Elisa Hoven erzählt wahre und doch düstere Geschichten, die Menschen in unserem Rechtssystem, das sicher nicht eines der Schlechtesten ist, widerfahren. Dabei ist "Dunkle Momente" keine Anthalogie, sondern ein Roman der die beruflichen Abgründe der Strafverteidigerin Eva Herbergen erzählt. Zu Beginn steht Eva vor einer wichtigen Entscheidung und lässt uns nun Einblick nehmen, was sie dazu geführt hat. Der kurzen Einführung folgen neun spannende, teils schwer zu lesende Kriminalfälle aus Evas Karriere, die sie schließlich zu dieser Entscheidung gebracht haben. Dabei handelt es sich, wie der Titel schon sagt, um die dunklen Momente ihrer Karriere und das, was die Strafverteidigerin daraus gemacht hat. Denn Eva hat doch eine eigene Auffassung von Recht und Gerechtigkeit und das ist der springende Punkt: Anhand ihrer Einstellung und ihren Entscheidungen, die man sicher nicht teilen oder für gut befinden muss, eröffnet sich das eigene Empfinden für Moral, Recht, Gerechtigkeit und Ethik. Was wir Menschen einander antun, ist dabei teilweise sehr schwer zu lesen - tatsächlich auch das, was Eva daraus macht. Für mich ist sie definitiv keine Sympathieträgerin, ich empfinde sie als selbstherrlich, egozentrisch und arrogant, dennoch habe ich die Kriminalfälle gerne gelesen. Tatsächlich hätte ich für mein Empfinden die Rahmenhandlung um die Strafverteidigerin gar nicht gebraucht. Mir persönlich hätten einfach eine Sammlung der abgründigsten Fälle von Eva Herbergen als Konklusion gereicht, denn für mich kann der Spannungsbogen, der von Anfang an aufgebaut wird und sich dann im letzten Fall entlädt, leider nicht halten, was er verspricht. So ist auch der letzte Fall erschreckend und tragisch in der menschlichen Tragödie, aber für mich keine stimmige Erklärung für den Rest der Geschichten. Insgesamt zeigen alle Geschichten auf die eine oder andere Weise, dass Recht nicht mit Gerechtigkeit gleichzusetzen ist, dass ein Graubereich manches Mal bedenkliche Ausmaße annehmen kann und dass nicht nur Justitia gerne richtet.Sprachlich ist das Buch leicht zugänglich, einfach gehalten und schnell zu lesen. Dabei fehlt es mir leider an sprachlicher Raffinesse und dem Gespür für die geeignete Dramaturgie. Letztlich werden alle Fälle nach dem gleichen Schema erzählt. Dadurch ist das Buch gut lesbar und nahbar, aber sprachlich nicht außergewöhnlich.Sehr profitiert man meiner Meinung nach davon, wenn man das Buch mit Anderen zusammen liest und sich anschließend über das Gelesene und die eigenen Vorstellungen über Recht, Gerechtigkeit und Moral austauscht. So bietet das Buch Stoff für ausgiebige Diskussionen. Außerdem finde ich das Cover in seiner Schlichtheit perfekt getroffen und dem Kern des Buches entsprechend.Für Lesende, die sich gerne anhand von komplexen Kriminalfällen über Moral und ihr eigenes Empfinden von Recht und Orndung austauschen und die über die etwas anstrengende Protagonistin hinwegsehen können ist das Buch für die nächste Leserunde oder den nächsten Buddy-Read durchaus zu empfehlen.