Larissa und Martin Imhoff planen, eine Familie zu gründen. Dazu wünschen sie sich eine Wohnung im Grünen. Und tatsächlich gelingt es ihnen eine Immobilie zu kaufen, die sie sich nur mit einer liebreizenden, alten Dame, so der Makler, teilen müssen. Leider begehen die beiden den folgenschweren Fehler, ihre Nachbarin nicht vor dem Kauf kennenzulernen. Karolina Strobl ist keine nette ältere Frau, nein sie ist Satan persönlich - in Leopardenleggins. Fortan macht sie den jungen Leuten das Leben zur Hölle und sabotiert jeden Versuch, die dringend sanierungsbedürftige Immobilie zu renovieren. Nach zwei Jahren Kampf startet das Paar eine Räumungsklage gegen die renitente Nervensäge. Um Energie für den Kampf vor Gericht zu tanken, reisen die Imhoffs in die Schweizer Berge. Doch auch diese Unternehmung gerät zum Horrortrip, denn Frau Strobl verfolgt die Beiden bis an ihr Urlaubsziel.
"Mord mit Talblick" von Simon Wasner entpuppt sich als schwarzhumoriger Alpenkrimi. Für mich war es das erste Buch des Autors.
Wozu wäre man fähig in der Situation von Larissa und Martin? Durch einen Immobilienkauf hoch verschuldet, mit einer renitenten Hausmitbesitzerin gestraft, die morgens um vier den Rasenmäher anwirft und die vierteljährliche Eigentümerversammlung regelmäßig eskalieren lässt? Aus dieser Konstellation entwickelt sich ein Drama, das in Mord und Totschlag endet. Aber nicht im Karlsruher Magnolienweg, sondern in Graubünden in den Schweizer Alpen.
Dazu hat der Autor das passende Personal gestaltet, das die abstruse Geschichte überzeugend in Szene setzt. Die Protagonisten, das sind der harmoniesüchtige Versicherungskaufmann Martin, ein vorsichtiger Typ, der stets korrekt gekleidet, durchs Leben schleicht. Seine taffe Frau, die Bio- und Sportlehrerin Larissa, ist temperamentvoll, fit, abenteuerlustig und hat dem Hausdrachen mehr entgegenzusetzen. Womit wir bei Frau Strobl wären, die vermutlich Satan aus der Hölle vertreiben könnte, mit ihren wüsten Drohungen und nervtötenden Aktionen. Weitere skurrile Gestalten, z. B. Kuno, Rentner aus Sachsen, der stets mit der Urne seiner Frau Gertrud unterwegs ist, die Gastgeberin Yvonne, die irgendwo zwischen fünfunddreißig und mehrfach operiert changierte oder der Schriftsteller Daniel Burgstaller, der angeblich mit dem Roman "Bittere irische Herzen auf der kleinen Caféhausterrasse am Ende des Regenbogens" Erfolg hatte. Sie alle treffen in einem Schweizer Chalet, eigentlich einer heruntergekommenen Jagdhütte, aufeinander.
Simon Wasner schreibt flüssig und bildhaft, sodass sich der Leser zwei mit einem menschlichen Kopf Fußball spielende Alpakas durchaus vorstellen kann. Er versteht es glänzend, Spannung aufzubauen und zu halten. Seine Charaktere überzeugen in der aberwitzigen Geschichte und der Fall wird letztendlich aufgeklärt.
Mein Fazit
Hier muss der Leser zum Krimi passen. Wer keinen Sinn für schwarzen Humor, skurrile Situationen oder unkonventionelle Protagonisten hat und stringente Logik schätzt, wird mit "Mord mit Talblick" nur bedingt glücklich. Wer dagegen Geschmack an abstrusen Konstellationen findet und schräge Typen ohne Vorbehalte akzeptieren kann, wird bei diesem Krimi mit einem Lesegenuss der besonderen Art belohnt.
Ich habe mich bei der Lektüre köstlich amüsiert und freue mich auf ein Wiedersehen mit der Hackebeil schwingenden Vreni und dem Menschen therapierenden Alpaka Richie. Der Cliffhanger am Ende lässt mich auf eine Fortsetzung hoffen.
Von mir gibt es die volle Punktzahl und eine Leseempfehlung an alle Freunde schwarzhumoriger Krimis.