Die Anzahl der Bücher von japanischen Autorinnen und Autoren am deutschsprachigen Markt hat in den letzten Jahren gefühlsmäßig stark zugenommen. Und stechen vor allem die vielen eher in ruhigen Tönen verfassten und meist etwas poetisch angehauchten Bücher heraus. Ich vermute, das liegt daran, dass sie das japanische Lebensgefühl sehr gut transportieren können.
Auch "Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen" gehört genau zu dieser Kategorie von Büchern. Autorin Ito Ogawa-san beschreibt hier auf zauberhafte und manchmal auch ein wenig melancholische Weise ein Jahr im Leben von Hatoko-san. Welche nach dem Tod ihrer Vorgängerin den Schreibwarenladen übernimmt. Jedes der vier Kapitel ist dabei einer Jahreszeit gewidmet und demzufolge sind die Kapitel verhältnismäßig lang. Für Menschen, die ein Buch nicht mitten im Kapitel weglegen wollen, kann dies zu Problemen führen.
Das Tempo des Buches kann man meiner Meinung nach einfach nur als ruhig und langsam beschreiben. Eine Spannungskurve gibt es nicht wirklich, habe ich mir aber auch nicht erwartet. Böse Zungen würden vielleicht sogar behaupten, dass in diesem Buch nicht viel passiert. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das wahrscheinlich auch. Aber eben nur bis zu einem gewissen Grad, denn wir dürfen miterleben, wie Hatoko-san sich selbst findet, obwohl ihr nicht mal bewusst war, dass sie sich verloren hat. Wir dürfen erleben, wie der heiße Sommer langsam in den kühleren Herbst übergeht, welcher von einem kalten Winter abgelöst wird, bei dem man glauben könnte, dass er nie endet, bis dann ganz langsam und zaghaft der Frühling Einzug hält.
Auch Ito Ogawa-san nimmt sich, wie ich es schon häufig in japanischen Romanen bemerkt habe, Zeit für die Beschreibung der Natur und der Umgebung. Während des Lesens hatte ich oft das Gefühl, dass ich die Blumen riechen kann, die sie beschreibt. Genauso intensiv und gefühlvoll wie die Autorin die Menschen und Pflanzen in dem Buch beschreibt, beschreibt sich auch die Arbeitsgeräte von Hatoko-san. Man merkt in jedem Satz die Liebe zum Detail, wenn die Hauptperson sich Zeit nimmt um für jeden Brief nicht nur die richtigen Worte, sondern auch das richtige Papier, das perfekte Schreibgeräte und auch die passende Briefmarke zu finden. Dies zeigt wieder einmal wie wichtig in Japan die kleinen Dinge des Lebens sind.
Besonders authentisch wird das Ganze, da die Briefe die Hatoko-san schreibt auch im Buch abgedruckt sind. Sowohl im japanischen Original als auch natürlich in einer deutschen Übersetzung.
Hatoko, QP, Madame Barbara und Panty sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich finde es sehr schade, dass ich mich mit dem Abschluss des Buches von ihnen verabschieden musste. Es war mir eine große Freude sie ein kleines Stück ihres Lebenswegs begleiten zu dürfen und zu sehen, wie sie sich Stück für Stück weiterentwickeln.
Man merkt es vielleicht in jedem meiner Worte, ich bin absolut entzückt von diesem Buch und kann es wirklich nur von Herzen weiterempfehlen. Wer auf der Suche nach einem herzerwärmenden Roman ist, der den eigenen Fokus vielleicht ein wenig verändert, wird hier auf jeden Fall fündig.