Cover, Titel und Klappentext lassen eine unbeschwerte, in gewisser Weise sogar lustige, (Sommer-)Geschichte erwarten ob man sich da nicht täuscht?
Sommer ohne Plan handelt von der Mittdreißigerin Cassi, die wegen eines Burnouts aus ihrem Job aussteigt, erste Ausfahrt: Waldhüttenkauf. Ihren Wunsch, sich kreativ auszutoben, kann sie schneller als gedacht in die Tat umsetzen, wenn auch anders als geplant. Denn im Dorf geht das Gerücht um, sie sei eine Art Therapeutin bzw. Selbsthilfe-Coach und dieses von Cassi kurzerhand adaptierte Angebot wird dankend angenommen, sodass Cassi (und ihre Umwelt) sich immer tiefer in einer Kaskade bizarrer Ereignisse verheddern.
Ohne Zweifel ist Sommer ohne Plan lustig, zumindest streckenweise, doch es hat auch über weite Strecken sehr ernste Hintergründe, was der Geschichte Tiefe verleiht, und das macht sie doch recht besonders. Inwiefern? Insofern als es nicht leicht ist, Burnout, Alkoholsucht (ja, dass eine Sommelière dem Wein zu sehr zugetan ist, ist etwas klischeebehaftet), diverse (gescheiterte) Beziehungen, darunter eine ziemlich toxische Mutter-Tochter-Beziehung sowie ein seine gleichgeschlechtliche Liebe nicht offen, da in anderer Beziehung steckende Liebe nicht ausleben könnendes Paar Klingt nach einer Menge, nach Chaos? Ist es auch und darin besteht bei vielen Geschichten die Gefahr, dass die Autoren zu viel wollen, sich dabei verzetteln und die Geschichte unrund wird. Johanna Swanberg gelingt der Spagat ziemlich gut: Sie tariert komische und ernste bzw. gar tragische Anteile gut aus, verpasst ihren teils ziemlich sonderbaren Figuren einen ehrlichen Anstrich und rüttelt doch auf, denn hinter all den offensichtlichen oben angesprochenen Themen steckt etwas an sich noch Tragischeres: das Alleinsein fast sämtlicher Protagonisten (bis zum Hund aus dem Tierheim), die nach Nähe, Verstandenwerden, Anteilnahme geradezu gieren und sich daher so gern auf die Therapeutin, die keine ist, stürzen, in der Hoffnung, dort angenommen zu werden so geben sie sich gegenseitig Halt. Natürlich würde man vernunftbasiert fragen, ob bzw. wie wahrscheinlich das alles ist, aber dazu ist es Literatur Swanbergs Schreibstil ist einfach, was das Lesen sehr flüssig macht, jedoch auch etwas zu einfach, um die Geschichte über die beim Print ca. 400 Seiten sprachlich interessant zu machen. Dieser Kritikpunkt verhindert die volle Punktzahl für mein bisheriges inhaltliches Lesehighlight des Jahres.