Das Buch erzählt chronologisch und in Franziskus persönlichem Stil seine gesamte Lebensgeschichte, die Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinen italienischen Wurzeln beginnt. Es erzählt von der abenteuerlichen Geschichte der Auswanderung seiner Vorfahren nach Lateinamerika, seiner Kindheit dort und den Turbulenzen seiner Jugendjahre. Es berichtet von seiner Berufung und seiner Reifezeit ebenso wie von seinem Pontifikat und der Gegenwart.
Mit großer erzählerischer Kraft holt Papst Franziskus aus und lässt uns teilhaben an seinen intimsten Erinnerungen (und seinen Leidenschaften). Und er geht schonungslos die zentralen Anliegen seines Pontifikats an und wendet sich mutig, nüchtern und prophetisch den wichtigsten Themen unserer Zeit zu: Krieg und Frieden (die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten), Migration, Umweltschutz, Sozialpolitik, die Stellung der Frau, Sexualität, der technische Fortschritt sowie die Zukunft der Kirche und der Religionen.
Mit vielen Enthüllungen, Anekdoten und aufschlussreichen Überlegungen präsentiert sich diese Autobiografie emotional und gleichzeitig zutiefst menschlich, anrührend und humorvoll. Hier tritt uns einerseits der "Roman eines Lebens" entgegen und andererseits das moralische und spirituelle Testament seines Verfassers, das Leserinnen und Leser in aller Welt faszinieren wird, weil es das Vermächtnis der Hoffnung für künftige Generationen ist.
Das Buch enthält einige außergewöhnliche, bisher unveröffentlichte Fotografien, auch aus privaten Quellen, die einmal mehr zeigen, wie sehr Papst Franziskus uns an seinem Leben teilhaben lässt.
Besprechung vom 15.01.2025
Eine päpstliche Heldengeschichte
Von Franziskus erscheint eine "Autobiographie", die er nicht selbst geschrieben hat.
Von Matthias Rüb, Rom
Autobiographien von Päpsten - zumal des amtierenden, eines Lieblings der Medien - spielen in der gleichen Buchmarkt-Liga wie die Erinnerungen amerikanischer Präsidenten und deutscher Kanzlerinnen. Der Erscheinungstag in vielen Sprachen und noch mehr Ländern wird koordiniert. Kurz vor und nach dem Verkaufsstart des Buches gibt es eine "Medienoffensive" mit Interviews, öffentlichen Auftritten und Vorabdrucken.
Für Begegnungen mit der Presse und andere Werbetermine hat Franziskus freilich keine Zeit. Schließlich tritt ein Pontifex, anders als ein Politiker, in aller Regel nicht in den Ruhestand und wird auch nicht abgewählt. Sondern er muss auch mit 88 Jahren und bei schwindenden Kräften weiter den Apparat im Vatikan und die Weltkirche mit ihren fast 1,4 Milliarden Seelen beisammenhalten. In Italien, dem "Heimatland" des Vatikans und dem Sitz des Papstes, gab es jedenfalls keine neuen Interviews mit Franziskus vor dem Buchstart am Dienstag in achtzig Ländern. Dafür hatten gleich vier Tageszeitungen - "Avvenire", "Il Giorno", "Il Messaggero" und "La Stampa" - an den vergangenen Tagen Auszüge aus "Spera" (Hoffe) veröffentlicht, versehen teils mit Kommentaren der jeweiligen "vaticanistas" der Blätter.
Festgestellt und auch bemängelt wurde übereinstimmend, dass sich das Buch nicht wie aus einem Guss liest: Auf flott erzählte Episoden, verfasst offenkundig vom italienischen Ghostwriter Carlo Musso auf der Grundlage von Unterhaltungen mit Papst Franziskus sowie von früheren (auto)biographischen Veröffentlichungen, folgen zähe Passagen, die aus dem zweiten und dritten Aufguss von Homilien und Reden des Papstes zu bestehen scheinen. Insgesamt enthält das neue Buch wenig, was man nicht aus früheren Büchern, die ebenfalls aus Gesprächen mit "papsttreuen" Journalisten hervorgegangen waren, schon erfahren hätte. Ein bisschen Etikettenschwindel der Verlagsvermarkter gehört zum Werbegeschäft. Denn ob es sich bei "Hoffe" tatsächlich um die erste "Autobiographie eines Papstes zu Lebzeiten" handelt, kann man bezweifeln. Erstens, weil es sich bei dem Buch eben doch eher um die Biographie eines anderen Autors über den Papst handelt.
Und weil, zweitens, zuletzt Benedikt XVI., bevor er zum Papst gewählt wurde, sein Buch "Aus meinem Leben: Erinnerungen (1927-1977)", das die Zeit bis zu seiner Ernennung zum Erzbischof von München und Freising umfasst, tatsächlich selbst verfasst und zudem 1997 noch zu Lebzeiten veröffentlicht hatte. Und ob es zutrifft, wie der zur Penguin Random House gehörende Münchener Verlag Kösel weiter mitteilt, dass dieses "außerordentliche Lebenszeugnis" erst nach dem Tod von Franziskus hätte erscheinen sollen, der Papst sich aber "angesichts der Erfordernisse unserer Zeit und aufgrund des Heiligen Jahres 2025" dazu entschlossen habe, den Einblick in sein Leben schon jetzt zugänglich zu machen, lässt sich nicht überprüfen. Kaum zu bestreiten ist indes, dass der Buchtitel bestens zum Leitwort des Heiligen Jahres "Pilger der Hoffnung" passt.
Einen gewissen Mehrwert gegenüber der Lektüre früherer Werke von Franziskus - zuletzt "Leben. Meine Geschichte in der Geschichte", verfasst vom italienischen Journalisten Fabio Marchese Ragona, erschienen zeitgleich in vielen Sprachen im März 2024 - dürfte "Hoffe" für Anhänger von Franziskus dennoch bereithalten. Allein schon deshalb, weil jetzt ein anderer Autor die gleichen Episoden sowie bisher weniger beleuchtete Ereignisse im Leben von Papst Franziskus nach seinem eigenen Temperament beschreibt. Zum Beispiel die bereits bekannte Geschichte der geplanten Schiffspassage seiner aus dem Piemont stammenden Großeltern seines Vaters Mario von Genua nach Buenos Aires auf der "Principessa Mafalda". Den Dampfer, der vor der Küste Brasiliens im Oktober 1927 havarierte und 314 Menschen in den Tod riss, hatten die Bergoglios verpasst, weil es ihnen nicht gelungen war, ihre Habseligkeiten rechtzeitig zu verkaufen. Dass seine Vorfahren dann mit einem späteren Schiff sicher nach Argentinien gelangten, begreift Franziskus als ersten Gnadenerweis Gottes, noch ehe er am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires zur Welt kam.
Überhaupt werden die Lebensstationen von der Ausbildung am Salesianerkolleg samt regelmäßigen Kinobesuchen über die Aufnahme in den Jesuitenorden und ins Priesterseminar nach einer ersten romantischen Verwirrung sowie die intellektuelle Begegnung mit Marxismus und Peronismus bis zu seiner Tätigkeit als Priester und Jesuitenprovinzial während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 als eine Art Heils- und Heldengeschichte erzählt. Wobei der Held vom Autorenduo mit wohltuendem Humor, mitunter mit Selbstironie betrachtet wird.
Zugleich bleibt es die Schwäche auch dieser Autobiographie, dass sie eben ein Zwitter ist: Weder handelt es sich um eine durchweg vom Autor über sich selbst gehaltene Reflexion noch auch um eine kritische Betrachtung eines unabhängigen Betrachters. Hinzu kommt, dass es abermals ein Ungleichgewicht zwischen ausführlichen, auch bewegenden Schilderungen aus Kindheit und Jugend, Studium und Priesteramt in Buenos Aires gibt, während die Umstände der Papstwahl vom März 2013 in bereits bekannten Episoden dargestellt und schließlich das inzwischen bald zwölf Jahre währende Pontifikat eher im Geschwindschritt durchmessen werden.
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