Die aktuellen Situation, das ist die Pandemie, das aus dem Leben fallen in eine surreale Zeit. Es ist das Single sein, das Mutter sein, das Homeschooling und das sich irgendwie durchhangeln. Die aktuelle Situation, das sind schlechte Beziehungen, zu wenig Sex, zu wenig Liebe, zuviel Sex und zuviel Liebe.
Die aktuelle Situation beginnt groß. Die ersten 50 Seiten komme ich aus der Begeisterung und dem Lachen nicht heraus. Die Protagonistin, eine alleinerziehende Autorin, stolpert in die Pandemie. Die Alltagssituationen, insbesondere mit den Kindern, sind komisch, trocken, selbstironisch. Die Männergeschichten sind gewohnt unglücklich, etwas tragisch, aber so, dass es zum Lachen ist, inklusive Ertapptmomenten.
Die Balance zwischen Humor und Tragik, genau richtig, denke ich und immer wieder danke Ruth Herzberg für diese Figuren, für den Humor und für den schonungslosen Blick.
Je weiter die Pandemie in die Protagonistin stolpert, desto mehr kippt die Balance, die innere Balance der Figur und die Balance des Textes. Mein Lachen versiegt, die Figur leidet, kämpft mit der Einsamkeit, mit der Selbstablehnung, mit innerer Leere und mit betäubenden Sexgeschichten, die, so ist ihr von Anfang an klar, nicht gut ausgehen werden. Ich klebe am Text, kann ihn kaum zur Seite legen, denn ich hoffe, dass die Figur herausfindet aus diesem toxischen Pandemiebrei und wieder eine schönere Zeit hat. Die Figur bekommt die Kurve, zum Glück, auch in ihrer zeitweise provozierenden und polarisierenden Haltung zu Covid, denn sie zweifelt und ist zeitweise nahe an Corona-Leugner:innen und Impfgegner:innen.