Ein mittelhessisches Kaff steht wie aus dem Nichts auf einmal ohne Strom da. Die Kassen im Supermarkt wollen nicht mehr wie sie sollen und auch kein Auto kann sich mehr von der Stelle rühren. Niemand kann sagen, woher diese unerwartete Saftlosigkeit auf einmal herkam. Sonnensturm? EMP? Auch kein Handy geht mehr. Chaos! Möchte man meinen, doch der erste Hörbuch-Band der Reihe Ohne Strom von Markus Mattzick startet zunächst sehr gemächlich und behält die eher ruhige Art der Entwicklung auch eine ganze Weile bei. Auch wenn es mich zu Beginn etwas gestört hat, mit wie wenig Aufregung die eigene dramatische Vorstellung ausgebremst wird und wie gelassen ja, nahezu lethargisch manche Charaktere (Lukas!) zu Beginn sind. Auch der Beinahe-Flugzeugabsturz mit einer der Protagonistinnen als Pilotin ist beinahe schon erschreckend einschläfernd präsentiert. Doch je länger man der Erzählung folgt, desto mehr zeigen sich auch die Stärken des Plots. Die Erkenntnis, wie dünn die Schicht unserer Zivilisation ist, wenn wir nicht mehr auf die gewohnten Mechanismen unserer Gesellschaft zählen können. Man möchte meinen, dass das völlig übertrieben sei, nur, weil mal ein paar Wochen der Strom fehlt, doch in dieser Hinsicht sind die Geschehnisse, die zum Schluss des ersten Bands wirklich in einer zunächst nicht zu Beginn nicht zu erwartenden Kaskade der Gewalt enden, sind beängstigend nachvollziehbar. In Anbetracht der derzeitigen politischen Entwicklungen (Stand: September 2022) ist dieses Horror-Szenario in Sachen Aktualität eine absolute Faust aufs Auge und lässt einen besorgt in Richtung der möglichen Blackout-Szenarien im Winter denken. Am Ende des ersten Bands muss ich sagen, dass ich dem Buch diesen anfangs sehr langsamen Aufbau verzeihen kann. Die Geschichte hat mich nun wirklich am Haken und ich bin gespannt auf den zweiten Band. Toll! Wenn nur dieser Sprecher nicht wäre! Christian Michael Donat hat wirklich eine sehr angenehme Stimme, das muss man ihm lassen, doch die Art des Vortrags ist das muss ich leider sagen fast schon katastrophal. Im Verlauf der 13 Stunden sind sicher drei bis vier Dutzend Versprecher zuzüglich mehrfacher Schniefgeräusche enthalten, doch das wirkliche Debakel ist die unfassbare Emotionslosigkeit, egal ob es sich dabei um die wenigen dramatischen Szenen handelt, auf die sich die Lage am Ende hin zuspitzt oder um die gelegentlichen sexuellen Handlungen. Alles ist im absolut gleichen Ton und Rhythmus, wobei der Rhythmus auch beinhaltet, das Satzenden zwei- oder dreimal hintereinander ignoriert werden. In Schulnoten würde ich dem Buch an sich eine 2+ geben, dem Sprecher hingegen leider eine ganz knappe 4- mit sehr viel Wohlwollen. Das geht wirklich sehr viel besser. Doch alles in allem kann ich das Hörbuch empfehlen, die Geschichte trägt zum Ende hin über die meisten Kritikpunkte hinweg und ich bin wirklich gespannt, wie es mit den Protagonisten weitergehen wird.