Wenige Bücher sind momentan so aktuell wie Volker Weiß' "Das Deutsche Demokratische Reich - Wie die extreme Rechte Geschichte und Demokratie zerstört".
Volker Weiß analysiert und zeigt den Leser*innen anhand einiger exemplarischer Beispiele auf, wie die extreme Rechte Geschichte umdeutet.
Zunächst widmet sich Weiß dem Verhältnis der Rechtsextremisten zu Russland. Einerseits galt Russland lange als der "natürliche Feind" der extremen Rechten, die sich nach wie vor einen Sieg über Russland erhofft. Gleichzeitig bewundert die extreme Rechte das autoritär geführte Russland und sieht in ihm ein letztes Bollwerk und einen Verbündeten gegen den von ihr verhassten liberal-dekadenten und verweichlichten Westen. Die Hinwendung zu Putins Russland wird dank dessen Unterstützung extremistischer Organisationen und Parteien in Europa erleichtert.
Entsprechend ambivalent ist auch der Umgang der Rechten in Bezug auf den Ukraine-Krieg. Die einen sehen die Möglichkeit gekommen, endlich Russland zu besiegen, die andere Fraktion wiederum sieht die Ukraine auf dem Weg zu einem westlich-liberalen und somit falschen Weg und unterstützt Russland.
Ausführlich widmet sich Weiß auch der Umdeutung des Nationalsozialismus durch die extreme Rechte. Exemplarisch geht Weiß auf die Behauptung ein, die Nationalsozialisten seien eigentlich Linke gewesen. Weiß hat sich die Mühe gemacht und tief gegraben, um die vermeintliche Quelle aufzutun. Er arbeitet sehr anschaulich heraus, warum erstens die Quellenangabe falsch ist und zweitens die Bezeichnung der Nationalsozialisten als angebliche Linke komplett falsch ist. Falls also jemand mal Munition gegen diese steile Behauptung benötigt, lohnt ich schon allein deswegen der Kauf des Buches.
Sehr faszinierend ist auch der Abschnitt, in dem Weiß die Haltung der extremen Rechten zur DDR im Besonderen und Ostdeutschlands im Allgemeinen analysiert. Hier wird besonders deutlich, dass sie sich die Geschichte gerne so zurechtbiegt, wie es ihr gerade passt. Einerseits ist die DDR dank der Mauer sozusagen ein Hort reiner Deutscher, Ostdeutschland ein Sehnsuchtsort, weil nicht vom Westen und insbesondere den USA infiltriert, andererseits aber wird - hier ist die extreme Rechte ausgesprochen flexibel - die DDR gerne herabwürdigend genutzt, um zum Beispiel Angela Merkel als SED-Schergin zu diskreditieren.
Volker Weiß hat nicht den Anspruch zu erklären, warum die extreme Rechte dermaßen erfolgreich ist; das hätte wahrscheinlich den Rahmen des Buches gesprengt. Ansätze gibt es zwar, aber der Autor bleibt im Wesentlichen bei der Analyse der Geschichtsumschreibungen der extremen Rechten und deren Einordnung. Er zeigt die Widersprüche auf und auch, wie opportunistisch die extreme Rechte vorgeht, um (mehr) Macht zu erlangen.
Alles in allem ist "Das Deutsche Demokratische Reich" ein sehr lesenswertes Buch, das fundiert darlegt, warum und wie die extreme Rechte Geschichte umschreibt bzw. umzuschreiben versucht.