Für die einen ist es nur der Schulweg, für die anderen offenbart sich während des Schulwegs ihre ganz Welt. Der amerikanische Autor Jason Reynolds nimmt in "Asphalthelden" zehn verschiedene Perspektiven ein und präsentiert zehn besondere Geschichten, die von Schulwegen, Schule und den Menschen drumherum erzählen. Da ist zum Beispiel Entertainerin Cynthia, die in den letzten Minuten des Unterrichts ihre Bühne bekommt und regelmäßig nachmittags um drei Uhr dreiunddreißig im Park zu ihrer Comedy-Show einlädt oder Satchmo, für den der Schulweg, seit sich ein Nachbar einen Hund angeschafft hat, zur großen Gefahr geworden ist. Da sind zwei Freunde, die schon rein äußerlich so unterschiedlich sind, wie Tag und Nacht. Und da geht es um die Superkurzhaargang, die anderen Pennys klaut, um ein ganz eigenes, spezielles Geschäftsmodell aufzuziehen. Die Geschichten sind alle gut verständlich und flüssig formuliert. Verschiedene Sprecherinnen und Sprecher lesen sie abwechselnd sehr lebendig, betont und mitreißend vor. Hier hört man einfach gerne zu, auch wenn es anfangs immer etwas Zeit braucht, um sich auf die neuen Geschichte mit den neuen Hauptfiguren einlassen zu können. Ich würde das Hörbuch für Kinder ab zehn Jahren und Erwachsene empfehlen.Alle Geschichten sind unabhängig voneinander und doch gehören sie zusammen, denn alle Kinder besuchen dieselbe Schule. Viele Figuren wie die Lehrer oder die Schulweghelferin tauchen in mehreren Handlungssträngen auf. Auch überlegen sich die Schüler in jeder Episode, was passieren würde, wenn ein Schulbus vom Himmel fiele. Ein Gedanke, der alle Texte verbindet.So vielfältig wie Kinder sind, so vielfältig sind ihre Erlebnisse, ihre Sichtweisen, ihre Familien. Und so vielfältig sind ihre Geschichten. Für manche bedeutet der Schulweg Gefahr, Abenteuer und Unwegbarkeiten, für andere Unterhaltung, Zuverlässigkeit und Ritual.Nur wenige der Geschichten haben mich und meine Tochter nicht ganz so gepackt und erreicht. Aber andere sind echt stark und herausragend. Da geht man wirklich mit, leidet, hofft und bangt gemeinsam mit den Figuren. Und mehr als einmal wurden wir vom gelungenen, stimmigen Ende positiv überrascht. Jason Reynolds hat was zu sagen. Er erzählt vom Zusammenhalt in der Familie, vom Verlust, von beeindruckenden Freundschaften, von Ängsten, von schweren Schicksalsschlägen, von Kriminalität, von Härte, aber auch von Verletzlichkeit. Manche Geschichten machen mitunter traurig, denn die dargestellten Situationen scheinen zunächst ausweglos, aber dennoch schwingt immer auch Zuversicht mit. Letztendlich ist keines der Kinder wirklich allein. Manche Erzählungen machen gute Laune, haben aber gleichermaßen einen traurigen Hintergrund. Alle Texte sind so ambivalent wie das Leben selbst.Eine abwechslungsreiche Sammlung von ganz unterschiedlichen Geschichten, die einzeln betrachtet werden können und doch zusammengehören, die lustig und doch traurig, hart und doch sensibel sind. Manche herausragend, andere nur Durchschnitt, aber immer voller Überraschung und Tiefgründigkeit.