"Morgengrauen" ist ein Buch, welches 12 Kurzgeschichten des inhaftierten kurdischen Politikers Selahattin Demirtas beinhaltet. In den Kurzgeschichten geht es vorrangig um die Rolle der Frau in der Türkei. Denn sollte man glauben, dass in der Türkei mittlerweile die Frau gewisse Rechte zugesprochen bekommt, so wird man beim Lesen dieser Geschichten sehen, dass das in den meisten Fällen eben nicht so ist. Immer noch leben viele Familien sehr traditionell und immer noch gibt es Situationen im Leben der Frauen, die für uns nur schwer vorstellbar sind. Da geht es um die Ehre des Mannes, um staatliche Willkür und um die Fremdbestimmung der Frauen durch Väter, Brüder oder durch Ehemänner. Da nützt es wenig, wenn auch einige Männer mit diesen alten Gesetzen nicht konform gehen. Hilfe für die geschundenen Seelen der Frauen wird trotzdem nur wenig geboten.Beim Lesen der Geschichten wird einem klar, wie privilegiert man selber ist, wie sehr man sich selbst entfalten konnte, man eine ordentliche schulische Ausbildung genossen hat, einem Beruf nachgehen kann, der im besten Fall sogar der Traumberuf ist. Es wird einem ebenfalls bewusst, dass man in einem Land lebt, in dem man seine Meinung sagen darf, ohne Angst zu haben, dafür inhaftiert zu werden. Jede der zwölf Geschichten ist auf eigene Weise schockierend und erschütternd. Es wird aber auch sichtbar, wie gespalten die Türkei zwischen alten Traditionen und dem heutigen Fortschritt ist. Die Leidtragenden dieser Art von Spaltung sind die, die als die Schwächsten gelten, die die immer unterdrückt worden.(c) buchgefieder.blogspot.com