Auf das Buch Die Tasche von Kornelia Wald und Houssein Kahin bin ich durch eine Empfehlung aufmerksam geworden und bin hierfür sehr dankbar! Auch wenn das Buch offiziell als Jugendbuch eingestuft ist, würde ich es auch Erwachsenen unbedingt ans Herz legen. Es ist ein kluges Buch mit einer wichtigen Botschaft.
Zum Inhalt:
Ein ganz normaler Schultag gerät unerwartet völlig aus den Fugen. Eigentlich soll der 17jährige Mohammed als Vorzeigeschüler im Namen seiner Schule einen Integrationspreis entgegennehmen. Doch aufgrund eines kürzlichen Erlebnisses möchte er diese Ehrung nicht annehmen, da er sie für unehrlich hält. Also plant er gemeinsam mit seinen Freunden, der Preisverleihung fernzubleiben. Dummerweise hat er seine Sporttasche in der Aula vergessen. Also kehrt er zurück, um die Tasche zu holen. Er kann nicht wissen, dass ausgerechnet Emilia, in die er heimlich verknallt ist, einen bösen Plan hat. Und der Tag, der eigentlich ein Grund zum Feiern für die ganze Schule sein sollte, endet in einer Katastrophe.
In diesem Buch werden Themen wie gesellschaftliche Konflikte, Rassismus, Vorurteile, Integration, persönliche Krisen, Freundschaften, Familie geschickt miteinander verbunden, ohne überladen zu wirken.
Sehr gut gefallen hat mir die Erzählweise: Dadurch, dass alles im Rückblick geschildert wird, fügt sich erst nach und nach das ganze Bild zusammen.
Und durch die unterschiedlichen Perspektiven von Jugendlichen, einer Mutter, dem Rektor etc. wird die Spannung aufrechterhalten. Besonders gegen Ende entsteht eine regelrechte Sogwirkung, so dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Das Ende lässt dann einige Fragen offen, was ich zum teil unbefriedigend fand, andererseits regt es so auch stärker zum Nachdenken an und bietet Raum, eigene Antworten auf diese Fragen zu finden.
Obwohl man natürlich als Leser*in schon gerne wüsste, was aus den wahren Schuldigen geworden ist. Auch über das jüngste der Opfer hätte ich gerne noch ein paar Worte mehr gelesen.
Dennoch ein wirklich ganz großes Lob an die Autor*innen Kornelia Wald und Houssein Kahin für dieses anspruchsvolle, kluge und hochaktuelle Buch!
Ganz klare Leseempfehlung von mir für Jugendliche ab 12 Jahren und auch für Erwachsene!
Meiner Meinung nach wäre das Buch auch sehr gut als Schullektüre geeignet.
"Dieser Stolz auf die eigene Herkunft. Als hätte man dafür irgendwelche Prüfungen machen müssen. Man kann doch nur stolz auf etwas sein, was man aus eigener Kraft geschafft hat. Man kann es sich nicht selbst aussuchen, wo und von wem man geboren wird. Ein Schicksal, das man erst mal akzeptieren muss. Und dann kann man sich überlegen, was man daraus macht. Ob man bleibt, wo man gelandet ist oder sein Leben selbst in die Hand nimmt."