Tödliches Gebet von René Anour ist der zweite Band mit Commissaire Louis Campanard als Protagonisten, der gemeinsam mit Inspecteur Pierre Olivier und der Psychologin Linda Delacours in besonderen Fällen ermittelt.
Kurz zum Inhalt:
Campanard und sein Teams erhalten den Auftrag, das Verschwinden eines Mönches aus einem altehrwürdigen Kloster aufzuklären. Als jener Mönch, den Campanard vor vielen Jahren persönlich kennengelernt und der ihm damals in einer schwierigen Situation wieder zu Lebensmut verholfen hatte, bei einem Unfall ums Leben kommt, hat der Kommissar zudem ein persönliches Interesse, die Geheimnisse des Klosters aufzudecken.
Bereits das Cover vermittelt mit dem blühenden Lavendelfeld und dem dahinter liegenden alten Kloster das wunderbare Flair der Provence, stimmt optimal auf den Schauplatz ein. Das Buch erschien 2025 im Wilhelm Heyne Verlag. Die kurzen Kapitel sind übertitelt. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart vorwiegend in Grasse, Gordes und im Kloster Notre Dame de Sénanque.
Der Schreibstil ist flüssig und besticht insbesondere durch exzellente stimmungsvolle Schilderungen, sei es das Flair eines üppig blühenden Gartens oder die mysteriös-gruselige Atmosphäre in einem alten düsteren Kloster, durch das in sich gekehrte, schweigsame Mönche schleichen. Lokalkolorit belebt die Krimihandlung nicht nur durch idyllische Landschaftsbeschreibungen, sondern auch durch kulinarische Besonderheiten oder französische Gepflogenheiten wie das Pétanque-Spiel. Sehr geschätzt habe ich auch die im Buchumschlag vorhandene Landkarte mit den Schauplätzen sowie die Zeichnung des Grundrisses des Klosters.
Ich kannte den Vorgängerband noch nicht, hatte aber keinerlei Problem, in die Geschichte hinein zu kommen bzw. den relevanten Personenkreis zu überblicken. Soweit erforderlich gibt es Infos zur Vorgeschichte der Protagonisten.
Bereits der Prolog ist mysteriös, macht neugierig, welchen Bezug diese Szenen auf den weiteren Handlungsverlauf haben werden. Die Suche nach dem verschwundenen Mönch gestaltet sich anfangs recht schwierig, weil einerseits die Mönche gegenüber Außenstehenden, auch der Polizei gegenüber, nicht auskunftsfreudig sind, andererseits auch die Polizei vor Ort die Einmischung in ihre Arbeit als Affront empfindet und nicht wirklich kooperieren will. Nachdem ein zweiter Mönch bei einem Autounfall, der nach Sabotage aussieht, ums Leben kommt, beschließt Commissaire Campanard aktiv zu werden. Als Mönch verkleidet begibt er sich in Undercover-Mission ins Kloster, angeblich vom Generalabt entsandt. Parallel zu seinen Einblicken in den Klosteralltag ermitteln Olivier und Delacours jeweils in Alleingängen. Die stetigen Orts- und Perspektivenwechsel gestalten die Handlung nicht nur abwechslungsreich, sondern steigern die Spannung, geraten alle doch immer wieder in prekäre Situationen. So manches Kapitel endet mit einem Cliffhanger, sodass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag. Unerwartete Wendungen überraschen einen immer wieder, bis letztlich sich eine Auflösung der Geschehnisse herauskristallisiert, die ich keineswegs voraussah.
Was diesen Kriminalroman so besonders macht, sind die Charaktere, nicht nur der Hauptakteure, sondern auch Nebenfiguren sind lebendig und mit markanten Eigenschaften gezeichnet. Sogar Oliviers Kater Trépied ist ein besonderes Haustier, ein Kater mit nur drei Beinen. Im Mittelpunkt der Handlung steht natürlich das Ermittler-Trio, drei ganz spezielle Persönlichkeiten, die eine inoffizielle, undercover agierende Sonderkommission bilden. Der Chef, Commissaire Louis Campanard ist schon rein optisch eine Besonderheit, ein wahrer Hüne. Er ist nicht nur in Bezug auf seine Ermittlungsmethoden eigenwillig, sondern er bevorzugt auch schrille, bunte Kleidung und fährt lieber mit dem E-Bike als per Auto. Nicht nur Louis Campanard, sondern auch seine rechte Hand Pierre Olivier und die Psychologin und Sonderermittlerin Linda Delacours, die über eine ganz besondere Beobachtungsgabe verfügt, umgibt Geheimnisvolles aus ihrer Vergangenheit, offensichtlich traumatische Erlebnisse, die sie geprägt haben. Es wird so einiges angedeutet. Ich konnte nicht herausfinden, ob mir hier Informationen aus dem ersten Band fehlten oder ob erst zukünftige Bände die Geheimnisse lüften werden.
Tödliches Gebet hat mir fesselnde Lesestunden beschert und mich so anschaulich in eine ansprechende Region Frankreichs entführt, dass meine Reiselust dahin geweckt wurde. Das Trio hat mich begeistert ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Fälle!
Es war ein Lesegenuss! Eine unbedingte Leseempfehlung mit 5 Sternen!