Nachdem Autorin Joyce Summer ihren ersten Krimi auf Madeira spielen liess, beim zweiten auf Malta fremdging , kehrt sie mit Madeiragrab zurück auf die Insel. Dieses Mal ermittelt der echte Kommissar und keine Privatperson wie in Mord auf der Levada - eine sehr gute Idee, denn mit der Polizei als Ermittlungsteam gefällt mir dieser Madeirakrimi um Längen besser. Wie bereits im ersten Band liegt auch hier eine historische Begebenheit zu Grunde. Winston Churchill, der Anfang 1950 auf Madeira im Urlaub war und malte. Dieses Wissen hat der Leser Kommissar Avila und seinem Team voraus.
Nun, 2013, stehen gleich drei wichtige gesellschaftliche Ereignisse für Madeiras Gutbetuchte auf dem Plan: eine Rallye, ein wichtiges Dinner im Golfclub und eine spektakuläre Ausstellung über Bilder aus Madeira in einer bekannten Galerie. Ihr Vergnügen wird getrübt, am Rande der Rallye wird ein älterer Mitbürger tot aufgefunden. Da es sich dabei wohl um einen Unfall handelt, hat die Mordkommission nichts zu tun. Aber bald schon ist es vorbei mit der Ruhe, denn es ist bei Weitem nicht der einzige Todesfall, der Madeira in diesen Tagen erschüttert.
Fernando Avilas Frau Leticia ist hochschwanger und er bei der Arbeit zunehmend abwesend, zumindest in Gedanken. Er kann sich zu hundert Prozent auf sein Team verlassen, sie unterstützen und mögen ihren Chef. Von seinen einheimischen Mitarbeitern Ernesto Vascensello und Aspirant Filipe Baroso profitiert Avila bei den Ermittlungen. Wenn die zwei selbst nicht weiter wissen, können sie ihre Verwandten um Informationen rund um das Inselgeschehen bitten. Madeira ist klein, man kennt und erinnert sich.
Positiv auf die Ermittlungen wirkt sich auch die Vernetzung von Leticia und ihrer Freundin Ines, die Frau seines Chefs, aus. Da die beiden Beamten ihnen kaum etwas zu ihrem laufenden Fall verraten, spinnen sich die beiden Frauen die Geschichte selbst zusammen. Leider erst gegen Schluss. Vielleicht erzählen Avila und Lobos ja beim nächsten Fall ihren Frauen viel früher was sie gerade beschäftigt.
Weitere Fälle mit diesem Team kann ich mir sehr gut vorstellen und bin auch schon sehr gespannt, ob sich die Beziehung zwischen Vascensello und Kate vertieft. Auch über Filipes Privatleben würde ich gerne mehr erfahren. Und natürlich wie sich Avila als frischgebackener Vater macht.
Dieser Krimi hat mir gut gefallen, die Handlung war schlüssig, die Charaktere glaubhaft und durchaus sympathisch. Besonders erwähnen möchte ich noch Strassenkehrer Carlos, mit dem Avila eine besondere Freundschaft pflegt.
Hier und da gab es vereinzelt ein paar überflüssige Zusatzerklärungen - zum Beispiel viele der Szenen mit der Pathologin oder es wird erzählt, wieso Hunde schnüffeln (S.127/306 Tolino) - was den Krimi unnötig in die Länge zog.
Kritik üben muss ich auch an den sehr oft verwendeten portugiesischen Ausdrücken. Mit der Zeit nervte es mich, diese immer wieder zu lesen; es wirkte übertrieben. Wenn es sich um Spezialitäten handelt, die es so nur auf der Insel gibt und schwer zu übersetzen sind, habe ich kein Problem. Lokalkolorit in Ehren, aber wenn Ausdrücke für Kaffee, Doktor und einiges mehr fast inflationär gebraucht werden, frage ich mich, wieso sie nicht lesefreundlicher auf Deutsch geschrieben werden.
Ansonsten wird in Madeiragrab Spannung und Unterhaltung geboten und der historische Bezug gibt dem Krimi den Extrakick.
Fazit: Interessanter Madeirakrimi mit einem sympathischen und professionellen Ermittlungsteam.
4 Punkte.