Red, Leo, Rose und Naomi, Nay gennant, haben eigentlich keine Gemeinsamkeiten und sind dennoch durch ein Projekt im Musikunterricht zu einer Band und guten Freunden geworden. Dabei hat ihr Musiklehrer, Mr. Smith, eine entscheidende Rolle gespielt, indem er ihr Potenzial erkannt, sie in eine Gruppe eingeteilt und sich im Anschluss um das Fortbestehen gekümmert hat. Im Verlauf der Geschichte wird deutlich, dass er nicht nur ihr Musiklehrer ist, der die Band unterstützt, sondern bei den Schülern selbst sehr beliebt ist und die Rolle eines Vertrauenslehrers einnimmt. Doch dann verschwindet Nay und ihre Freunde müssen sich fragen, ob sie ihren Einfluss auf Nay überschätzt haben und diese in alte Muster verfallen ist, oder ob ein Verbrechen dahintersteckt. Als Nay in einem lebensbedrohlichen Zustand aus einem Gewässer geborgen ist die Frage noch immer ungeklärt - ein gescheiterter Suizidversuch oder doch ein Verbrechen? Durch ihre Vorgeschichte, von der der Leser nichts weiter erfährt, vermutet die Polizei einen Suizidversuch, während ihre Freunde überzeugt sind, dass es Nay besser ging und sie sich nicht selbst in diesen Zustand versetzt hätte. Doch Nay liegt im künstlichen Koma und kann sich nicht zu der Situation äußern, weshalb ihre Freunde selbst aktiv werden müssen. Gleichzeitig stehen Red, Leo und Rose auch vor der Frage, wie es ohne Nay denn mit ihrer Band weitergeht, vor allem, als ein Konzert näher rückt. Die drei scheinen sich immer weiter zu entfremden, Mr. Smith ermutigt sie aber immer wieder, sich zusammenzureißen und schließlich suchen und finden sie eine Vertretung für Nay.Die Geschichte wird ausschließlich aus Reds Perspektive erzählt und dabei wird deutlich, dass Mr. Smith auch für sie eine wichtige Rolle spielt, dennoch schafft sie es nur bedingt, sich ihm anzuvertrauen und behält viel für sich, obwohl er immer wieder bemüht ist und ihr Hilfe anbietet. Red bleibt aber hartnäckig und kümmert sich alleine um ihre kleine Schwester Gracie und ihre alkoholkranke Mutter, während ihr Vater sehr viel "arbeitet". Gleichzeitig versucht sie ihre Freunde zu unterstützen und für diese da zu sein, gerät dabei aber auch an ihre Grenzen und handelt nicht immer durchdacht, wie ein Teenager es eben tut. Generell gerät Red oft mit ihrer Mutter in Konflikte und fühlt sich, als wäre sie aus Sicht ihrer Mutter falsch, da sie nicht dem typischen Mädchen entspricht und häufig rebellisch handelt, zum Beispiel durch das Stechen von Piercings, dem Kurzschneiden ihrer Haare oder ihrem Kleidungsstil. Auch zu ihrem Vater hat sie nicht das beste Verhältnis, da sie sich von ihm im Stich gelassen fühlt, er seine Affären abstreitet und sein Wegbleiben mit Arbeit begründet und später den Eindruck hat, dass da mehr ist, von dem sie nichts wusste. Bei ihr geht es vor allem um das verfrühte Erwachsenwerden, indem sie sich alleine um ihre problembelastete Familie kümmert und versucht, diese mit aller Mühe zusammenzuhalten und auch in ihrem Freundeskreis ähnlich agiert. Irgendwie fehlt ihr die Person, die sie so nimmt, wie sie ist und ihr etwas von ihren Problemen und ihrer Last nimmt. Gleichzeitig hat sie aber auch damit zu kämpfen, wer sie ist und wer sie sein möchte - und wie dieses Selbst (gerade von ihrer Mutter) gesehen und angenommen wird.Leo hat vor allem ein Problem, als sein Bruder Aaron aus der Haft entlassen wird und wieder zu ihm und seiner Mutter zurückkommt. Dabei ist Red besorgt, dass Leo auf die schiefe Bahn gerät, da Aaron in der Vergangenheit negativen Einfluss auf Leo hatte und wie sich zeigt sind diese Sorgen nicht unbegründet. Bei ihm geht es hauptsächlich um das Machtgefälle zwischen ihm, seiner Mutter und seinem älteren Bruder Aaron, da Aaron durch seine Gewalttätigkeit und Aggressivität Leo und seine Mutter unter Kontrolle hat. Leo hat das Gefühl, sich Aaron chancenlos unterordnen zu müssen. Einerseits verständlich, andererseits ein kindlicher Schutzmechanismus, um keine Verantwortung übernehmen zu müssen.Rose kämpft mit den Folgen eines Partyabends mit Blackouts, wodurch sie Probleme hat, Menschen wirklich nah an sich ran zu lassen und versucht, dies über eine gewisse Arroganz und Unnahbarkeit mit vielen Jungsgeschichten zu überspielen, anstatt sich wirklich mit ihren Problemen auseinanderzusetzen. Außerdem greift sie zu unfairen Mitteln, als sie sich in ihrem Trauma erneut bedroht sieht. Um etwas über die Probleme von Nay zu erfahren ist es erforderlich, etwas zwischen den Zeilen zu lesen, da sie den Großteil der Zeit nicht ansprechbar ist. Allerdings lassen sich anhand der Story (v.a. gegen Ende) gewisse Vermutungen aufstellen - so hatte ich zum Beispiel den Eindruck, dass da noch immer mehr gewesen ist, als ihre Freunde wussten (diesen Eindruck teilt auch Red teilweise) und dass sie trotz ihren Eltern und ihrer Schwester, deren Verhältnis harmonisch scheint, trotzdem etwas gesucht hat, was ihr weder ihre Familie, noch ihre Freunde wirklich vermitteln konnten und sie trotz dieser scheinbar guten Grundsituation mentale Schwierigkeiten hatte. Dies hat bei mir die Frage aufgeworfen, ob Red nicht etwas zu positiv dargestellt wurde - natürlich leistet sie sehr viel und hat es nicht einfach, allerdings scheint auch Nay Probleme gehabt zu haben, von denen keiner weiß/ gewusst hat und worüber nicht wirklich gesprochen wird. Das war u.a. auch ein Punkt, der mir nicht so gut gefallen hat, denn es wurden immer mal kleine Häppchen eingestreut, zu denen ich gerne mehr erfahren hätte - aber (gerade zu den Gründen) ist leider kein Wort gefallen. So wurde zum Beispiel mehrmals betont, dass die Polizei kein Verbrechen vermutet, da Nay bereits früher abgehauen ist und sich wohl auch selbst verletzt hätte - das war dann aber auch schon wieder alles, was der Leser an Informationen erhält.Außerdem wird Nays Schwester Ash mit zunehmender Zeit für die Geschichte immer bedeutender. Sie ist der Inbegriff einer Einzelgängerin, aber gerade im technischen Bereich sehr begabt. Dadurch und durch ihren unbrechbaren Willen spielt sie schlussendlich bei der Suche nach der Person, die Nay festgehalten hat auch eine entscheidende Rolle. Obwohl sie anfangs kühl und distanziert wirkt zeigt sich, wie wichtig ihr ihre Halbschwester ist und was sie für diese alles tut.Red - eine Einzelkämpferin, die in ihrer Unsicherheit, nicht zu wissen, wer sie ist von der Gesellschaft und vor allem ihrer Mutter bestärkt wird und dabei versucht, ihre Familie zusammenzuhaltenLeo - der eigentlich weiß, was er möchte, sich aber nicht stark genug fühlt, um dafür einzustehen und sich gegen seinen Bruder durchzusetzen, da er ihm unterlegen istRose - die versucht, ihr Problem durch gefälschte Coolness und Ablenkung zu verdrängenNay - die, um die sich das ganze Buch dreht und von der der Leser trotzdem kaum etwas weißAsh - die, die bei den richtigen Leuten auftaut und alles für sie gibtDa Red die Erzählerin ist zeigt sich vor allem bei ihr, wie erwachsen sie teilweise schon ist, indem sie viel Verantwortung übernimmt, gleichzeitig aber auch noch jugendliche bis teils kindliche Züge aufweist, indem sie unüberlegt handelt oder nicht in der Lage ist, jemandem zu vertrauen und Hilfe anzunehmen. Obwohl sie eben doch noch Unterstützung benötigt. Aber auch bei Rose zeigt sich, dass sie noch weit weg vom erwachsen sein ist, gerade, durch ihre Reaktion auf eine Aktion, in der sie sich verletzt fühlt. Leo hingegen ist insgesamt noch ziemlich kindlich - einerseits weiß er, was er will, andererseits übernimmt er dafür keine Verantwortung und rutscht wieder in die Rolle des wehrlosen Kindes, als Aaron ihn in seine Projekte mit reinzieht. Einerseits ist es nachvollziehbar, dass er sich alleine nicht gegen Aaron behaupten kann und will, andererseits hätte es die Möglichkeit gegeben, sich Hilfe zu holen., auch, wenn dies heißt, seinen eigenen Bruder auszuliefern. Und auch Ash nimmt keine Hilfe an, sondern löst die Probleme auf ihre eigene Art.Das Problem, keine Hilfe annehmen zu können und sich selbst im jugendlichen Leichtsinn zu überschätzen zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch und wird leider auch gegen Ende nicht besser - eher werden die Teenager in diesem Irrglauben noch bestärkt. Dies hat mir das Ende auch etwas vermiest, da sich viele Jugendliche (zumindest in Teilen) mit den Protagonisten und ihren Problemen identifizieren werden können und das Ende da schon entmutigend gewesen ist. Gleichzeitig zeigt das Ende auch, dass sich mit guten Freunden und entsprechendem Zusammenhalt viele Probleme lösen lassen - aber in der Realität ist dies nicht immer die Lösung und manchmal braucht es einfach mehr. Das hat mir so ein bisschen gefehlt. Gerade, wenn ich an Rose und Red denke, die sowieso schon von Vertrauensproblemen geplagt gewesen sind.Ein definitiver Minuspunkt war für mich außerdem, dass wir nur über Red wirklich viel erfahren, was an sich ja auch okay ist, da sie die Erzählerin ist. Allerdings finde ich es dann schade, bei den anderen Personen so viele Themen anzureißen, aber nicht weiter darauf einzugehen. Meiner Meinung nach hätte es dem Buch gut getan, wären die Kapitel abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt worden. Gerade über Nays Geschichte erfahren wir kaum etwas, außer, dass sie früher schon ernsthafte Probleme hatte, aber auch da erfahren wir nicht, wie diese konkret ausgesehen haben. Es werden einfach viele Handlungsstränge angefangen, die dann aber nur oberflächlich behandelt werden und nicht tiefer gehen bzw. nicht weiter verfolgt werden.Ab einem gewissen Punkt war das Ende auch absehbar, allerdings gab es auch die ein oder andere unerwartete Wendung, sodass es doch lange interessant geblieben ist, an manchen Stellen aber dennoch etwas langatmig war. Der Schreibstil ist okay, für eine jüngere Zielgruppe sicherlich angemessen.Bei "Mirror Mirror" handelt es sich meiner Meinung nach insgesamt um ein solides Buch, bei dem mir persönlich das einmalige Lesen ausreicht und wohl eher eine jüngere Zielgruppe anspricht. Auch, dass es sich nicht um das klassische Happy End handelt, in dem alle glücklich sind und ein tolles Leben haben gefällt mir an sich, so wie die Message, dass sich mit guten Freunden und entsprechendem Zusammenhalt viel ausrichten und durchstehen lässt - aber eben auch, dass es manchmal mehr benötigt und dass es wirklich diese Hilfsmöglichkeiten gibt. Oder gefestigtere Charaktere, die jetzt zum ersten Mal wirklich die Erfahrung machen, dass nicht alles Sonnenschein ist und es auch "böse" Menschen auf der Welt gibt, aber meiner Meinung nach haben die Protagonisten auch ohne dieses Ende schon genug durchgemacht (und hatten Vertrauensprobleme, die bereits groß genug waren) und hätten ein bisschen mehr Hoffnung wirklich verdient, anstatt erneut das Gefühl, niemandem vertrauen zu können. Zumindest war meine persönliche Interpretation des Endes, dass nicht jeder das ist, was er vorgibt zu sein und jeder Person deshalb mit grundsätzlichem Misstrauen begegnet werden sollte, denn jeder der Protagonisten hat Vieles verborgen.Für meinen Geschmack ist die Darstellung, wie ihr Leben weiter verlaufen ist, für das eigentliche Ende einfach zu verherrlichend, denn bei der Vorgeschichte ist nicht plötzlich alles gut und schon gar nicht nach dem inhaltlichen Ende bzw. der Aufklärung dessen, was mit Nay passiert ist.